Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mausefalle

Die Mausefalle

Titel: Die Mausefalle
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
abzutrocknen.«
    Giles grinste Molly hinter dem Rücken der nach oben rauschenden Mrs Boyle an.
    »Liebling, du warst fabelhaft«, sagte Molly. »Wie du der Paroli geboten hast.«
    »Ein Großmaul steigt schnell vom hohen Ross, wenn man es mit den eigenen Waffen schlägt«, sagte Giles.
    »Du lieber Himmel«, sagte Molly, »wie die wohl mit Christopher Wren klarkommt.«
    »Gar nicht«, sagte Giles.
    Und tatsächlich erklärte Mrs Boyle Molly noch am selben Nachmittag mit eindeutig ungnädiger Stimme: »Das ist ja ein sehr merkwürdiger junger Mann.«
    Der Bäcker sah aus wie ein Polarforscher, als er kam, Brot brachte und ankündigte, dass seine nächste Lieferung in zwei Tagen womöglich nicht erfolgen könne. »Kein Durchkommen«, sagte er. »Genug Vorrat, hoffe ich?«
    »Oh ja«, antwortete Molly. »Wir haben jede Menge Dosen. Ich will aber lieber mal mehr Mehl nehmen.« Die Iren machten doch etwas, das soda-bread hieß, fiel ihr ein. Wenn es ganz schlimm kam, würde sie das eben backen.
    Der Bäcker hatte auch die Zeitungen mitgebracht. Sie legte sie auf dem Tisch im Flur aus. Außenpolitisches hatte an Bedeutung eingebüßt. Das Wetter und der Mord an Mrs Lyon füllten die Titelseiten.
    Sie starrte auf das verschwommene Foto der Toten, als hinter ihr die Stimme von Christopher Wren ertönte: »Ziemlich gemeiner Mord, finden Sie nicht? Die Frau sieht so farblos aus, die Straße genauso öde. Man hat nicht das Gefühl, da steckt eine Geschichte dahinter, oder?«
    »Zweifellos hat diese Person nur bekommen, was sie verdient«, schnaubte Mrs Boyle.
    »Ach.« Mr Wren drehte sich zu ihr und fragte liebenswürdig neugierig weiter. »Sie halten das also eindeutig für ein Sexualverbrechen, ja?«
    »Ich habe nichts dergleichen angedeutet, Mr Wren.«
    »Aber sie ist doch erwürgt worden, nicht? Ich wüsste ja gern« – er streckte seine langen weißen Hände vor –, »wie es sich wohl anfühlt, jemanden zu erwürgen.«
    »Wirklich, Mr Wren!«
    Christopher trat näher an sie heran und sprach leiser: »Haben Sie schon mal überlegt, Mrs Boyle, wie es sich wohl anfühlt, erwürgt zu werden?«
    Noch einmal und noch entrüsteter sagte Mrs Boyle: »Wirklich, Mr Wren!«
    Hastig las Molly laut dazwischen. »Der Mann, den die Polizei dringend vernehmen möchte, trug einen dunklen Mantel, einen leichten Homburg und einen Wollschal und war mittelgroß.«
    »Tja, ja«, sagte Christopher Wren, »er sah eben aus wie jedermann.«
    »Ja«, sagte Molly. »Wie jedermann eben.«
     
     
    2
    In seinem Zimmer im Gebäude von Scotland Yard sagte Inspector Parminter zu Detective Sergeant Kane:
    »Dann will ich mir diese beiden Arbeiter mal ansehen.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wie sind die so?«
    »Ordentliche Proleten. Nicht die Schnellsten. Zuverlässig.«
    »Recht so.« Inspector Parminter nickte.
    Kurz danach wurden zwei verlegen dreinblickende Männer in Sonntagsanzügen in sein Zimmer geführt. Parminter musterte sie mit einem kurzen Blick. Er verstand es ausgezeichnet, Leuten das unbehaglich Gefühl zu nehmen.
    »Also, Sie glauben, Sie wissen etwas, das uns im Fall Lyon von Nutzen sein könnte«, fing er an. »Schön, dass Sie gekommen sind. Setzen Sie sich. Rauchen Sie?«
    Er wartete ab, bis sie die Zigaretten genommen und angesteckt hatten. »Ganz schön scheußlich, das Wetter da draußen.«
    »Das ist es, Sir.«
    »Tja, na – dann lassen Sie mal hören.«
    Die beiden Männer sahen sich an und wurden wieder verlegen, weil es ans Erzählen ging.
    »Fang du an, Joe«, sagte der Größere.
    Also fing Joe an. »Das war nämlich so. Wir ha’m kein Streichholz gehabt.«
    »Wo war das denn?«
    »Jarman Street – wir war’n da am Arbeiten, auf der Straße – Gasleitungen.«
    Inspector Parminter nickte. Auf die genauen zeitlichen und örtlichen Details würde er später zurückkommen. Die Jarman Street, das wusste er, lag in nächster Nähe zur Culver Street, wo die Tragödie sich ereignet hatte. »Sie hatten also kein Streichholz«, wiederholte er aufmunternd.
    »Nee. Meine Schachtel war leer, und Bills Feuerzeug ging nicht, und da hab ich ‘n Burschen angehauen, der kam da grad lang. ›Ha’m Sie mal ‘n Streichholz, Herr –?‹, sag ich. Hab mir ja nischt dabei gedacht, in dem Augenblick. Der ging da einfach grad lang – wie ‘ne ganze Menge andre Leute – hab den einfach zufällig so gefragt.«
    Wieder nickte Parminter.
    »Na, der gibt uns auch eins, macht er. Sagt aber nichts. ›Grausame Kälte‹, sagt Bill, und der hat bloß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher