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Die Macht des Schmetterlings

Die Macht des Schmetterlings

Titel: Die Macht des Schmetterlings
Autoren: Matt Dickinson
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Stressreaktion breitete sich in ihm aus   – allzu schnell überwältigte der Schock seiner knappen Errettung das kleine Tier. Es fing an, wild zu zittern, während sein Herz in eine Tachykardie verfiel.
    Das Kaninchen hielt inne, kroch unter ein paar niedrig hängenden Gewächsen in Deckung und lag schwer atmend da, während das Geräusch der dahinjagenden Kreaturen und ihrer Reiter langsam verklang.
    Es verspürte einen Schmerz in der Flanke. Versuchsweise leckte es sich über das Fell und schmeckte Blut. Plötzlich bewegten sich die Zweige über ihm, als ein Windstoß durch die Bäume fuhr. Das Geraschel versetzte es in Angst, und so brach es von Neuem aus der Deckung hervor und hüpfte kopflos einenzufällig gewählten Pfad entlang in den dunklen Wald. Nichts wünschte es sich mehr, als die einladenden Gänge wiederzufinden, die seine Heimat waren.
    Schon bald hatte es sich hoffnungslos verlaufen und bewegte sich unaufhörlich weiter in die falsche Richtung. Seine Orientierungslosigkeit war nicht überraschend, denn das neugeborene Wesen besaß ja noch keine Erfahrung mit der Außenwelt, aus der es hätte schöpfen können. Alles, was es je gekannt hatte, waren die erdigen Umarmungen der Tunnel, in denen es geboren worden war. Die Welt war für das junge Kaninchen ein großes, grelles, befremdliches Geheimnis, und seine erste Begegnung mit ihr war zum feindseligen Zusammenstoß geworden, der beinahe mit seinem gewaltsamen Tod geendet hätte.
    Kein Wunder, dass das arme Geschöpf vollkommen die Nerven verlor.

6
    Moorend-Rennstrecke, Wiltshire, Vereinigtes Königreich
    »Es gefällt mir nicht, wie dieses Vorderbein aussieht.« Gary wies auf Mazarine Towns rechtes Bein. »Sie benutzt bevorzugt das rechte.«
    Keiron rannte noch einmal mit ihr und achtete dabei sorgsam auf jegliches Anzeichen eines Hinkens. Ein- oder zweimal hatte er den Eindruck, gesehen zu haben, wovon Gary sprach, doch gleich darauf legte das Pferd ein paar weichere Schritte ein und wirkte gesund.
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Du lässt sie besser vom Tierarzt untersuchen, wenn wir zurück auf dem Hof sind.«
    Keiron stieg auf die Stute und strich ihr mit der Hand über den Hals, um sie zu beruhigen.
    »Lass uns das mal lieber vergessen. Was keiner weiß, macht keinen heiß, okay?«
    »Du musst dem Boss von dem Sturz erzählen.«
    Keiron wusste, dass Gary recht hatte. Mazarine Town war ein höllisch wertvolles Pferd, und bei Verletzungen wusste man nieso genau. Wenn sich bei der Stute im Laufe des Tages ein Problem zeigte und herauskam, dass er es versäumt hatte, ihrem Besitzer von dem Fall zu erzählen, dann bekäme Keiron im günstigsten Fall einen Wochenlohn abgezogen. Und außerdem sollte er bei dem Rennen um zwölf Uhr dreißig in Newbury mit ihr antreten.
    »Also schön, wir erzählen es dem Boss. Aber du bestätigst meine Aussage wegen des Kaninchens, okay?«
    »Natürlich, ich hab’s ja glasklar vor mir gesehen.«
    Die beiden Jockeys ritten zum Hof zurück und erzählten dem Besitzer Mike Sampson von dem Sturz. Sampson, der sichtlich wenig begeistert von der Nachricht war, griff unverzüglich zu seinem Handy und verständigte den ortsansässigen Tierarzt, der auf Verletzungen bei Rennpferden spezialisiert war.
    »Morgen, Howard«, knurrte der Rennstallbesitzer. »Besteht die Chance, dass du kurz rüber zum Hof kommen könntest?«
    »Was gibt’s denn für Probleme?«
    »Einer dieser verdammten Idioten von Jockeys hat Mazarine Town zu Fall gebracht, und sie soll nachher noch in Newbury starten. Ich muss sie also so schnell wie möglich untersuchen lassen.«
    »Bin schon auf dem Weg«, versprach ihm der Tierarzt. »In zehn Minuten bin ich bei dir.«

7
    Gipfelkamm des Mount Everest, Nepal
    In exakt demselben Moment, sechs Zeitzonen weit entfernt, auf den tödlichen Hängen der Nordseite des Mount Everest, erkämpfte sich ein achtzehnjähriges japanisches Mädchen namens Kuni Hayashi seinen Weg durch den tiefen Schnee, dem höchsten Punkt der Erde entgegen.
    Diese begabte junge Bergsteigerin kannte die Risiken, auf die sie sich hier einließ. Sie wusste nur allzu gut, dass eine Lawine, der Zusammenbruch eines Gletscher-Séracs oder ein plötzlicher heftiger Sturm ihr das Leben rauben konnte.
    Die Vorstellung, etwas, das außerhalb ihrer direkten Umgebung lag, könne sich verheerend auf ihr Leben auswirken, gehörte jedoch nicht zu den Dingen, über die sie sonderlich viel nachgedacht hatte. Hier, beim Alleinaufstieg in der
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