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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman
Autoren: Konrad Hansen
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erfragten, bedachten sie die Antwort meist mit einem spöttischen Lächeln. Schließlich kaufte einer der Männer einen kräftigen Jüngling für die Hälfte dessen, was sein Besitzer anfangs verlangt hatte. Und als sich Vagn mit seinem Sklaven, der kaum eines Blickes gewürdigt worden war, schon auf den Heimweg machen wollte, fand sich auch für Björn ein Käufer.
    Er war von gedrungener Gestalt; über seinem kugelförmigen Bauch spannte sich ein abgewetzter Kittel. Sein Kopf war fast kahl, nur hinter den Ohren hingen einige sorgfältig geflochtene Haarsträhnen. Er sah nicht aus wie einer, mit dem ein gutes Geschäft zu machen war. Doch Vagn begegnete ihm mit Achtungund sprach zu ihm in Wendungen, die unter seinesgleichen nicht üblich waren.
    »Ich preise meinen Sklaven nicht an, denn wie Swain selber sieht, ist er schwächlich und viel zu klein für sein Alter«, sagte Vagn. »Wenn Swain ihn aber trotzdem haben will, soll das Geschäft am Preis nicht scheitern.«
    »Wie heißt du?« fragte der Mann, der Swain hieß.
    Björn sagte ihm seinen Namen und daß er Bosis Sohn sei.
    »Ich nenne ihn Hasenscharte«, warf Vagn beflissen ein. »Und Swain wird mir zustimmen, daß ein Sklave nicht den Namen eines freien Mannes tragen sollte.«
    »Ich gebe dir eine Mark Silber für ihn«, sagte Swain, nachdem er nachdenklich eine seiner Haarsträhnen gezwirbelt hatte.
    »Könnte Swain möglicherweise noch einen Kamm dazulegen?« fragte Vagn, ohne sich, wie es schien, Hoffnung auf eine zustimmende Antwort zu machen. »Es fiele mir dann leichter, mich von diesem zwar kleinwüchsigen, ansonsten aber ganz brauchbaren Sklaven zu trennen.«
    »Ich bin kein Händler, wie du weißt«, entgegnete Swain. Er wog eine Mark Silber ab und legte die Münzen in Vagns bereitwillig dargebotene Rechte.
    »Einem anderen hätte ich mehr abverlangt«, sagte Vagn. »Wie ich Swain kenne, wird er das zu würdigen wissen.«
    Darauf erwiderte Swain nichts. Er band Björn die Hände los und ging davon.
    Vagn sagte: »Ich bin dir vielleicht kein guter Herr gewesen, aber glaub mir, es gibt schlechtere als mich, und wie du es bei Swain haben wirst, bleibt abzuwarten.« Björn sah Vagn an, bis dieser den Blick senkte. Dann folgte er seinem neuen Herrn, der, ohne sich nach ihm umzublicken, auf sein Haus zuging. Es lag in jenem Teil der Stadt, wo die Handwerker wohnten, und war in drei Räume unterteilt, von denen der größte als Werkstatt diente.
    Swain war Kammacher. Wie Björn bald erfahren sollte, genoß er als solcher ein Ansehen, das sich mit dem der Silberschmiede,Bootsbauer und Holzschnitzer messen konnte. Seine kunstvoll verzierten Kämme hatten ihn weithin berühmt gemacht, und es wurde erzählt, daß Bischof Horath sich seine Pfründe nur dadurch zu erhalten wußte, daß er der Kaiserin zu jedem Namenstag eine von Swain angefertigte Haarnadel überreichen ließ.
    An den Wänden seiner Werkstatt hingen Hirschgeweihe und Tierknochen, aus denen er Kämme und Haarnadeln, aber auch Messergriffe, Würfel und Spielsteine schnitzte. Diese Arbeit verrichtete Swain ganz allein, obwohl seine Einkünfte es ihm erlaubt hätten, sich mehrere Gehilfen zu halten. Doch Swain liebte es zwar, Geld einzunehmen, gab es aber ungern wieder her. Es hieß, daß er wahre Schätze an Gold- und Silbermünzen unter dem Holzfußboden seiner Werkstatt horte und daß ihr Anblick ihm größere Freude bereite als ein Lob aus königlichem Mund. Doch Swain kümmerte sich nicht darum, was die Leute über ihn sagten. Er saß von Sonnenaufgang bis zum Dunkelwerden in seiner Werkstatt, immer mit demselben Kittel bekleidet, in dem er auch schlief und auf den Markt ging, er aß trockenes Brot und trank etwas Bier dazu, er wusch sich selten das Gesicht und seinen Körper nie - aber seine Kämme schmückten die Häupter von Königinnen.
    Seit Swains Frau Gerlög ihn wegen seines Geizes verlassen hatte und zu einem Fischer gezogen war, lebte Swain mit einer Sklavin zusammen, die er Nanna rief, weil er sich ihren wirklichen Namen weder merken noch ihn aussprechen konnte. Nanna hatte langes schwarzes Haar, das im Sonnenlicht bläulich schimmerte, und Augen, die Björn von unergründlicher Tiefe zu sein schienen. Sie war so schön, daß Björn erschrak, als er sie zum ersten Mal sah, und auch späterhin überlief ihn manchmal ein Zittern, wenn sie unversehens vor ihm stand. Björn sollte noch vielen schönen Frauen begegnen, aber es war keine unter ihnen, deren Schönheit die Erinnerung an Nanna
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