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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine
Autoren: Greg Bear
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vertraut.
    »Die Wohnung wurde gereinigt und mit den Möbeln ausgestattet, an die du gewöhnt bist. Du kannst sie jederzeit gegen etwas anderes eintauschen. Aber du mußt damit warten, bis du von den Medorobots untersucht worden bist. Du bist zur Arbeit in diesem Appartement eingeteilt worden.« Thinner zeigte ihm eine weißgekachelte und mit einer Edelstahlspüle eingerichtete Küche, die über eine Nahrungsmittelausgabe und die wichtigsten Haushaltsgeräte verfügte. »Essen erhältst du hier. Es gibt genügend Küchengeräte, um die gelieferte Nahrung individuell zuzubereiten. Die Sanitäreinrichtungen befinden sich hier; sie sind selbstreferentiell…«
    »Sie sprechen?«
    »Nein. Das heißt, daß ihre Benutzung eigentlich offensichtlich sein sollte. Nur sehr wenige Geräte in der Stadt können sprechen.«
    »Uns wurde gesagt, daß die Städte akustisch gesteuert werden.«
    »Nur von den wenigsten Einwohnern. Die Stadt selbst reagiert nicht. Nur bestimmte Einheiten, die anders sind als ich – als diese Stadt noch von Menschen bewohnt war, gab es hier keine Cyborgs. Die wurden erst später entwickelt. Ich werde es dir noch erklären. Ich bin sicher, daß du eher den Umgang mit Büchern und Papierrollen gewohnt bist als die Handhabung von Tonbändern oder Videos. Deshalb habe ich dir ein paar Ausdrucke in diese Regale gestellt. Dort drüben…«
    »Scheint so, als ob ich mich für längere Zeit hier einrichten könnte.«
    »Störe dich nicht an der Einrichtung. Sie mag für deine Begriffe wohl futuristisch sein, aber sicherlich nicht nach den Standards von Mandala. Diese Appartements waren früher für Jünger der asketischen Lebensart reserviert. Falls du während meiner Abwesenheit eine Frage haben solltest, wende dich an das Datensichtgerät. Es ist mit demselben Server verbunden wie ich.«
    »Ich habe von den Stadtbibliotheken gehört. Bist du ein Teil von ihnen?«
    »Nein. Wie ich dir bereits gesagt habe, bin ich ein Teil des Architekten. Du solltest die Bibliotheken zunächst einmal meiden. Im übrigen solltest du dich in den nächsten Tagen auch in der Nähe deiner Unterkunft aufhalten. Zu viel, zu schnell – du weißt schon. Frage den Computer, und er wird dir einen sicheren Radius vorgeben. Bedenke, du bist hier hilfloser als ein Kind. Mandala ist zwar kein Hort der Gefahren, aber die Stadt birgt zumindest Risiken.«
    »Was soll ich tun, falls das Mädchen mich besucht?«
    »Rechnest du denn damit?«
    »Sie hat mir ein Ständchen gebracht, glaube ich. Aber sie wollte sich mir nicht direkt zeigen. Sie muß einsam sein.«
    »Das ist sie.« In Thinners Stimme schwang mehr mit als nur eine Tonlage kalkulierter Effizienz. »Sie hat eine Menge Fragen über dich gestellt, und sie hat die Wahrheit erfahren. Aber sie lebt schon so lange allein, daß du zunächst nicht zuviel erwarten solltest.«
    »Ich bin verwirrt«, gestand Jeshua.
    »In deinem Fall ist das eine ganz normale Reaktion. Entspanne dich eine Weile; belaste dich nicht mit Dingen, auf die du ohnehin keinen Einfluß hast.«
    Thinner beendete die Einweisung in das Appartement und verließ dann das Quartier. Jeshua ging durch die Tür und trat auf die Terrasse oberhalb des Gehwegs. Das Licht der synchronen künstlichen Monde von Gott-der- Schlachtenlenker ließ den entfernten, schneebedeckten Arat wie matten Stahl schimmern. Jeshua betrachtete die Monde mit einem völlig neuen Verständnis. Die Menschen hatten sie aus dem Orbit einer anderen Welt geholt, um die Nächte von Gott-der- Schlachtenlenker zu verschönern. Der Gedanke war schier unglaublich. Dort hatten vor tausend Jahren Menschen gelebt. Was mochte ihnen wohl widerfahren sein, als die Städte ihre Bewohner verjagt hatten? Hatten die lunaren Städte das gleiche getan wie die Städte von Gott-der- Schlachtenlenker?
    Mit dem Gefühl der Scham und Primitivität kniete er sich für einen Moment hin und bat Gott um Hilfe. Er war nämlich nicht davon überzeugt, daß seine Verwirrung so normal war.
    Er nahm ein Mahl zu sich, das in dem Maße, wie die amateurhaften Instruktionen es zuließen, der schlichten Kost von Bethel-Japhet nahekam. Dann inspizierte er das Bett, schlug die Decken zurück – der Raum war warm genug – und schlief ein.
     
    Einst, vor langer Zeit, wenn seine frühesten Kindheitserinnerungen nicht trogen, hatte man ihn von Bethel-Japhet zu einer Kommunion in den Hügeln von Kebal mitgenommen. Das war Jahre vor der Zeit gewesen, als das Synedrium die gesetzliche Trennung zwischen
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