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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher
Autoren: Rosamunde Pilcher
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fort, und ihre Mutter wollte einfach nicht einsehen, warum es für sie so wichtig war, eine traditionelle Hochzeit in Weiß mit Brautjungfern zu haben, die Herren im Cut, und einen richtigen Empfang. Für Penelope war es anscheinend eine törichte Art, Geld zu verschwenden. Warum kein schlichter Gottesdienst im Kreis der Familie und danach ein schönes Mittagessen an dem großen blankgescheuerten Tisch in der Souterrainküche in der Oakley Street? Oder ein kleines Fest im Garten? Der Garten war sehr groß und bot mehr als genug Platz für alle, und die Rosen würden blühen.
    Nancy weinte, knallte Türen und sagte, niemand verstehe sie. Niemand habe sie je verstanden. Zuletzt war sie tagelang beleidigt und sprach mit niemandem mehr, und wenn ihre wunderbare Großmutter nicht eingegriffen hätte, wäre es sicher ewig so weitergegangen. Sie nahm Penelope die ganze Sache aus der Hand, und diese war froh, die Verantwortung los zu sein. Großmutter kümmerte sich um alles. Keine Braut hätte mehr verlangen können. Eine vornehme Kirche, ein weißes Kleid mit Schleppe, Brautjungfern in Rosa und anschließend in einem sehr guten Restaurant in Knightsbridge ein Empfang mit vielen riesigen Blumengestecken und einem Zeremonienmeister in einem roten Gehrock. Und der gute Daddy war auf die Bitte seiner Mutter in einem vornehm aussehenden Cut gekommen, um Nancy zum Altar zu geleiten und dem Bräutigam zu übergeben, und selbst Penelopes Aufmachung, kein Hut und ein uraltes Kleid aus Samtbrokat, konnte die Vollkommenheit des Tages nicht beeinträchtigen.
    Oh, wäre Großmutter Keeling doch jetzt da. Während Nancy, eine erwachsene Frau von dreiundvierzig Jahren, in ihrem Schaumbad lag, weinte sie ihrer Großmutter nach. Sie als mitfühlende Seele hier zu haben, um ein bißchen Trost und Bewunderung zu bekommen. O Liebling, du bist wunderbar, du tust soviel für deine Familie und deine Mutter, und sie betrachten es als Selbstverständlichkeit. Sie konnte die geliebte Stimme hören, aber nur in ihrer Phantasie, denn Dolly Keeling war tot. Letztes Jahr war die tapfere kleine Dame mit dem Rouge auf den Wangen, den lackierten Fingernägeln und den malvenfarbenen Strickkostümen mit siebenundachtzig Jahren im Schlaf gestorben. Das traurige Ereignis fand in einem kleinen Hotel in Kensington statt, das sie, wie eine ganze Reihe sehr alter Herrschaften, gewählt hatte, um dort ihre letzten Jahre zu verbringen, und ihre sterblichen Überreste waren sogleich von dem Bestattungsunternehmen abgeholt worden, mit dem die Hotelleitung in kluger Voraussicht eine feste Vereinbarung getroffen hatte.
    Der nächste Morgen war genauso schlimm, wie Nancy befürchtet hatte. Der Whisky hatte ihr stechende Kopfschmerzen beschert, und als sie um halb acht aus dem Bett kletterte, war es kälter denn je und stockdunkel. Sie zog sich an und stellte beleidigt fest, daß der Bund ihres besten Rocks zu eng war, so daß sie ihn mit einer Sicherheitsnadel schließen mußte. Sie zog den Lambswoolpulli an, der zu dem Rock paßte, und ignorierte die Fettwülste, die aus dem gewaltigen panzerähnlichen Büstenhalter hervorquollen. Sie zog Nylonstrümpfe an, doch weil sie gewöhnlich dicke Wollsocken trug, kam sie sich schrecklich nackt vor und beschloß, hohe Stiefel anzuziehen, und dann konnte sie die Reißverschlüsse kaum zubekommen.
    Unten wurde es nicht besser. Einer der Hunde hatte sich übergeben, der Ofen war nur lauwarm, und in der Speisekammer waren nur noch drei Eier. Sie ließ die Hunde in den Garten, wischte die Bescherung auf, füllte den Herd mit dem enorm teuren Spezialheizöl und betete, daß er nicht ganz ausgehen und Mrs. Croftway einen triftigen Grund zu weiterem Genörgel liefern möge. Sie rief die Kinder, befahl ihnen, sich zu beeilen, setzte mehrere Kessel Wasser auf, kochte die drei Eier, machte Toast, deckte den Tisch. Rupert und Melanie kamen mehr oder weniger korrekt angezogen herunter, aber sie stritten sich, weil Rupert sagte, Melanie habe sein Erdkundebuch verloren, während Melanie erklärte, sie habe es nie in der Hand gehabt, und er sei ein frecher Lügner, und Mami, ich brauche fünfundzwanzig Pence für Mrs. Leepers Abschiedsgeschenk. Nancy hatte den Namen nie gehört.
    George war keine Hilfe. Er erschien einfach inmitten des allgemeinen Aufruhrs, aß sein Ei, trank eine Tasse Tee und ging. Sie hörte den Rover die Zufahrt hinunterfahren, während sie hastig Geschirr auf das Abtropfbrett stapelte, wo Mrs. Croftway es finden und nach
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