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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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Zigarette.
    Ich tastete auf dem Tischchen neben dem Bett herum. Keine Zigaretten! Vorsichtig stand ich auf. Ich wollte sie nicht wecken.
    Immer noch klang mir ihre Stimme im Ohr: »Frank, bist du glücklich? War ich so, wie du mich haben wolltest?«
    Ich ging ins andere Zimmer. Leise schloß ich die Tür und knipste eine der Tischlampen an.
    Ja, sie war so, wie ich es mir erträumt hatte.
    Ich ging zu dem Tisch, auf dem die Zigaretten lagen, schüttelte eine aus dem Päckchen und zündete sie an.
    Mein Blick fiel auf einige Briefe, die auf dem Tisch lagen und wohl gekommen waren, während ich in New York war. Es waren meist Rechnungen und Reklamen.
    Am Ende des Stapels fand ich die Postkarte. Ich drehte sie um und stellte fest, daß es sich um einen militärischen Stellungsbefehl handelte.
    Meine Zigarette war fast aufgeraucht. Ich drückte sie in einem Aschenbecher aus und ging auf die Schlafzimmertür zu. Erst als ich das Licht ausschalten wollte, kam es mir zum Bewußtsein, daß ich die Karte immer noch in der Hand hielt.
    Ich knipste das Licht aus und schleuderte die Karte in hohem Bogen durchs Zimmer. Zum Teufel damit! Ich würde Carson morgen früh anrufen. Der würde die Sache schon in Ordnung bringen.
    NACHSPIEL
    Martin Cabell stand an der Tür und lauschte auf das melodische Glockengeläut, das im Innern der Wohnung ertönte. Er nahm seine Mütze ab. Das Licht der großen Lampe über seinem Kopf ließ sein spärlicher werdendes Haar in einem matten Gold erglänzen, das zu den Eichenblättern auf den Schultern seiner Uniform paßte. Er überlegte, ob sie sich wohl verändert hätten. Vier Jahre - das war eine lange Zeit.
    Janet Cowan öffnete die Tür. »Marty«, sagte sie, und er spürte den sanften Druck ihrer Lippen, einen leichten, zarten Kuß der Freundschaft, des Willkommens. Sie hakte sich bei ihm ein und zog ihn mit sich ins Wohnzimmer. Jerry kam ins Zimmer gerannt, und die beiden Männer schüttelten sich die Hand. Dabei redeten sie jenes törichte Zeug, das erwachsene Männer reden, wenn sie tief bewegt sind.
    »Marty, du alter Knochenflicker!«
    »Jerry, du alter Rechtsverdreher!«
    Janet brachte ein Tablett mit Getränken. Sie hoben die Gläser und leerten sie.
    Natürlich kam das Gespräch auch an diesem Abend auf Francis. Früher oder später kam es immer auf ihn. »Er war immer der, der ich gern sein wollte«, sagte Martin. »So war es schon, als wir noch Kinder waren.«
    Janet sagte: »Frankie hatte etwas Besonderes, das andere Menschen zu ihm hinzog. Ein Hauch von Abenteuer, etwas Diabolisches, das alle Mädchen, auch mich, lockte und fesselte.« Lächelnd warf sie Jerry einen zärtlichen Blick zu. Es war schon so lange her. Jetzt konnten sie ruhig darüber sprechen.
    Marty kuschelte sich tief in seinen Lieblingssessel, nahm sich eine Zigarette und betrachtete Jerry und Janet, die ihm gegenübersaßen.
    Janet wandte sich an ihn. »Ich möchte wissen, was Ruth eigentlich über ihn dachte.« Sie stellte ihren Cocktail auf den Tisch und zündete sich eine Zigarette an.
    »Merkwürdig«, sagte Marty, »darüber habe ich auch gerade nachgedacht.
    Ruth war, glaube ich, die erste von uns, die Frank Kane so sah, wie er wirklich war. Das erste Mal, als sie ihm begegnete, am ersten Tag, als ich ihn mit nach Hause brachte, erkannte sie ihn - und mochte ihn nicht leiden. Sie fürchtete sich ein wenig vor ihm - auf eine merkwürdige Weise. An jenem Abend sagte sie zu mir: >Er ist überhaupt nicht wie ein Junge. Eher wie ein Mann. Wenn er einen ansieht, kommt man sich alt vor.<
    Arme Ruth! In gewisser Beziehung hat er sie damals tiefer beeinflußt als irgendeinen von uns. Sie war mehrere Jahre älter als wir und viel reifer, als wir ahnten. Erst viel später hat sie mit mir über ihn gesprochen, damals als sie ihn im Krankenhaus wiedergefunden hatte und er sie nicht kennen wollte.
    Erst da wurde mir vieles klar: Warum sie eigentlich nie einen Freund gehabt hatte, warum sie nie geheiratet hatte. Sie war damals fast fünfundzwanzig. Ich war mein ganzes Leben mit ihr zusammengewesen, hatte sie fast täglich gesehen, und jetzt erst lernte ich sie wirklich kennen und erfuhr, daß sie ihr Leben lang nur einen Mann geliebt hatte: Francis Kane. Ich wollte damals mit ihr ins Krankenhaus gehen, aber sie wollte nicht. Sie wußte, er würde es uns nie verzeihen, wenn wir ihm in einer solchen Situation begegneten.
    >Ich kann warten<, sagte sie. >Er muß diese Chance haben.<
    >Wenn er aber diesmal fortgeht, kommt er
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