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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
Autoren: Wolfgang Bödeker
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Marion sich mit der Zubereitung des Frühstücks gemacht hatte, etwas erstaunt.
    Sie griff sich einen Kaffee, Zucker und Milch, ein halbes Brötchen und betrachtete ihre Nachbarin verstohlen.
    "Willst du nichts?"
    "Nein, danke. Ich habe keinen Hunger" antwortete Marion und blieb wie im Absprung auf der äußersten Kante der Sitzlandschaft hocken.
    "Ich versuche abzunehmen" fuhr sie nervös fort "ich bin viel zu fett. Früher war ich schlanker, da hab ich auch besser ausgesehen. Ich will ... "
    Sie brach abrupt ab.
    "Ich laber zuviel ."
    " Mhhh , Mhhh ," brummelte Elaine zwischen ihrem Brötchen vor. Zu fett, dachte sie, das konnte doch nicht sein, dass sie das eben gehört hatte. Erstaunt blickte sie ihrem Gegenüber ins Gesicht, sah aber keinerlei Anzeichen von Ironie. Also entschloss sie sich zunächst einmal zu schweigen und sagte: "Ist schon o.k."
    "He ,“ sagte Marion „wollen wir nicht was machen?“
    "Was denn?“ erwiderte Elaine.
    "Ich hab von einem Freund so Karten geschenkt gekriegt. Damit kann man angeblich die Zukunft vorhersehen. Nicht, dass ich dran glaube, aber wäre doch immerhin ein Zeitvertreib.“
    Während sie noch redete, stand sie auf, wühlte in einer der offenen Schubladen, kramte einen Stapel Karten hervor, rückte das Tablett beiseite und legte die Karten vor Elaine hin.
    Dann ist mein Frühstück ja vorbei, dachte Elaine, und sah etwas sehnsüchtig den Brötchen hinterher.
    "Wie soll denn das funktionieren?“, fragte sie, nun doch etwas neugierig.
    "Also ,“ erklärte Marion, „du legst für mich die Karten. Hier hab ich ein Buch, da stehen die Lösungen drin.“
    Sie wedelte mit einem dicken roten Buch, auf dem Cover stand: 'Aleister Crowley : das Buch Thoth' und in Klammern darunter: 'ägyptischer Tarot'.
    "Es werden drei Karten gezogen. Die Erste steht für meine gegenwärtige Situation, die Zweite für mein Problem ,“ Marion kicherte nervös, „die Dritte steht dafür, ob ich’s schaffe das Problem zu lösen oder nicht.“
    Eine Wolke aus Kummer legte sich über ihre Stirn.
    Na ja, dachte Elaine skeptisch, hoffentlich nimmt sie den Kartenzauber nicht zu ernst.
    Marion mischte den Stapel mehrmals durch, dann gab sie den Haufen an Elaine, die ihn in drei kleinere Stapel aufteilte, vom ersten eine Karte nahm und vor Marion hinlegte.
    Das Bild zeigte eine Pyramide, deren Spitze von einem Blitz zerschmettert wurde. Zwei Menschen, offensichtlich Ägypter, der eine mit einem seltsam spitzen Hut auf dem Kopf, fielen in steifer Haltung zu Boden. Neben ihren Köpfen waren Hyroglyphen zu sehen, die, so nahm Elaine an, ihre gesellschaftliche Stellung bezeichneten. Der mit dem Hut schien eine Art Pharao zu sein. Die Karte trug die römische XVI und war mit der Unterzeile: "The Thunder-Struck Tower" versehen.
    Eine recht illustrative Aussage über das Thema 'menschlicher Sturz' fiel Elaine zu dieser Karte ein, die Marions derzeitige Ausgangssituation symbolisieren sollte. 'Gefallenes Mädchen' hätte Elaine auf Anhieb als Interpretation angeboten, aber sie hütete sich, etwas in dieser Richtung verlauten zu lassen.
    "Lies den Text vor ," sagte Marion ungeduldig.
    Elaine las: "Diese Tarot-Karte bedeutet: Plötzliche Erschütterung des Lebens. Heftiger Aufruhr. Lebensexplosion. Krise. Aufprall auf dem Boden der Realität. 'Schocktherapie'. Heilsamer Schock."
    Marion zuckte zusammen und wurde eine Spur blasser um ihre rotgeränderten Augen, sagte aber nichts.
    Elaine zog vom zweiten Stapel eine dritte Karte, die für die Bewältigung der Ausgangssituation stand. Die sogenannte "Handlungskarte", wie sie dem Buch entnahm.
    Das Bild zeigte einen Engel, der eine Flüssigkeit von einem Becher in einen anderen Becher schüttete, die Karte trug die XIV. Der Text lautete:
    "Mäßigkeit - das rechte Maß finden, Maß halten. Harmonie, Gleichmut, Ausgeglichenheit."
    Das schien zu passen, auf jeden Fall wurde Marion zusehends nervöser. Offenbar überrascht über die Treffsicherheit des Kartenspiels stieß sie ein kleines "oh" aus.
    "Nun die dritte Karte ," sagte sie schnell, "wie es werden wird."
    Sie ächzte leicht und begann an ihren Fingernägeln herum zu kauen die, wie Elaine bemerkte, sich schon weit bis   zum weißen Mond des Nagelbettes hin zurückgezogen hatten.
    Bemerkenswert, wie viel Gewicht ihre Nachbarin den Karten beizumessen schien, fand Elaine, und musste plötzlich an die Erläuterungen Eckhardts denken, dass die Wirksamkeit magischer Praktiken vom Glauben des Opfers und des Zauberers
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