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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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möchte einen Sohn von dir. Dann habe ich dich noch einmal, und ich kann dich bei mir behalten, auch wenn du weit fort bist. Und ich kann ihm alle Liebe und Fürsorge und Träume geben, die du nie empfangen hast. Und damit gebe ich sie auch dir.
    Schenke mir dein Kind, Liebster, damit ich dich heilen, dir ein neues Leben geben kann.< Das sagte sie.
    Und als unser Sohn geboren war und sie wußte, daß sie nicht am Leben bleiben würde und daß sie ihm das alles nicht geben konnte, flüsterte sie mir zu: >Laß ihn nicht im Stich, Frankie. Gib ihm eine schöne Kindheit und seine Träume. Laß ihn die Freuden seiner Jugend genießen und zu einem tüchtigen Mann heranwachsen. Gib ihm alles das, was ich ihm geben wollte.<
    Das habe ich ihr gelobt.
    Aber erst einmal mußte ich aus dem Krieg nach Hause kommen. Und dann, als ich daran dachte, daß ich vielleicht nicht mehr heimkehren würde, machte ich mir Sorgen wegen meines Versprechens, das ich Ruth gegeben hatte. Deshalb bitte ich Dich, mir zu helfen. Nimm unseren Sohn bei Dir auf und schließ ihn in Dein Herz. Gib ihm Deinen Namen und alles, was Du ihm, wie ich weiß, geben kannst.
    Ich habe genug Geld. Daran wird es ihm nie fehlen. Aber es wird ihm an Dingen fehlen, die man nicht mit Geld kaufen kann. Und das ist das, was Du ihm geben kannst.
    Laß ihn nicht so aufwachsen, wie ich aufgewachsen bin. Mit Obdach, Kleidung und Nahrung versorgt, aber trotzdem ärmer an menschlicher Teilnahme als das ärmste Wesen. Ein Mann braucht mehr als Nahrung und Kleidung und Geld. Er braucht Liebe und Güte und Zärtlichkeit.
    Er braucht Menschen, eine Familie, die ihm einen Halt gibt, damit er Wurzeln schlägt, in der Gesellschaft, eine Familie, die ihn die wahren Werte im Leben erfahren läßt. Die Werte, die ich durch Ruth kennenlernte.
    Ich brachte meinen Sohn in das Waisenhaus St. Therese und gab ihn in die Obhut von Bruder Bernhard. In seinen Briefen erzählte mir der gute Bruder, daß der kleine Francis mir sehr ähnlich sei. Und ich bin stolz auf ihn. Nicht nur, weil er mir ähnlich ist, sondern weil ich seine Mutter in ihm sehe. Sie blickt aus seinen Augen, die blau sind wie die ihren. Sein Lächeln ist das Lächeln seiner Mutter, und dennoch ähnelt er mir.
    Du siehst, ich habe viel von Ruth gelernt. Ich habe gelernt zu lieben und daß lieben geben bedeutet, nicht nehmen. Und ich habe auch gelernt, daß man nichts geben kann, wenn man nichts zu geben hat. Du hast viel zu geben. Das weiß ich. Ich kann mich gut an Dich erinnern.
    Lies diesen Brief Jerry und Marty vor, wenn sie zusammen sind. Sage ihnen, daß ihre Freundschaft stets mein Leben erhellt hat, daß nichts, was geschehen ist, mein Gefühl für sie getrübt oder abgetötet hat. Sage ihnen, es sei mein Wunsch, daß auch sie meinen Sohn ins Herz schließen und daß sie ihm alles geben, was sie ihm, wie ich weiß, geben können. Von ganzem Herzen bitte ich euch alle, meinen Sohn bei euch aufzunehmen.
    Helft mir, mein Versprechen, das ich Ruth gegeben habe,
    In herzlicher Zuneigung Frank«
    Janets Augen leuchteten voller Stolz, als sie die anderen anblickte. Eine Zeitlang saßen sie schweigend. Plötzlich lächelten sie, und der Raum war wie durch ein Wunder verwandelt. Er war erfüllt von einer verborgenen Wärme, einem heimlichen Zauber.
    Janets Augen füllten sich mit Tränen. Unwillkürlich streckte sie Jerry und Marty die Hände entgegen. Es bedurfte keiner Fragen.
    Sie alle wußten die Antwort.
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