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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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ebenfalls zum Stehen. Ich stieg aus und ging zu ihm.
    Wir schüttelten uns die Hand. Ich fragte lächelnd: »Wie geht es dir?«
    »Danke gut.«
    »Und Janet?« Er hatte Janet Lindell geheiratet, meine alte »Flamme« von der Washington-Oberschule.
    »Jetzt geht es ihr wieder gut«, sagte er. »Aber es war schwer für sie, erst das Kind zu verlieren und dann vom Arzt hören zu müssen, daß sie keine Kinder mehr haben kann.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte ich. »Davon habe ich nichts gewußt.«
    »Na ja, das liegt nun hinter uns. Und was hast du auf dem Herzen?«
    Ich lächelte. Er hatte es eilig, aber er mußte sich noch etwas gedulden. Ich würde mit ihm reden, wann und wie es mir paßt. »Laß deinen Wagen hier und steig bei mir ein. Wir werden irgendwohin fahren, wo wir essen und uns unterhalten können.«
    Eine Stunde später saßen wir im Privatzimmer eines kleinen Gasthauses an der Route 9. Vor uns standen Gläser mit Scotch Oldfashioned, und ich hatte mir eine Zigarette angezündet. Ich blickte ihn an und sagte: »Du hast dich sicher gefragt: Warum diese plötzliche Hast?« Er nickte.
    »Liegt dir sehr viel daran, mich zu fassen?«
    »Es ist meine Aufgabe, dich zu fassen«, sagte er.
    Gut! Das war's, was ich hören wollte. »Genügt es nicht, wenn du das Unternehmen sprengst?« fragte ich lächelnd. »Wenn du mich festnimmst, so würde das die Organisation nicht zerstören, aber vielleicht können wir einen Handel miteinander machen. Ich werde den Betrieb so organisieren, daß du ihn vernichten kannst, wenn ich gehe. Ich gebe dir sogar einen Prügelknaben, einen mit Strafregister, hinter dem ihr noch länger her seid als hinter mir.«
    Er trank langsam sein Glas aus. Dann sagte er: »Warum willst du aussteigen? Du weißt doch, daß ich kein Material gegen dich habe - noch nicht.«
    Ich schenkte ihm reinen Wein ein. »Ich will heiraten, und meine zukünftige Frau ist mit dem, was ich jetzt treibe, nicht einverstanden.«
    Er mußte lachen. »Nun erzähl mir bloß nicht, daß eine Frau das schafft, was alle Stadt-, Staats- und Bundesregierungen nicht geschafft haben!«
    Ich nickte kleinlaut. »Es scheint aber doch so zu sein.«
    Er grinste wie ein Honigkuchenpferd.
    »Na, da wünsche ich ihr guten Erfolg. Ist es eine jemand, den ich kenne?«
    Ich blickte ihm fest in die Augen.
    »Es ist Ruth«, sagte ich.
    Er fiel fast vom Stuhl. »Ruth!« rief er überrascht. »Wie lange geht denn das schon?«
    »Oh, schon eine ganze Zeit.«
    Der Kellner erschien mit der Vorspeise. Wir schwiegen, bis er den Raum wieder verlassen hatte. Dann sagte Jerry: »Ich würde gern etwas für dich tun, schon um Ruths willen, aber ich sehe keine Möglichkeit, deinem Vorschlag zuzustimmen. Schließlich habe ich meinen Auftrag zu erfüllen.«
    »Wie du willst«, sagte ich, »aber es spielen hier noch andere Dinge mit, die geklärt werden müssen.« Ich spießte eine Muschel auf meine Gabel und winkte ihm damit zu. »Wenn du mich zur Strecke bringst, bringst du nämlich deinen alten Herrn gleichzeitig auch zur Strecke. Seine Firma bearbeitet mehrere wichtige Angelegenheiten für mich.«
    Jerry legte seine Muschelgabel auf den Teller und blickte mich an. »Das glaube ich einfach nicht«, erklärte er entschieden.
    »Ob du es glaubst oder nicht«, entgegnete ich, »ich weiß schließlich, was ich sage.«
    »Mein Vater würde dich niemals in einer Angelegenheit vertreten.«
    »Von >würde< war nicht die Rede. Er hat es bereits getan oder vielmehr seine Firma. Und das würde auf den Titelseiten der Zeitungen nicht sehr gut aussehen, nicht wahr?«
    Jerry erwiderte nichts. Er ließ es sich offenbar durch den Kopf gehen.
    Ich warf noch ein paar Holzscheite aufs Feuer. »Nun hör mal zu, Jerry, wir wollen uns nicht wie Kinder benehmen. Wir sind jetzt erwachsen, und das hier ist eine ernste Angelegenheit. Nehmen wir einmal an, daß die Zeit kommt, wo du genügend Beweismaterial gegen mich gesammelt hast, um deine Anklage zu begründen. Dann ist es gut möglich, daß jemand den Namen deines alten Herrn in die Geschichte hineinbringt. Er braucht bloß zu sagen: Der Kane hat wohl den alten Herrn bestochen; das ist vielleicht der Grund, warum der Sohn ihn nicht eher angepackt hat. Du hast ja keine Ahnung, was die Leute alles reden - oder denken.«
    Jerry erhob sich, ging um den Tisch herum und kam auf mich zu. Er faßte mich beim Kragen und hielt mich fest. »Wenn du die Absicht hast, meinen Vater mit Schmutz zu bewerfen und ihn mit deinem widerlichen
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