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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman
Autoren: DeVa Gantt
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sie ins Bett. Als sie anschließend in den Salon zurückkehrte, stand Rose auf und verkündete, dass sie sich ebenfalls zurückziehen wolle.
    Zum ersten Mal in dieser Woche war Charmaine mit Paul allein. Ihre Anspannung war fühlbar – eine seltsame Mischung aus Erregung, Furcht und Widerstreben. Vom Sofa aus sah sie zu, wie er im Feuer stocherte und die Glut seinen männlichen Körper beleuchtete, und als er sich hinhockte, um die Scheite tiefer ins Feuer zu schieben, bewunderte sie das Muskelspiel an seinen Schenkeln. Im orangefarbenen Licht sah er besser aus denn je. Gleich darauf stand er auf und füllte an einem Seitentisch zwei Gläser mit Wein.
    Mit angehaltenem Atem reichte er Charmaine ihr Glas. An diesem Abend sah sie einfach hinreißend aus. Es war Monate her, seit er sie geküsst hatte, und der Wunsch nach einer Wiederholung wurde übermächtig.
    Charmaine errötete, als er sich neben sie setzte und den Arm auf die Rückenlehne legte. Er war ihr so nahe, dass sie die Wärme seines Körpers spürte. »Danke, aber ich trinke nicht«, sagte sie und drehte das Glas in den Fingern.
    »Versuchen Sie es. Der Wein ist ausgezeichnet. Außerdem wirkt er beruhigend.«
    »Nun gut.« Sie schlürfte einen kleinen Schluck und spürte, wie der Wein warm und weich durch ihre Kehle rann.
    »Hat Ihnen unser kleiner Ausflug denn gefallen?«
    »Sehr sogar. Ich bin ehrlich beeindruckt. Jetzt weiß ich endlich, was Sie die vielen Monate über gemacht haben.«
    »Es bleibt noch eine Menge zu tun, bis Espoir auf eigenen Füßen stehen kann.«
    »Dank Ihres Fleißes und Ihrer Umsicht wird Ihnen das sicher gelingen.«
    »Das hoffe ich. Schließlich hat mich die Arbeit auch von wichtigen Dingen abgehalten.«
    Sie merkte, wie eindringlich er sie ansah. »Das werden Sie alles nachholen«, sagte sie rasch, um das Thema zu beenden.
    »Ich werde es versuchen.« Zart fuhr seine Hand über ihre Wange, fand ihr Kinn und drückte ihren Kopf ein wenig nach hinten. Gleichzeitig beugte er sich über sie, bis seine Lippen die ihren berührten. »Sie sind so wunderschön, Charmaine Ryan«, murmelte er dicht an ihrem Mund, »und unser Kuss ist endlos lange her. Ich fürchtete schon, dass diese Woche ohne eine neue Gelegenheit vorübergehen könnte.«
    Sein Kuss wurde heftiger, und sein Arm rutschte auf ihre Schulter. Die Sekunden dehnten sich, während seine Hand aufreizend langsam über ihr Haar strich und dann über ihre Schulter bis auf ihren Schenkel glitt. Charmaine fühlte sich begehrt, doch je mehr die Spannung wuchs, desto größer wurde ihr Widerstreben. Schließlich drückte sie ihre Hände gegen seine Brust und entzog sich ihm.
    Forschend sah er auf sie hinunter. »Ist alles in Ordnung?«
    »Aber ja, natürlich.« Sie stand auf und trat an den Kamin. Die Situation war sehr gefährlich.
    Er folgte ihr. »In den letzten beiden Monaten waren Sie sehr unglücklich, nicht wahr, Charmaine. Ich hoffe nur, dass ich Sie ein wenig trösten konnte.«
    Sie wandte sich ihm zu. »Genau das haben Sie getan. Sie waren mir eine große Hilfe, Paul. Ein wirklich guter Freund. Das weiß ich zu schätzen.«
    »Geht es Ihnen denn inzwischen besser?«, fragte er, obwohl ihm der »gute Freund« nicht unbedingt behagte.
    Sie lächelte. »An manchen Tagen schon. In dieser Woche, zum Beispiel.«
    Das Schweigen schien sich endlos hinzuziehen.
    »Was wünschen Sie sich eigentlich, Charmaine?«
    »Was ich mir wünsche?« Verblüfft wiederholte sie die unerwartete Frage.
    »Ja – für Ihre Zukunft, Ihr Leben?«
    War das nur eine unverbindliche Frage, oder wollte er wissen, was sie für ihn empfand? Ganz tief in ihrem Inneren ahnte sie die Antwort. Aber sie war nur schwach zu hören und außerdem viel zu beängstigend, ja, absolut unmöglich , um überhaupt bedacht zu werden.
    »Vor sechs Monaten hätte ich die Antwort gewusst, aber heute weiß ich sie nicht mehr.« Sie hielt einen Moment lang inne und drehte dann die Frage um. »Und was wollen Sie , Paul? Und sagen Sie jetzt nicht, mich.«
    »Und wenn ich sagte, dass ich Sie will?«
    »Ich würde mich geschmeichelt fühlen …«
    »Aber?«
    »Was bedeutet das? Was genau meinen Sie damit?«
    »Es bedeutet, dass ich Sie an meiner Seite haben, dass ich Sie lieben möchte.«
    »Heißt das, dass Sie mich heiraten wollen?«
    Sein Lächeln erlosch, und merkwürdigerweise war sie erleichtert. »Was macht das schon?« Sie lachte fröhlich, um ihm über die Peinlichkeit hinwegzuhelfen. »Es kommt sowieso nicht infrage.
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