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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin
Autoren: Jeffery Deaver
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strampelten, und er griff sich an Brust und Kehle. Dann hörte er auf, sich zu bewegen. Pell nahm ihm die Schlüssel ab und öffnete die eisernen Fesseln.
    Baxter kroch langsam weg und versuchte immer noch, mit vor Blut rutschigen Fingern das Reizgas aus dem Holster zu ziehen. Als Pell zu ihm ging, riss er die Augen auf. »Bitte. Tun Sie mir nichts. Ich hab doch bloß meine Arbeit gemacht. Wir sind beide gute Christen! Ich war freundlich zu Ihnen. Ich …«
    Pell packte ihn an den Haaren. Er war versucht zu sagen: Du hast Gottes Zeit damit verschwendet, für deinen Autoschlüssel zu beten?
    Aber man sollte nicht erniedrigen oder drohen oder spotten. Pell bückte sich und schnitt ihm zügig die Kehle durch.
    Als Baxter tot war, ging Pell wieder zu dem Hinterausgang. Er schützte seine Augen, öffnete die Tür und nahm den feuerfesten Beutel aus Metallgewebe, der draußen unmittelbar vor der Schwelle lag und das Messer enthalten hatte.
    Pell griff erneut hinein und spürte plötzlich eine Pistolenmündung im Genick.
    »Keine Bewegung.«
    Pell erstarrte.
    »Weg mit dem Messer.«
    Er zögerte kurz. Die Pistole zitterte nicht; Pell merkte, dass sein Gegner bereit war, den Abzug zu drücken. Er seufzte. Das Messer fiel klappernd zu Boden. Dann warf er dem Mann einen Blick zu. Es war ein junger Latino in Zivil, der nun ein Funkgerät an den Mund hob, ohne Pell aus den Augen zu lassen.
    »Juan Millar hier. Kathryn, sind Sie da?«
    »Sprechen Sie«, erklang die verzerrte Stimme der Frau. Kathryn ...
    »Ich bin elf-neun-neun, brauche dringend Verstärkung, an der Brandschutztür, Erdgeschoss, kurz vor dem Zellentrakt. Zwei Aufseher am Boden. Schwer verletzt. Neun-vier-fünf, benötigen Krankenwagen. Wiederhole, ich bin elf-neun...«
    In diesem Moment explodierte draußen der Tank des nächstgelegenen Wagens, und eine orangefarbene Flamme schoss zur offenen Tür herein.
    Der Beamte duckte sich.
    Pell nicht. Sein Bart loderte auf, die Flammen züngelten über seine Wange, aber er wankte nicht.
    Sei standhaft ...

…Vier

    »Juan, wo ist Pell?«, rief Kathryn Dance in das Funkgerät. »Juan, bitte melden. Was ist da unten los?«
    Keine Antwort.
    Der Elf-neun-neun war eigentlich ein Funkcode der Highway Patrol, aber in Kalifornien kannte ihn jeder Beamte. Er bedeutete, dass ein Kollege sofortige Unterstützung anforderte.
    Und nun meldete er sich nach seinem ersten Funkspruch nicht mehr.
    Der Sicherheitschef des Gerichtsgebäudes, ein ehemaliger Cop mit grauem Bürstenhaarschnitt, steckte seinen Kopf zur Tür herein. »Wer leitet die Suche? Wer hat hier das Sagen?«
    Sandoval sah zu Dance. »Sie sind die ranghöchste Beamtin.«
    Eine solche Situation hatte Dance noch nie erlebt – eine Brandbombe und die Flucht eines Mörders wie Daniel Pell; andererseits gab es wohl niemanden auf der gesamten Halbinsel, der über entsprechende Erfahrungen verfügte. Sie konnte die Suche koordinieren, bis jemand vom MCSO oder der Highway Patrol übernahm. Es war von entscheidender Bedeutung, schnell und zielstrebig vorzugehen.
    »Okay«, sagte sie und wies den Sicherheitschef an, sofort mehr Leute nach unten zu beordern und die Ausgänge zu überwachen.
    Von draußen hörte man Schreie. Menschen liefen über den Flur. Funksprüche wechselten hin und her.
    »Seht euch das an«, sagte TJ und nickte in Richtung des Fensters, vor dem schwarzer Rauch vollständig die Sicht verdeckte. »O Mann.«
    Trotz des Feuers, das mittlerweile auch in das Gebäude vorgedrungen sein konnte, beschloss Kathryn Dance, in Alonzo Sandovals Büro zu bleiben. Sie würde keine Zeit mit einem Ortswechsel oder einer Evakuierung verschwenden. Falls das Haus in Flammen aufging, konnten sie aus dem Fenster auf die Dächer der Wagen springen, die auf dem vorderen Parkplatz standen, drei Meter unter ihnen. Dance versuchte erneut, Juan Millar zu erreichen, aber er ging weder an sein Telefon noch an sein Funkgerät. »Das Gebäude muss Raum für Raum abgesucht werden«, sagte sie zu dem Sicherheitschef.
    »Ja, Ma’am.« Er lief los.
    »Für den Fall, dass er abhaut, will ich vorsorglich Straßensperren«, sagte Dance zu TJ. Sie zog das Jackett aus und warf es über einen Stuhl. Unter ihren Achseln bildeten sich Schweißflecke.
    »Hier, hier, hier...« Ihre kurzen Fingernägel klopften laut auf die laminierte Straßenkarte von Salinas.
    TJ merkte sich die Stellen und verständigte die California Highway Patrol – Kaliforniens Staatspolizei – und das MCSO.
    Sandoval, der
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