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Die Mondscheinbaeckerin

Die Mondscheinbaeckerin

Titel: Die Mondscheinbaeckerin
Autoren: Sarah Addison Allen
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wurde ihr die Ironie der Situation bewusst. »Keine Ahnung, wie ich auf die Idee gekommen bin.«
    Er beobachtete, wie sie den Kuchen in die Schachtel packte. »Die Farbe steht dir gut«, bemerkte er und berührte den Stoff ihrer langärmeligen Bluse.
    Julia zog den Arm weg. Sie war diesem Mann anderthalb Jahre lang aus dem Weg gegangen, und nun verriet Stella ihm ausgerechnet das, was ihn unweigerlich zu ihr locken würde. Auf diesen Grund hatte er seit ihrer Rückkehr gewartet, das wusste sie. Und es machte sie wütend. Wie konnte er nur wieder dort anknüpfen wollen, wo sie aufgehört hatten, nach allem, was passiert war?
    Sie streckte sich, um das Fenster zu schließen. Das war jeden Morgen das Letzte, was sie tat, und manchmal stimmte es sie traurig. Wieder ein Tag, an dem ihr Ruf ungehört verhallt war. Sie verließ ohne ein weiteres Wort an Sawyer mit der Kuchenschachtel das Lokal.
    J’s Barbecue war schlicht eingerichtet wie die meisten ursprünglichen Grillrestaurants im Süden – Linoleumboden, Plastiktischdecken, Nischen aus massivem Holz. Das schuldete man der Tradition. Zu Beginn ihrer Zeit hier hatte Julia die eingerissenen NASCAR -Erinnerungsstücke ihres Vaters von der hinteren Wand abgenommen, damit jedoch so laute Proteste geerntet, dass sie sie alle wieder aufhängte.
    Sie stellte die Schachtel ab und nahm die Schiefertafel von der Theke, um das Kuchenangebot daraufzuschreiben: »Traditioneller Southern Red Velvet Cake und Peach Pound Cake, Makronen mit grünem Tee und Honig und Cranberry Doughnuts.« Sie wusste, dass sich die ungewöhnlichsten Kreationen am schnellsten verkauften. Es hatte fast ein Jahr gedauert, bis es ihr gelungen war, mit ihren Backkünsten die Stammgäste zu überzeugen, die jetzt alles probierten, was sie ihnen bot.
    Sawyer gesellte sich zu ihr, als sie die Tafel auf die Theke zurückstellte. »Ich hab Stella gesagt, dass ich heute Abend mit einer Pizza vorbeischaue. Bist du da?«
    Â»Ich bin immer da. Warum schlaft ihr zwei nicht endlich miteinander, damit das Thema vom Tisch ist?« Sawyers donnerstägliche Pizzabesuche bei Stella waren seit Julias Rückkehr nach Mullaby Tradition. Stella schwor Stein und Bein, dass da nichts lief, aber Julia hielt Stella für naiv.
    Sawyer beugte sich zu ihr herüber. »Stella und ich haben miteinander geschlafen«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Vor drei Jahren, gleich nach der Scheidung. Nur zu deiner Information: Ich versuche heutzutage, die Dinge nicht mehr so eng zu sehen.«
    Sie blickte ihm verblüfft nach. Seine beiläufige, fast kokette Bemerkung hatte sie überrascht und hinterließ einen säuerlichen Geschmack in ihrem Mund, als hätte sie in eine Limone gebissen.
    Julia konnte es ihm nicht verdenken, dass er panisch reagiert hatte, als sie ihm damals mitteilte, dass sie von der einen Nacht mit ihm auf dem Football-Feld schwanger geworden war. Schließlich hatte sie selbst Panik gehabt. Sie hatten die Entscheidungen getroffen, zu denen sie seinerzeit fähig gewesen waren.
    Aber sie verübelte ihm, wie unbeschwert er sein Leben seitdem führte. Für ihn war es nur eine Nacht gewesen. Eine bedauerliche Nacht mit dem merkwürdigen, unbeliebten Mädchen, mit dem er in der Schule kaum ein Wort gewechselt hatte. Mit einem Mädchen, das ihn abgöttisch liebte.
    O Gott. Nein, sie würde sich nicht mehr in diese Rolle drängen lassen.
    Sechs Monate noch, und sie würde diesen verrückten Ort verlassen und niemals mehr an Sawyer denken.
    Wenn alles so lief, wie sie es sich vorstellte.

ZWEI
    A ls Emily mit schweißnasser Stirn aufwachte, fühlte sie s ich hundemüde. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Emily setzte sich mit einem Ruck auf und zog die Stöpsel ihres MP 3-Players aus den Ohren, bevor sie sich in dem Raum umsah – die Fliedertapete, die abgewohnten Mädchenmöbel. Da fiel es ihr wieder ein: Sie war im früheren Zimmer ihrer Mutter.
    Noch nie zuvor hatte sie in einem Raum ein solches Gefühl der Leere verspürt. Obwohl sie wusste, dass ihr Großvater sich unten aufhielt, verunsicherte es sie, das obere Stockwerk für sich zu haben. In der Nacht hatte es lange Zeiten der Stille gegeben, die nur vom lauten Knacken des Holzes im Haus und vom Rascheln des Laubs auf dem Balkon durchbrochen wurden. Irgendwann hatte sie ihren MP 3-Player eingeschaltet und sich vorgestellt, an einem
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