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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
Autoren: Paul Melko
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unübersichtlich, wie das Labor war, mochten sich vorhin weitere Feinde darin versteckt haben und klammheimlich verschwunden sein, denn es gab hier insgesamt vier Ausgänge. John hörte, wie sich eine Tür schloss; wahrscheinlich war der dritte Labortechniker gerade geflohen. Aber wo steckte Visgrath?
    John legte die Pistole auf den Untersuchungstisch, natürlich in Reichweite, und begann, die Ledergurte zu lösen, die Grace an den Tisch fesselten. Er kochte vor Wut, als er sah, was sie ihr angetan hatten.
    »Grace! Grace!«
    Keine Reaktion.
    Ihre Augen waren geschlossen, aber sie atmete. Die Brust, blutüberströmt, hob und senkte sich. John ertrug den Anblick der barbarischen Schnitte und Risse an ihrem Körper nicht. Und alles wegen ihm!
    Erst löste er die Fesseln an ihren Armen, dann an ihren Beinen.
    »Grace, kannst du mich hören? Bist du bei Bewusstsein?«

    Ihre Lider flatterten und hoben sich. Zunächst blickte sie glasig ins Leere, doch dann verzog sie den Mund zu einem Lächeln. Ein Schneidezahn fehlte. »Johnny.« Ihre Stimme war ein erbärmliches Krächzen.
    »Alles ist gut, Grace. Wie geht es dir?« John war klar, dass er Schwachsinn redete, doch seine Gedanken spielten einfach nicht mehr mit.
    Sie grinste. »Noch bin ich nicht tot. Alles nur Fleischwunden.«
    Johns Augen brannten, Tränen drangen hervor, aber sein Schluchzen geriet zu einem krankhaften Gewieher. »Scheiße, Grace, bring mich nicht zum Lachen.«
    »Sorry, muss sein.« Grace richtete sich auf.
    Schnell zog John einen Kittel von den Schultern eines toten Technikers und legte ihn ihr um. Sie sah blass und mitgenommen aus, doch ihre Augen wirkten klar. »Wir müssen Henry finden«, sagte er.
    Grace blickte sich im Labor um, drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, und fasste im letzten Moment nach Johns Schulter. »Mir ist wohl noch ein bisschen schwindlig.« Sie zeigte auf eine der Türen. »Dort haben sie mich reingebracht. Henry hab ich nie zu Gesicht bekommen, aber wahrscheinlich ist er in einer der Zellen neben meiner.« Da entdeckte sie die Pistole neben sich auf dem Tisch. Eine Weile ruhte ihr Blick darauf, bis sie die Waffe in die Hand nahm. »Kann ich die haben?«
    »Ich hab noch eine.« John spürte das Gewicht von Corrundrums Pistole in seiner Tasche. »Kannst du schießen?«
    »Hey, ich bin ein Stadtkind, also kann ich nur den Notruf wählen. Doch heute werd ich’s mal probieren.«
    »Sei vorsichtig, aber wenn es keiner von uns ist, drück ab.« John machte eine kurze Pause. »Prime ist auch hier, ich weiß nur nicht, wo er steckt.« Unterdessen hatte er Corrundrums
Pistole hervorgezogen und sich davon überzeugt, dass sie geladen war.
    »Prime? Du bist zurückgereist und hast Prime geholt?«
    »Ja. Ich brauchte Hilfe.« Grace war wieder erblasst. »Bist du okay?«
    »Keine Sorge.« Sie kletterte auf wackligen Beinen vom Tisch, kniete sich neben den leblosen Körper des zweiten Technikers, drehte ihn um – und spuckte der Leiche ins Gesicht.
    Von ihrer heftigen Reaktion war John überrascht. Zwar wusste er, dass sie ein Kämpfer war, wütend und unnachgiebig sein konnte, aber erst jetzt erkannte er die unerschöpfliche Energie, die sie antrieb. Er zitterte für jeden Westgoten, der das Pech haben sollte, ihr in die Quere zu kommen. »Grace, es tut mir so leid, dass ich dich da mit reingezogen habe.«
    Sie stand auf. »Nicht so leid, wie es diesen Arschgesichtern tun wird.«
    Auf dem Weg durchs Zimmer musste John sie stützen. Während Grace an die Wand gelehnt ausruhte, lauschte er an der Tür, auf die sie gedeutet hatte. Von draußen war nichts zu hören. Leider gab es kein Fenster, durch das sie hätten hinausschauen können.
    »Geh mal kurz zur Seite«, sagte er, winkte Grace nach links und stieß die Tür auf. Nichts.
    John huschte über die Schwelle. Der Flur verlief für etwa zehn Meter geradeaus, bevor er eine Rechtsbiegung beschrieb. An der rechten Wand reihten sich drei Türen aneinander.
    »Das hier ist meine.« Grace deutete auf die mittlere Zelle.
    Die Tür links davon war abgeschlossen. John hämmerte dagegen. »Henry?«
    Nichts.
    Dasselbe an der rechten Tür.

    »Sie haben ihn fortgebracht«, stellte John fest. »Wir müssen hinterher.«
    Er ging voraus. Nach der Rechtskurve mündete der Gang bald in eine Doppeltür. John lauschte kurz, bevor er die Tür auftrat: ein weiteres Labor.
    In der Mitte des Raums stand Visgrath, Henry vor sich im Würgegriff, eine Pistole an seiner Schläfe. Henrys Lippen waren von
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