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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau
Autoren: Emily Carmichael
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heute morgen war sie wie aus Stahl. »Heute ist es so gut wie jeden Tag, um zu kämpfen. Ich will mir nur den richtigen Ort aussuchen; hier ist er jedenfalls nicht.«
    »Gabriel Danaher O’Connell! Du bist nicht in der Verfassung für einen Kampf.«
    »Natürlich bin ich das. Wo ist Katy?«
    Olivias entnervtes Seufzen gefror zu einer Dampfwolke in der kalten Luft. »Katy ist heute nacht mit Murdoch nach Elkhorn geritten, um den Sheriff zu holen. Ich hatte ihr vor ein paar Tagen gesagt, daß du in einer Gerichtsverhandlung wahrscheinlich freigesprochen werden würdest. Deshalb hat sie sich entschlossen, das Gesetz einzuschalten. Sie hat es einfach nicht mehr ausgehalten.«
    »Scheiße!«
    Ellen führte Longshot heran. Er nahm ihr die Zügel aus der Hand und schwang sich mühsam in den Sattel. »Ich kann nur hoffen, daß Candliss mich und nicht sie verfolgt oder besser noch, daß er sie nicht bemerkt hat.«
    »Bestimmt nicht«, meinte Ellen hoffnungsvoll. »Du weißt doch, wie Katy sich anschleichen kann.«
    »Ja. Ich weiß. Zum ersten Mal bin ich dankbar dafür.«
    »Gabriel. Geh nicht. Bitte. Geh zurück in den Stollen. Vielleicht haben sie dich nicht gesehen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du bist der sturste Dickschädel, der auf der ganzen Welt herumläuft.«
    »Das haben Iren so an sich.« Er trank ihren Anblick in sich ein. Selbst in ihrem Zorn war sie schön. Wie konnte er sie je für unscheinbar gehalten haben? Ellen blickte ihn tiefernst an. Er prägte sich die beiden geliebten Gesichter ein und erflehte eine letzte Bitte vom Heiligen Patrick – die allerletzte, versprach er. Wenn der Heilige die Zwillinge und Olivia beschützte, schwor Gabe den Rest seiner Tage wie ein Heiliger zu leben, gleich nachdem er Ace Candliss getötet hatte. Das Versprechen war leicht gemacht, denn der Rest seiner Tage würde vermutlich nur noch wenige Stunden dauern, doch er hoffte, der gute alte Patrick würde diesen Punkt übersehen.
    »Ihr zwei bleibt in der Hütte. Bewaffnet euch. Für den Fall, daß ich Candliss nicht erwische und er zurückkommt und unangenehm wird. Ellen, ich erwarte von dir und Katy, daß ihr euch um Olivia kümmert. Hast du verstanden?«
    »Ja, Pa.« Ellens Stimme zitterte.
    Er hörte Olivia fluchen, als Longshot wendete und von der Hütte wegritt. »Verflucht Gabriel, wenn du dich umbringen läßt, dann …«
    Ihre Drohung wurde vom scharfen Pfeifen einer Kugel unterbrochen, die vor Longshots Hufen dem Waldboden aufspritzte. Der Abschied hatte ein paar Sekunden zu lange gedauert.
    »In die Hütte mit euch! Sofort!« befahl er.
    Eine zweite Kugel schlug in die hohe Fichte, an der die Lampe für Krummer Stab hing. Gabe schwang sich aus dem Sattel, gab Longshot einen Klaps. Die Stute machte kehrt und trabte zum Stall zurück. Er war froh zu sehen, daß Olivia und Ellen durch das hintere Fenster in die Hütte krochen, statt vorne durch die Tür zu gehen. Kurz darauf tauchten sie bewaffnet am Seitenfenster auf, Olivia mit der Schrotflinte und Ellen mit der Pistole. Jede mit einem tödlich entschlossenen Gesichtsausdruck.
    Gabe rannte gebückt auf das dichte Gestrüpp am Rande der Lichtung zu, als der Kugelhagel den Sand an der Stelle, wo er eben noch gestanden hatte, in einem tödlichen Bogen hochspritzte. Candliss sollte getrost in jede Richtung schießen, nur nicht auf die Hütte.
    »Candliss, du gelber Hurensohn. Komm runter und kämpfe mit mir, statt dich feige hinter den Felsen zu verstecken.«
    Eine Gewehrsalve war die Antwort auf seine Herausforderung.
    »Wieviel seid ihr da draußen? Drei? Vier? Brauchst du so viel Unterstützung, um einen angeschossenen Iren zur Strecke zu bringen, Candliss? Komm runter und kämpfe mit mir. Nur du und ich. Entweder bring ich dich um oder du mich, ohne Unschuldige mit reinzuziehen.«
    Stille lag über dem Hochgebirgstal.
    »Hast du Angst, deine Hände mit meinem Blut zu beschmutzen, Candliss? Ich dachte, es gefällt dir, mein Blut an deinen Händen zu spüren. Ist doch viel persönlicher als eine Kugel.«
    Selbst die Baumwipfel schienen sich nicht mehr zu bewegen. Dann kam die Antwort, um die Gabriel gebeten hatte. Anscheinend war der Heilige Patrick im Amt.
    »Ich hab’ keine Angst, gegen dich zu kämpfen, O’Connell. Wir kommen runter. Und versuch bloß keine Tricks.«
    Wieder fiel der Vorhang der Stille, als sei ein Akt in einem Bühnenstück zuende, und der nächste habe noch nicht begonnen. Olivias Herz hämmerte dröhnend in ihrer Brust. Als sie kurz vor
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