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Die Mondscheinbaeckerin

Die Mondscheinbaeckerin

Titel: Die Mondscheinbaeckerin
Autoren: Sarah Addison Allen
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Rosen. Als sie älter wurde, hat sich das geändert. Einmal waren es sogar Blitze auf pechschwarzem Grund. Und ein andermal schuppiges Blau wie der Bauch von einem Drachen. Sie hat die Tapete gehasst, schien aber nichts dagegen machen zu können.«
    Emily schmunzelte. »Das klingt gar nicht nach ihr. Ich weiß noch …« Als Vance den Blick senkte, verstummte sie. Er wollte nicht wissen, was sie ihm zu erzählen hatte. Vance hatte seine Tochter zwanzig Jahre zuvor das letzte Mal gesehen. Interessierte er sich denn überhaupt nicht für sie? Emily wandte sich enttäuscht ab. »Ich glaub, ich geh ins Bett.«
    Â»Hast du Hunger?«, fragte er und folgte ihr in einiger Entfernung. »Ich war heute Morgen im Lebensmittelladen, Sachen kaufen, die Teenager mögen.«
    Als sie die unterste Stufe der Treppe erreichte, drehte sie sich um, und er wich sofort einen Schritt zurück. »Danke. Aber ich bin wirklich müde.«
    Er nickte. »Gut. Vielleicht morgen.«
    In ihrem Zimmer ließ sie sich auf die Matratze fallen, von der modriger Geruch aufstieg, und sah zur Decke hinauf. Motten tanzten, durchs Licht angelockt, um den mit Spinnweben verhangenen Kronleuchter. Ihre Mutter hatte als Kind einen Kronleuchter im Schlafzimmer gehabt? Die Frau, die Emily eine Strafpredigt hielt, wenn sie irgendwo das Licht brennen ließ?
    Sie nahm ein Kleidungsstück ihrer Mutter in die Hand und vergrub das Gesicht darin. Es roch vertraut wie die Räucherstäbchen ihrer Mutter. Emily schloss die Augen und blinzelte die Tränen weg. Noch war es zu früh, um zu beurteilen, ob es eine schlechte Entscheidung gewesen war, nach Mullaby zu kommen. Und selbst wenn: Nun konnte sie nichts mehr daran ändern. Ein Jahr würde sie schon überstehen.
    Sie hörte, wie der Wind trockenes Laub über den Balkon wehte, was klang, als würde jemand dort auf und ab gehen. Sie wandte den Kopf so, dass sie durch die offene Balkontür hinausschauen konnte.
    Das Licht aus ihrem Zimmer erhellte die Spitzen der Bäume beim Haus, deren Äste sich nicht bewegten. Emily stand vom Bett auf und ging auf den Balkon. »Ist da jemand?«, rief sie.
    Sie trat ans Geländer, weil sie meinte, hinter der Laube am Waldrand etwas zu entdecken.
    Da war es wieder. Ein helles weißes Licht, das zwischen den Bäumen hin und her huschte, verblasste und in der Dunkelheit des Waldes verschwand.
    Willkommen in Mullaby, North Carolina , dachte sie. Heimat von Irrlichtern, Riesen und Schmuckdieben.
    Als sie sich umwandte, um ins Zimmer zurückzugehen, erstarrte sie.
    Auf dem alten Verandatisch aus Metall, inmitten einer dicken Laubschicht, lag das Glücksarmband ihrer Mutter.
    Wo es wenige Minuten zuvor noch nicht gewesen war.
    Zu viel Wein.
    Das würde Julia am folgenden Morgen zu Stella sagen. »Ach, und das gestern Abend mit Sawyer – vergiss es. Das war der Wein.«
    Als Julia in ihre Wohnung hinaufging, spürte sie ein vages Gefühl der Panik in sich aufsteigen – ganz anders als sonst nach einem sommerlichen Gläschen Wein mit Stella auf der hinteren Veranda. Nur noch sechs Monate, dann konnte sie diesem Ort den Rücken kehren, sechs Monate, die letzte Etappe ihres Zweijahresplans. Doch durch eine kleine Unachtsamkeit hatte sie sich alles sehr viel schwerer gemacht. Wenn Sawyer das, was sie gesagt hatte, erfuhr, würde er keine Ruhe geben. Sie kannte ihn.
    Julia öffnete die Tür zu ihrem Flur, von dem vier Türen abgingen. Eine führte ins Bad, eine in Julias Schlafzimmer, eine andere in einen Raum, der als Küche diente, und wieder eine andere in Julias winziges Wohnzimmer.
    Stellas Exmann hatte ihr nach der Verschleuderung ihres Treuhandvermögens geraten, einen Untermieter zu nehmen, am oberen Ende der Treppe einen Vorhang aufgehängt und erklärt: »Voilà! Schon haben wir eine zusätzliche Wohnung.« Und hatte sich dann gewundert, dass keine Interessenten auftauchten. Im letzten Jahr seiner Ehe mit Stella hatte er feinen schwarzen Staub auf allem hinterlassen, was er anfasste. Ein Beweis für sein schwarzes Herz, behauptete Stella. Als sie den schwarzen Staub auf anderen Frauen entdeckte – an ihren Beinen, wenn sie im Sommer einen kurzen Rock trugen, oder hinter ihren Ohren, wenn sie die Haare hochsteckten –, hatte Stella ihn endlich hinausgeworfen und ihren Bruder gebeten, oben eine Tür anzubringen, ein Waschbecken zu installieren und
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