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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Wochenendcottages verwandelt. Immobilienmakler und Bauunternehmer machten glänzende Geschäfte, in den unwahrscheinlichsten kleinen Orten wurden exklusive Geschäfte eröffnet, und es ging einfach über Nancys Begriffsvermögen, warum Chamberlain, Plantwell &  Richards nicht auf den Wohlstandszug aufgesprungen war, um an einige der Reichtümer heranzukommen, nach denen man bestimmt nur die Hand auszustrecken brauchte. Aber George war altmodisch. Er blieb bei traditionellen Methoden und hatte panische Angst vor Neuerungen. Er war außerdem ein vorsichtiger Mann, der Risiken scheute. Nun fragte er: »Was hast du mir zu sagen?«
    »Ich fahre morgen nach London, um mit Olivia zu essen. Wir müssen über Mutter sprechen.«
    »Was ist denn jetzt schon wieder mit ihr?«
    »O George, du weißt doch, was. Ich hab dir doch gesagt, daß ich mit ihrem Arzt gesprochen habe, und er sagt, es sei im Grunde unverantwortlich, daß sie allein lebt.«
    »Was willst du denn dagegen tun?«
    »Ja. Wir müssen eine Haushälterin für sie suchen. Oder eine Gesellschafterin.«
    »Das wird ihr nicht sehr gefallen«, gab George zu bedenken. »Und selbst wenn wir jemanden fänden. Ob Mutter es sich leisten kann? Eine gute Frau würde vierzig bis fünfzig Pfund die Woche kosten. Ich weiß, daß sie eine ganze Menge Geld für das Haus in der Oakley Street bekommen hat, und abgesehen von diesem lächerlichen Wintergarten hat sie keinen Penny für Podmore’s Thatch ausgegeben, aber sie muß von den Zinsen leben, nicht wahr? Ob ein solcher Posten drin ist?«
    George rutschte vor und langte nach seinem Whiskyglas. Er sagte: »Ich habe keine Ahnung.«
    Nancy seufzte. »Sie ist so geheimnistuerisch, so verflixt unabhängig. Sie will sich nicht helfen lassen. Wenn sie uns nur ins Vertrauen zöge und dir irgendeine geschäftliche Vollmacht gäbe, dann hätte ich es leichter. Ich bin schließlich die Älteste, und Olivia und Noel rühren ja nie einen Finger, um ihr zu helfen.«
    George hatte all das schon früher gehört. »Was ist mit dieser Frau, die jeden Tag zu ihr kommt, wie heißt sie doch gleich?«
    »Mrs. Plackett. Sie kommt nur drei Vormittage die Woche und hat selbst ein Haus und eine Familie zu versorgen.«
    George stellte sein Glas hin und starrte, die Fingerspitzen zusammenlegend, ins Feuer.
    Nach einer Weile sagte er: »Ich verstehe nicht ganz, warum du dich eigentlich so aufregst.« Er redete, als hätte er es mit einem besonders begriffsstutzigen Klienten zu tun, und Nancy war verletzt. »Ich rege mich nicht auf.«
    Er überhörte es. »Ist es nur wegen des Geldes? Oder darum, weil du vielleicht keine Frau finden wirst, die selbstlos genug ist, um bei deiner Mutter zu leben?«
    »Ich nehme an, beides«, gestand Nancy.
    »Und was wird Olivia deiner Ansicht nach zur Lösung des Problems beitragen?«
    »Sie kann es wenigstens mit mir diskutieren. Schließlich hat sie ihr Leben lang noch nie irgend etwas für Mutter getan. und für uns andere auch nicht«, fügte sie, sich an vergangene Affronts erinnernd, bitter hinzu. »Als Mutter damals beschloß, das Haus in der Oakley Street zu verkaufen, und wieder nach Cornwall gehen wollte, hat es mich die größte Mühe gekostet, sie davon zu überzeugen, daß es Wahnsinn wäre, so was zu tun. Vielleicht wäre sie trotzdem gegangen, wenn du ihr nicht Podmore’s Thatch besorgt hättest, wo sie wenigstens nur dreißig Kilometer von uns entfernt ist und wir ein Auge auf sie haben können. Angenommen, sie wäre jetzt in Porthkerris, am Ende der Welt, mit einem schwachen Herzen, und niemand von uns wüßte, was alles passiert?«
    »Versuchen wir doch, bei der Sache zu bleiben«, bat George in beschwichtigendem Ton.
    Nancy achtete nicht darauf. Der Whisky hatte sie innerlich erwärmt und gleichzeitig alte Ressentiments geweckt. »Und was Noel angeht, er hat Mutter praktisch fallengelassen, seit sie Oakley Street verkauft hat und er ausziehen mußte. Es war ein schwerer Schlag für ihn. Er war dreiundzwanzig und hat ihr nie einen Penny Miete gezahlt, und er hat sich von ihr bekochen lassen, ihren Gin getrunken und vollkommen umsonst gelebt. Ich kann dir sagen, es war ein Schock für ihn, als er endlich anfangen mußte, für sich selbst zu sorgen.« George stieß einen tiefen Seufzer aus. Er hatte von Noel keine höhere Meinung als von Olivia. Und seine Schwiegermutter, Penelope Keeling, war für ihn immer ein Buch mit sieben Siegeln gewesen. Das große Wunder war, daß eine so normale Frau wie Nancy dem
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