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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin
Autoren: Kelley Armstrong
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verunzierten die Klinge.
    »Abgelehnt«, sagte er, während er auf Marsten zuging.
    Marsten riss hastig die Pistole vom Tisch und zielte auf LeBlanc. »Ja, ich weiß. Ich habe gesagt, echte Werwölfe gebrauchen keine Waffen. Aber du wirst feststellen, dass ich recht anpassungsfähig bin, vor allem, wenn es darum geht, meine eigene Haut zu retten.« Marsten lächelte; seine Lippen verzogen sich, seine Augen blieben eiskalt. »Ist das dein Showdown am OK Corral? Messer gegen Pistole? Willst du auf das Ergebnis wetten?«
    LeBlanc spielte mit dem Messer, als erwäge er, es zu werfen. Dann hörte er auf damit.
    »Kluger Mann«, sagte Marsten. »Was sagst du dazu – wir ersparen uns das restliche Blutvergießen und treffen eine Abmachung? Zu gleichen Teilen. Ich bekomme Clayton. Du bekommst Elena. Und danach gehen wir beide unserer Wege.«
    Als LeBlanc nicht antwortete, fuhr Marsten fort: »Das willst du doch, oder etwa nicht? Deshalb hast du Daniel getötet. Elena hat dich gedemütigt, und jetzt willst du sie selbst haben, um dich zu rächen.«
    Der Ausdruck, der über LeBlancs Gesicht zuckte, verriet mir, dass er Daniel nicht getötet hatte, um mich zu bekommen. Er hatte ihn nicht getötet, um irgendetwas zu bekommen. LeBlanc hatte sich dieser Auseinandersetzung angeschlossen, weil er es genoss, zu töten. Jetzt, als sich ein Waffenstillstand abzuzeichnen begann, hatte er sich gegen seine Gefährten gewandt – nicht aus Ärger oder Habgier, sondern einfach deshalb, weil da noch ein paar Leben waren, die er auslöschen konnte, bevor der Spaß zu Ende ging. Jetzt erwog er die verbleibenden Möglichkeiten. Sollte er mich nehmen und sich damit zufrieden geben? Oder konnte er Marsten und Clay noch zusätzlich bekommen?
    »Willst du sie denn nicht?«, fragte er. »Ich dachte, ihr Typen wollt sie alle.«
    »Die Masse imitieren ist einfach nicht mein Stil«, sagte Marsten. »Elena hat ihre Vorzüge, aber zu meinem Lebensstil würde sie kaum passen. Ich will ein Territorium. Clayton ist dafür eine bessere Verhandlungsgrundlage. Und ich bin sicher, mit Elena hast du mehr Spaß.«
    »Du Arschloch«, fauchte ich.
    Ich fuhr herum, riss meine Arme aus Marstens Griff und zielte mit der Faust auf seinen Magen, aber er drehte sich im letzten Augenblick zur Seite, und meine Fingerknöchel streiften nur noch seine Hüfte. Sein Fuß schoss nach vorn, hakte sich unter meinen und schleuderte mich auf den Boden. Mein Kopf schlug auf der Ecke eines leeren Gewehrständers auf, und eine Sekunde lang war ich weg. Als ich zu mir kam, bohrten sich Marstens graue Augen in meine. Ich blinzelte und versuchte mich aufzurichten, aber er hielt mich auf dem Boden fest. Er stieß mein Kinn nach vorn, so dass ich mit dem Gesicht zur Wand lag.
    »Sie ist bewusstlos«, sagte er, während er sich auf den Knien aufrichtete. »Umso besser, die Betäubungsmittel werden allmählich knapp.«
    Bewusstlos? Ich blinzelte noch einmal, langsamer, spürte, wie meine Augen sich schlossen und dann wieder öffneten. Ich starrte auf eine Reihe von Mausedreckhäufchen, die sich am Fuß der Wand entlangzog. Ich war ganz entschieden bei Bewusstsein. Hatte Marsten denn wirklich nicht gesehen, wie ich die Augen öffnete? Ich wollte den Kopf heben, besann mich dann eines Besseren und blieb still liegen. Sollten sie mich eben für bewusstlos halten. Ich konnte das Überraschungsmoment brauchen.
    Marsten stand auf; ich hörte, wie er sich ein paar Schritte weit entfernte.
    »Was machst du da?«, fragte LeBlanc scharf.
    »Ich nehme meine Beute und mache, dass ich hier rauskomme, und dir würde ich dringend empfehlen, das Gleiche zu tun. Wenn Elena dir als Belohnung nicht ausreicht, kannst du meinetwegen gern nehmen, was du an Geld bei Daniel und Vic findest.«
    »Bind ihn bloß nicht los!«, sagte LeBlanc.
    Marsten seufzte. »Jetzt erzähl mir nicht, dass Daniel dich mit seiner Paranoia angesteckt hat. Clayton atmet kaum. Er würde keinem Chihuahua gefährlich werden. Ich hab's eilig. Wenn er gehen kann, will ich, dass er geht.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich mich auf den Handel einlasse.«
    Ohne die Augen zu öffnen, schob ich das Kinn vorsichtig wieder nach unten und spähte dann unter den Lidern hervor. Marsten beugte sich über Clay, den er auf die Knie hochgezogen hatte. Clay schwankte. Von seinen halb geschlossenen Augen war nur eine Spur Blau zu sehen. Die Waffe lag vergessen in drei Meter Entfernung. Ich hatte ohnehin meine Zweifel, dass Marsten gewusst hätte, wie man
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