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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin
Autoren: Jeffery Deaver
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Spencer-Tracy-Film über den besessenen Fischer gesehen hatten. Danach hatte er O’Neil als den »Alten Mann aus dem Meer« bezeichnet. Sie hatten beide herzlich darüber gelacht.
    »Es gibt ein Problem in Bezug auf Juan«, sagte er, als sie mit dem Lied fertig war. »Hast du schon davon gehört?«
    »Juan Millar? Nein, was ist denn?«
    »Der Autopsiebericht liegt vor. Die Coroner’s Division hat verdächtige Umstände festgestellt. Wir haben beim MCSO eine Fallakte angelegt.«
    »Was ist passiert?«
    »Er ist weder an einer Infektion noch an einem Schock gestorben, wie es normalerweise bei so schlimmen Brandverletzungen geschieht. Die Todesursache war eine Mischung aus Morphium und Diphenhydramin – das ist ein Mittel gegen allergische Reaktionen. Der Morphiumtropf war weiter aufgedreht als eigentlich zulässig, und keiner der Ärzte hatte ihm ein Antihistaminikum verordnet. In Zusammenwirkung mit Morphium ist das nämlich gefährlich.«
    »War das Absicht?«
    »Es sieht so aus. Allein hätte er das jedenfalls nicht geschafft. Wir haben es vermutlich mit einem Mord zu tun.«
    Dance hörte wieder, wie ihre Mutter ihr Millars Worte zuflüsterte.
    Tötet mich ...
    Sie fragte sich, wer hinter diesem Todesfall gesteckt haben könnte.
    Dance schüttelte den Kopf. »Und das nach allem, was seine Familie sowieso schon durchmacht. Falls wir irgendwie helfen können, lass es mich wissen.«
    Schweigend saßen sie einen Moment lang da. Dance roch von irgendwoher ein Holzfeuer – und abermals O’Neils Rasierwasser. Die Kombination gefiel ihr. Sie fing wieder an zu spielen, Elizabeth Cottens schnelle Version von »Freight Train«, eine so ansteckende Melodie, wie es sie nur geben konnte. Sie würde ihr noch tagelang im Kopf herumgehen.
    »Ich hab das von Winston Kellogg gehört«, sagte O’Neil danach. »Das hätte ich nie gedacht.«
    Derartige Neuigkeiten machen schnell die Runde.
    »Ja.«
    »TJ hat mir die grausigen Einzelheiten geschildert.« Er schüttelte den Kopf und winkte Dylan und Patsy heran. Die Hunde liefen zu ihm. Er gab ihnen Kauknochen aus einer Keksdose, die neben einer Flasche zweifelhaftem Tequila stand. Sie nahmen die Leckerbissen entgegen und rannten davon. »Klingt, als würde es ein schwieriger Fall werden«, sagte er. Ich möchte wetten, Washington wird darauf drängen, die Anklage fallenzulassen.«
    »O ja. Das wird hart.«
    »Falls du möchtest, können wir ja ein paar Leute anrufen.«
    »Chicago, Miami oder Los Angeles?«
    O’Neil sah sie verwundert an und lachte dann auf. »Du hast also auch schon darüber nachgedacht, ja? Was wäre am vielversprechendsten?«
    »Ich würde es mit dem fragwürdigen Selbstmord in L. A. versuchen«, erwiderte Dance. »Es liegt im selben Bundesstaat, fällt also in die Zuständigkeit des CBI, und Kellogg kann nicht behaupten, die Kultführerin sei bei einem Zugriff ums Leben gekommen. Außerdem hat er offenbar die Akte verschwinden lassen. Warum sollte er das tun, wenn er keine Schuld an dem Todesfall trägt?«
    Kellogg konnte mit dem Mord an Pell durchaus davonkommen. Dance hatte beschlossen, die Angelegenheit dann nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern darauf zu drängen, dass in anderen Gerichtsbezirken Anklage gegen ihn erhoben wurde.
    Und anscheinend würde sie dabei nicht allein sein.
    »Gut«, sagte O’Neil. »Wir sollten uns morgen treffen und uns das Beweismaterial ansehen.«
    Sie nickte.
    Der Detective trank das Bier aus und holte sich noch eines. »Ich nehme nicht an, dass Overby einen Ausflug nach L. A. bewilligen würde.«
    »Ob du es glaubst oder nicht, ich schätze, er würde.«
    »Wirklich?«
    »Sofern wir den Bus nehmen.«
    »Und ein Last-Minute-Ticket kaufen«, fügte O’Neil hinzu.
    Sie lachten.
    »Irgendwelche Wünsche?« Dance klopfte auf die alte Martin, die prägnant wie eine Trommel widerhallte.
    »Nein.« Er lehnte sich zurück und streckte seine verkratzten Schuhe weit von sich. »Wonach dir gerade der Sinn steht.«
    Kathryn Dance überlegte kurz und fing an zu spielen.

Anmerkung des Verfassers

    Das California Bureau of Investigation gibt es wirklich; es ist dem kalifornischen Generalstaatsanwalt unterstellt. Die pflichtbewussten Männer und Frauen des CBI werden es mir hoffentlich nachsehen, dass ich ihre großartige Behörde etwas umgestaltet sowie eine erfundene Dienststelle auf der malerischen Halbinsel Monterey angesiedelt habe. Auch an dem vortrefflichen Monterey County Sheriff’s Office habe ich ein wenig
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