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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten
Autoren: Philip K. Dick
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getrunken?«
    »Nein«, sagte Nick.
    »Ich habe Vierundzwanzig Jahre alten Scotch, eine Flasche, die ich nie aufgemacht habe, eine für besondere Gelegenheiten. Würden Sie nicht sagen, daß dies eine besondere Gelegenheit ist?«
    »Doch, das ist sie wohl, Ratsvorsitzender.«
    Grem ging zu einem Bücherregal, nahm ein paar Bände heraus, griff hinein und zog eine hohe Flasche voll bernsteinfarbener Flüssigkeit heraus.
    »Okay?« fragte er Nick.
    »Okay«, sagte Nick.
    Grem setzte sich an den Schreibtisch, riß die Metallkappe ab, zog den Korken heraus und schaute sich in dem Durcheinander nach zwei Plastikbechern um. Er schüttete ihren Inhalt in einen Papierkorb und füllte sie mit Whisky. »Worauf trinken wir?« fragte er.
    »Gehört das zum Ritual, wenn man Alkohol trinkt?«
    Grem lächelte. »Wir trinken auf ein Mädchen, das sich von vier baumlangen Militärpolizisten losgerissen hat.« Er schwieg einen Augenblick, ohne zu trinken. Auch Nick umklammerte seinen Becher, ohne ihn zu heben. »Auf einen besseren Planeten«, sagte Grem. »Auf einen Planeten, wo wir unsere Freunde von Frolix 8 nicht brauchen.«
    »Darauf trinke ich nicht«, erwiderte Nick und stellte den Becher auf der Schreibtischplatte ab.
    »Dann trinken Sie eben einfach so! Erleben Sie, wie Scotch schmeckt! Der beste Whisky, den es gibt!« Grem starrte ihn verständnislos und verärgert an. Sein Gesicht färbte sich dunkelrot, »Ist Ihnen nicht klar, was Ihnen da angeboten wird? Sie haben jede Perspektive verloren.« Er hieb mit der Faust zornig auf die Platte seines riesigen Nußbaumschreibtisches. »Sie haben durch das Ganze alle Wertvorstellungen verloren! Wir müssen uns – «
    »Der Flitzer steht bereit, Vorsitzender«, tönte es aus der Sprechanlage. »Dachlandeplatz, Areal 5.«
    »Danke«, sagte er. »Was ist mit der Sprechverbindung? Ich kann nicht fliegen, bevor ich Sprechverbindung habe und klarmachen kann, daß ich keine bösen Absichten habe. Schaltet die Laserstrahlen ab. Alle beide.«
    »Sir?«
    Er wiederholte den Befehl. Hastig.
    »Ja, Sir«, sagte die Stimme aus der Sprechanlage. »Und wir versuchen weiterhin, Sprechverbindung herzustellen. Inzwischen wird der Flitzer bereitgehalten.«
    Grem griff nach der Flasche. »Ich kann Sie nicht verstehen, Appleton«, meinte er. »Sie
    kommen hierher – wozu, in Gottes Namen? Sie sind verletzt und weigern sich – «
    »Vielleicht bin ich deshalb hergekommen«, sagte Nick. »In Gottes Namen. Wie Sie sich ausdrücken.« Um dich anzustarren, bis du den Blick senkst und bereit bist, zu sterben, dachte er. Weil du und alle, die sind wie du, verschwinden müssen. Ihr müßt Platz machen für das, was kommt. Für das, was wir tun werden. Für unsere Projekte, statt für derart halbpsychotische Erfindungen wie das Große Ohr.
    Das Große Ohr – was für eine großartige Anlage im Besitz eines Staates, um die Menschen im Zaum zu halten. Pech für euch, daß es nie fertiggestellt wird. Dafür werden wir sorgen, auch wenn Provoni und sein Freund das schon erledigt haben. Wir machen endgültig reinen Tisch.
    »Bild und Sprechverbindung stehen, Sir«, kam es aus der Sprechanlage. »Leitung 5.«
    Grem griff nach dem roten V-Fon und sagte: »Hallo, Mr. Provoni.«
    Auf dem Bildschirm tauchte Provonis knochiges, zerklüftetes Gesicht auf, mit seinen Schatten und Furchen, seinen Schrunden und Schluchten. Seine Augen enthielten die absolute Leere, die Nick gespürt hatte, als die Sonde durch sein Gehirn gegangen war… aber sie enthielten auch noch anderes. Sie funkelten tierisch; die Augen eines atmenden, entschlossenen, gespannten Wesens, das um das, was es wollte, kämpfte und rang. Ein Tier, das aus seinem Käfig ausgebrochen war. Starke Augen in einem starken Gesicht, so erschöpft es auch wirkte.
    »Ich glaube, es wäre gut, wenn Sie herkämen«, sagte Grem. »Sie haben ungeheuren Schaden angerichtet, jedenfalls tat das der unverantwortliche Organismus, den Sie bei sich haben. Tausende von Männern und Frauen, die von Bedeutung sind in Regierung, Industrie und Wissenschaft – «
    »Wir sollten uns treffen«, unterbrach ihn Provoni heiser, »aber es ist nicht ganz einfach für meinen Freund, sich so weit zu bewegen.«
    »Wir haben als Geste des guten Willens die Laserstrahlen abgeschaltet«, sagte Grem gepreßt.
    »Ja, danke für die Laserstrahlen.« Provonis steinernes Gesicht öffnete sich zu einem schwachen Lächeln. »Ohne diese Energiezufuhr hätte er seine Aufgabe nicht erfüllen können.
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