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Die Meistersinger von Nürnberg

Die Meistersinger von Nürnberg

Titel: Die Meistersinger von Nürnberg
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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die.
    Walther: Ich lieb' ein Weib und will es frein,
mein dauernd Ehgemahl zu sein.
    Sachs: Die Meisterregeln lernt beizeiten,
daß sie getreulich Euch geleiten
und helfen wohl bewahren,
was in der Jugend Jahren
mit holdem Triebe Lenz und Liebe
Euch unbewußt ins Herz gelegt,
daß Ihr das unverloren hegt.
    Walther: Stehn sie nun in so hohem Ruf,
wer war es, der die Regeln schuf?
    Sachs: Das waren hochbedürft'ge Meister,
von Lebensmüh' bedrängte Geister;
in ihrer Nöten Wildnis
sie schufen sich ein Bildnis,
daß ihnen bliebe der Jugendliebe
ein Angedenken klar und fest,
dran sich der Lenz erkennen läßt.
    Walther: Doch, wem der Lenz schon lang entronnen,
wie wird er dem im Bild gewonnen?
    Sachs: Er frischt es an, so oft er kann!
Drum möcht' ich, als bedürft'ger Mann,
will ich die Regeln Euch lehren,
sollt Ihr sie mir neu erklären.
Seht, hier ist Tinte, Feder, Papier:
ich schreib's Euch auf, diktiert Ihr mir!
    Walther: Wie ich's begänne, wüßt' ich kaum.
    Sachs: Erzählt mir Euren Morgentrauml
    Walther: Durch Eurer Regeln gute Lehr' ist mir's, als ob verwischt er wär'.
    Sachs: Grad' nehmt die Dichtkunst jetzt zur Hand; mancher durch sie das Verlorene fand.
    Walther: So wär's nicht Traum, doch Dichterei?
    Sachs: ‘s sind Freunde beid', steh'n gern sich bei.
    Walther: Wie fang' ich nach der Regel an?
    Sachs: Ihr stellt sie selbst und folgt ihr dann.
Gedenkt des schönen Traums am Morgen;
fürs and're laßt Hans Sachs nur sorgen!
    Walther (hat sich zu Sachs am Werktisch gesetzt, wo dieser das Gedicht Walthers nachschreibt. Er beginnt sehr leise, wie heimlich) :
»Morgenlich leuchtend in rosigem Schein,
von Blüt' und Duft geschwellt die Luft,
voll aller Wonnen, nie ersonnen,
ein Garten lud mich ein, Gast ihm zu sein.«
    Sachs: Das war ein Stollen:
nun achtet wohl,
daß ganz ein gleicher ihm folgen soll.
    Walther: Warum ganz gleich?
    Sachs: Damit man seh',
Ihr wähltet Euch gleich ein Weib zur Eh'.
    Walther: »Wonnig entragend dem seligen Raum
bot goldner Frucht heilsaft'ge Wucht
mit holdem Prangen dem Verlangen
an duft'ger Zweige Saum herrlich ein Baum.«
    Sachs: Ihr schlosset nicht im gleichen Ton.
Das macht den Meistern Pein;
doch nimmt Hans Sachs die Lehr' davon,
im Lenz wohl müss' es so sein. –
Nun stellt mir einen Abgesang.
    Walther: Was soll nun der?
    Sachs: Ob Euch gelang,
ein rechtes Paar zu finden,
das zeigt sich [jetzt] an den Kinden.
Den Stollen ähnlich, doch nicht gleich,
an eig'nen Reim' und Tönen reich;
daß man's recht schlank und selbstig find',
das freut die Eltern an dem Kind,
und Euren Stollen gibt's den Schluß,
daß nichts davon abfallen muß.
    Walther: »Sei Euch vertraut,
welch hehres Wunder mir gescheh'n:
an meiner Seite stand ein Weib,
so hold und schön ich nie geseh'n;
gleich einer Braut
umfaßte sie sanft meinen Leib;
mit Augen winkend,
die Hand wies blinkend,
was ich verlangend begehrt,
die Frucht so hold und wert
vom Lebensbaum.«
    Sachs (gerührt) :
Das nenn' ich mir einen Abgesang!
Seht, wie der ganze Bar gelang.
Nur mit der Melodei seid Ihr ein wenig frei;
doch sag' ich nicht, daß das ein Fehler sei;
nur ist's nicht leicht zu behalten,
und das ärgert uns're Alten! –
Jetzt richtet mir noch einen zweiten Bar,
damit man merk', welch' der erste war.
Auch weiß ich noch nicht, so gut Ihr's gereimt,
was Ihr gedichtet, was Ihr geträumt.
    Walther: »Abendlich glühend in himmlischer Pracht
verschied der Tag, wie dort ich lag;
aus ihren Augen Wonne zu saugen,
Verlangen einz'ger Macht in mir nur wacht'.
Nächtlich umdämmert der Blick mir sich bricht!
Wie weit so nah' beschienen da
zwei lichte Sterne aus der Ferne
durch schlanker Zweige Licht hehr mein Gesicht.
Lieblich ein Quell
auf stiller Höhe dort mir rauscht;
jetzt schwellt er an sein hold' Getön',
so stark und süß ich's nie erlauscht:
leuchtend und hell, wie strahlten die Sterne da schön;
zu Tanz und Reigen in Laub und Zweigen
der gold'nen sammeln sich mehr,
statt Frucht ein Sternenheer
im Lorbeerbaum.« –
    Sachs (sehr gerührt) :
Freund!
Euer Traumbild wies Euch wahr;
gelungen ist auch der zweite Bar.
Wolltet Ihr noch einen dritten dichten?
Des Traumes Deutung würd' er berichten.
    Walther (steht schnell auf) :
Wo fänd' ich die? Genug der Wort'!
    Sachs (erhebt sich gleichfalls und tritt mit freundlicher Entschiedenheit zu Walther) :
Dann Tat und Wort am rechten Ort!
Drum bitt' ich, merkt mir wohl die Weise:
gar lieblich drin sich's dichten läßt:
und singt Ihr sie im weit'ren Kreise,
so haltet mir auch das
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