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Die Maggan-Kopie

Die Maggan-Kopie

Titel: Die Maggan-Kopie
Autoren: Jacqueline Montemurri
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blicken.
    „Wohin sollen wir fliegen?“, fragte Kenny.
    „Nach Norden“, sagte Maggan, „zum Meer.“
    Sie drehte sich zu Svenja und diese nickte zustimmend.
     
    Im Osten blickte jetzt schon die Sonne über den Rand des Horizonts. Der Himmel färbte sich blutrot. Unter ihnen lag die Weite der Tundra, doch sie sah leer und verlassen aus. Keine Rentierherde war zu sehen. Nichts. Alles war trostlos. Auch von den Outländern war nichts zu sehen. Kenny lehnte in se i nem Sitz und versuchte die Schmerzen zu unterdrücken. Er hatte alle Mühe die Maschine ruhig zu halten. Sie flogen nicht sehr hoch, denn er sagte, er sei sich nicht sicher, es bis zum Meer zu schaffen. Doch er schaffte es. Schon von Weitem sahen sie Magerøya. An der nördlichen Spi t ze dieser Insel befand sich das Nordkap. Unter ihnen lagen zerfallene Hü t ten. Orte wie Honnigsvåg gab es hier einmal. Von dort aus führte ein Tu n nel bis zum Festland. Ob er noch existierte, konnten sie nicht erkennen.
    Es war wie ein Wunder, der Sprit reichte genau bis zum Felsplateau des Nor d kaps. Sie landeten unweit der zerfallenen Nordkapshallen. Dahinter b e fand sich der früher so berühmte Globus. Sein stählernes Skelett war verro s tet, über und über mit verblichenen und zerfetzten Aufklebern aus aller Welt beklebt. Sie schleppten sich bis zu seinem Sockel. Kenny war am Ende. Maggan hielt ihn in ihren Armen. Er hatte die Augen geschlossen, doch auf seinem zerschundenen Gesicht spiegelte sich die Erleichterung darüber wider, dass sie entkommen w a ren.
    Svenja ging zum Geländer, dem nördlichsten Punkt Europas, und sah in das dreihundert Meter unter ihr liegende Eismeer. Der Wind pfiff kalt und schneidend. Von Norden her zogen Wolken auf. Sie schwebten tief unten über der Wasseroberfläche. Als die Wolken den Felsen erreichten, wurden sie nach oben gesogen und hüllten die drei in ka l ten Nebel.
    Kenny blickte die beiden Frauen neben sich an. Er konnte sie kaum unterscheiden. Es war wie ein Wunder. Jetzt sahen sie sich wirklich ähnlich, wie Spi e gelbilder.
    „Ich habe das Meer gesehen und ich stand auf einem hohen Berg. Du hast all deine Versprechen g e halten, Maggan. Danke“, sagte Svenja und setzte sich zu Maggan und Kenny an den Betonsockel des Globus.
    „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, gestand Maggan ihr.
    „Das macht nichts. Du bist nicht für mich oder mein Leben verantwortlich“, entgegnete Svenja selbstbewusst. Maggan fühlte sich aber verantwor t lich und sie wusste, dass sie versagt hatte. Sie würden hier sitzen und ste r ben.
    Die Wolken, die hinter dem Felsen aufstiegen, wurden kleiner. Der Blick auf die weite See war wieder frei. Kein Vogel, nicht einmal die allgegenwärtigen M ö wen, war zu sehen oder zu hören. Es war totenstill. Im Norden glaubten sie fast einige Eisberge zu erkennen. Doch es konnten auch Wo l kenfetzen sein, die dicht über dem Wasser trieben, denn der Nordpol war noch zweita u send Kilometer entfernt. Plötzlich öffnete Kenny die Augen und starrte nach Süden.
    „Sie kommen“, flüsterte er.
    Maggan und Svenja konnten weder etwas sehen noch etwas hören. Maggan befürchtete, dass er im Fieberwahn fant a sierte, als sie plötzlich zwei kleine Punkte über den schneebedeckten Hügeln der Insel erkannte. Dann vernahm sie auch das Geräusch. Es waren die Transporthubschra u ber.
    „Maggan“, sagte sie und packte ihr Spiegelbild an den Schultern. „Du musst leben! Hörst du? Maggan! Maggan!“ Sie schrie es.
    Ihr Pendant sah sie entsetzt und mit Unverständnis an. Sie rüttelte an ihren Schultern. Dann stieß sie sich von ihr ab und rannte zum Aussichtpunkt. Die Punkte am südlichen Himmel wurden größer und das Geräusch der Rotoren ohrenbetäubend. Dann landeten sie hinter den Nordkapshallen. Kenny blickte Maggan an, dann die Pistole und sein Blick verriet seine schrecklichen Gedanken. Er erwog, dass sie sich mit den letzten Kugeln selbst töten könnten.
     
    Maggans Vater stand plötzlich vor ihnen und sagte:
    „Es ist vorbei.“ Sie star r ten ihn fassungslos an, glaubten es ihm jedoch, denn er schien wieder alles im Griff zu haben. Eine Menge Männer mit Gewehren stand bedrohlich um sie he r um. Auch Bill war dabei.
    „Wo ist ...?“, fragte Rune Svenson. Doch er brachte es nicht fertig, sein ES Svenja zu nennen und somit zugeben zu müssen, dass sie ein ganz normaler Mensch war, über den er nicht einfach verfügen konnte. Die junge Frau an Kennys Seite zeigte nach Norden zum
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