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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau
Autoren: Alexander Kröger
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geschlafen? Machst so den
Nachdenklichen heute. Und das bei dem schönen
Frühlingswetter!“
In Alexej wollte
Ärger aufsteigen. Das mit dem
Frühlingswetter war ein Scherz Macs, den er stets parat hatte.
Es herrschte ständig frühlingshaftes Wetter in diesen Breiten.
Auch ein Zustand, der auf die Nerven ging.
Alexej dachte an die tiefverschneite Taiga, an knirschenden
Schnee und schillernde meterlange Eiszapfen vor dem Fenster
der Jagdhütte. „Ach was“, sagte er. „Der Kurier war noch nicht
da.“ Ihm war eingefallen, dass er Macs Frage noch nicht
beantwortet hatte.
„Der richtet sich das auch ein, wie er will“, bemerkte Mac ein
wenig enttäuscht.
„Na, da werde ich mal…“, sagte Alexej lustlos. „Du, brate
nicht wieder diese Steaks.“
„Werde sehen, was sich tun lasst.“ Mac lachte. „Dass du mir
aber dafür nicht nächste Woche täglich mit deinen Pelmenis
kommst! Ah, das müsste er sein, mach’s gut!“ Mac hatte sich
aufgerichtet und zum Horizont hinübergesehen, dorthin, wo
gegen die nun hoch am Himmel stehende Sonne die Station
nicht auszumachen war. Aber über den unteren Rand der
leuchtenden Scheibe zogen rötliche Staubschleier, also näherte
sich ein Fahrzeug.
Mac setzte sich in Bewegung. Wenn der Kurier die Station
anlief, dann hatte er stets etwas Persönliches, das nicht über
den allgemeinen Funk gegeben wurde. Und da Alexej nie
Derartiges bekam, konnte es schon ein Videogramm von Kim
sein. Freudig, ohne noch einen Blick auf den Gefährten zu
werfen, stapfte Mac los.
Über Alexejs Gesicht huschte abermals ein Lächeln. Weniger
beschwingt als Mac schlug er den Weg zum Roten Felsen ein.
Er musterte zerstreut die wuchernden Pflanzen links und
rechts, die so dicht standen, dass der rötliche Untergrund
nirgends hervorsah.
Als Alexej dem Fuß des Hügels nahe war, schwenkte er auf
einen schmalen Pfad nach rechts ein. Er näherte sich einem
Feld, auf dem das Grün spärlicher stand. Die Pflanzen hatten
Mühe, die Anhöhe zu nehmen.
Alexej betrachtete aufmerksamer, und er stellte zufrieden
fest, dass das Grün in der Woche, in der er diese Gegend nicht
besucht hatte, um mehr als einen Meter vorgekrochen war.
„Macht schon“, brummte er, „macht aus dem kümmerlichen
Felsen einen grünen Hügel!“
Dem Gebilde widerfuhr mit der Bezeichnung „Felsen“ zu
viel Ehre. Es war eine winderodierte, brüchige Erhebung, die
zu der Zeit, als auf dem Planeten noch heftige Sandstürme
tobten, ihre Form erhalten hatte. Windkanäle zeigten sich an
den Flanken und Wollsackgebilde, die, aus der Ferne
betrachtet, felsartig wirkten. Allerdings fiel der Hügel an der
Rückseite steil ab, und dieser Abbruch war ein Teil der steilen
Begrenzung eines cañonartigen, vielleicht 50 Meter tiefen
Einschnittes, der sich, so weit das Auge reichte, von Nord nach
Süd zog, wohl 200 Meter breit sein mochte und die
Ausbreitung der Felder der Station 1017 begrenzte.
Jenseits des Cañons setzte sich das hügelige Dünengelände
fort, verlor sich dann jedoch in einer kahlen Ebene, die bis zum
Horizont reichte. Auf der höchsten Erhebung der anderen
Uferseite stand, aufdringlich wie ein Fremdkörper, die Ruine
eines Gerüstes, das vor Jahrzehnten den Marsodäten bei
Vermessungsarbeiten als Zielzeichen gedient hatte.
Unweit von Alexejs Standpunkt zogen sich zwei
schenkeldicke Rohrleitungen den Hang herab, strebten
rechtwinklig auseinander und verschwanden links und rechts
in den Feldern. Alexej erinnerte sich, wie ungläubig er
seinerzeit vor diesen Rohren gestanden hatte. Eine
Eigentümlichkeit der Station 1017. Vor Jahren entdeckte
mächtige Eisablagerungen in den Uferhöhlungen des Cañons
wurden geschmolzen und zur Berieselung auf die Felder
gehoben. So musste hier nicht wie in den übrigen 10000
Stationen Wasser ausschließlich aus Mineralien gewonnen
werden.
Alexej erfreute sich an dem Glucksen in den Rohren und
Geplätscher der Berieselungsanlage 3, an der er angelangt war.
Sie befand sich mehr als 30 Meter hinter der Pflanzenfront,
sodass der Regen diese kaum noch erreichte.
Die Geräusche erinnerten Alexej an die Bäche, die während
der Schneeschmelze das Steilufer des Baikals hinabrieselten.
Zunächst ließ Alexej die Maschine 3 stehen, er ging weiter
zur 4, fuhr diese, ungeachtet dessen, dass Ranken und Äste in
die Fahrwerke hineingewuchert waren, bis auf den kahlen
Hang. Die Schreitplatten hinterließen im Grün des Feldes
scharf abgegrenzte Vierecke, in denen die Pflanzen, platt an
den Boden
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