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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin
Autoren: Jeffery Deaver
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gefunden wurden?«
    »Ungefähr hier.«
    Etwa vierhundert Meter vom Tatort entfernt, in einer Wohngegend.
    Dance starrte die Karte an.
    Sie fühlte TJs Blick auf sich ruhen. »Was ist los, Boss?«
    »Haben Sie ein Foto des Brunnens?«, fragte sie.
    Sandoval wühlte in der Akte. »Juans Leute von der Spurensicherung haben jede Menge Bilder geschossen.«
    »Nimm einem dieser Jungs die Kamera weg, und er ist nackt«, sagte Millar, was aus dem Mund eines so jungen Beamten seltsam klang. Er lächelte verlegen. »Das hab ich irgendwo gehört.«
    Der Staatsanwalt holte einen Stapel Farbfotos hervor und blätterte sie durch, bis er fand, wonach er suchte.
    Dance sah sich die Bilder an. »Wir hatten dort vor sechs oder acht Monaten einen Fall, erinnerst du dich noch?«, fragte sie TJ.
    »Klar, die Brandstiftung. In dem Neubaugebiet.«
    Dance klopfte auf die entsprechende Stelle der Karte. »Da wird immer noch gebaut. Und das« – sie nickte in Richtung eines der Fotos – »ist ein Felsbrunnen.«
    Jeder in der Gegend wusste, dass Wasser in diesem Teil Kaliforniens ein kostbares Gut war und dass Felsbrunnen aufgrund ihres niedrigen und unzuverlässigen Wasserstandes nie für landwirtschaftliche Bewässerungsvorhaben genutzt wurden, sondern nur für private Haushalte.
    »Scheiße.« Sandoval schloss kurz die Augen. »Vor zehn Jahren, als Herron ermordet wurde, war das alles noch Ackerland. Den Brunnen hat es damals noch gar nicht gegeben.«
    »Es hat ihn noch nicht mal vor einem Jahr gegeben«, murmelte Dance. » Deshalb stand Pell so unter Stress. Ich habe mich der Wahrheit genähert – es hat tatsächlich jemand den Hammer von seiner Tante aus Bakersfield geholt, eine falsche Brieftasche besorgt und beides vor kurzem dort deponiert. Nur dass es nicht darum ging, Pell etwas anzuhängen.«
    »O nein«, flüsterte TJ.
    »Was ist?«, fragte Millar und schaute von Dance zu ihrem Kollegen.
    »Pell hat die ganze Sache selbst inszeniert.«
    »Warum?«, fragte Sandoval.
    »Weil eine Flucht aus Capitola unmöglich war.« Die Strafanstalt, genau wie Pelican Bay im Norden des Staates, war ein modernes Hochsicherheitsgefängnis und für die gefährlichsten Verbrecher reserviert. »Aber hier könnte es ihm gelingen.«
    Kathryn Dance lief zum Telefon.

... Drei

    Daniel Pell saß in einer von den anderen Gefangenen abgesonderten Einzelzelle und musterte die Gitter und den Korridor dahinter, der zum Gerichtsgebäude führte.
    Nach außen hin wirkte er gelassen, aber in seinem Innern herrschte Aufruhr. Die Polizistin, die ihn verhört hatte, hatte ihm mit ihren ruhigen grünen Augen hinter dem schwarzen Brillengestell und ihrer unbeirrbaren Stimme einen mächtigen Schreck eingejagt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass jemand so tief und so schnell in seinen Verstand vordringen würde. Es war, als könne sie seine Gedanken lesen.
    Kathryn Dance …
    Pell wandte sich wieder zu Baxter um, dem Wärter vor dem Gitterkäfig. Er war ein anständiger Kerl, nicht wie Pells Aufpasser aus Capitola, ein stämmiger Mann, schwarz und hart wie Ebenholz, der schweigend an der gegenüberliegenden Tür saß und alles beobachtete.
    »Was ich sagen wollte«, setzte Pell nun das Gespräch mit Baxter fort. »Jesus hat mir geholfen. Ich habe bis zu drei Schachteln am Tag geraucht. Und Er hat sich trotz seines vollen Terminkalenders die Zeit genommen, mir zu helfen. Ich habe es mir praktisch von einem Tag auf den anderen abgewöhnt.«
    »Die Hilfe könnte ich auch gebrauchen«, gestand der Aufseher.
    »Glauben Sie mir«, sagte Pell, »mit dem Qualmen aufzuhören war schwieriger als mit dem Saufen.«
    »Ich hab’s mal mit diesen Pflastern versucht, die man sich auf den Arm klebt. Das lief nicht so gut. Vielleicht sollte ich auch um Hilfe beten. Meine Frau und ich beten sowieso jeden Morgen.«
    Pell war nicht überrascht. Er hatte den Anstecker am Hemd des Mannes gesehen: ein kleiner Fisch. »Das ist gut.«
    »Letzte Woche konnte ich meinen Autoschlüssel nicht finden, und wir haben eine Stunde lang gebetet. Dann hat Jesus mir verraten, wo der Schlüssel lag. Da kommt mir ein Gedanke, Daniel: An den Verhandlungstagen werden Sie hier unten sein. Falls Sie möchten, könnten wir gemeinsam beten.«
    »Sehr gern.«
    Baxters Telefon klingelte.
    Einen Augenblick später gellte eine Alarmsirene so laut los, dass es in den Ohren wehtat. »Was, zum Teufel, geht hier vor?«
    Der Wärter aus Capitola sprang auf.
    In diesem Moment loderte auf dem Parkplatz ein gewaltiger
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