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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine
Autoren: Greg Bear
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verstand nicht viel von Computern – das Handelskontor in Bethel-Japhet verfügte noch über ein antikes Notebook, das während des Exodus aus einer Stadt entwendet worden war. Die Rechner in Mandala waren zwar größer und primitiver, aber als solche zu identifizieren. Er stieß auf ein komplettes Rechenzentrum. Die Geräte hatten sich aufgrund der jahrhundertelangen Vernachlässigung deformiert, ihre Kunststoff- und dünnen Metallteile flossen. Er fragte sich, ob es überhaupt noch gebrauchsfähige Komponenten gab.
    Die meisten Räume der untersten Ebene wiesen die türkisfarbene Tönung auf. Diese Uniformität verstärkte Jeshuas Verwirrung, aber nach einer mehrstündigen Wanderung hatte er das Leitsystem identifiziert. Obwohl weder schriftliche Hinweise, Ideogramme oder Karten existierten, ermittelte er, daß ein Linkskurs ins Zentrum und ein Rechtskurs an die Peripherie führte. Ein vor zehn Jahrhunderten lebender Mandaler hätte die Organisation jeder Ebene in der Schule gelernt und sich vielleicht mit Hilfe von tragbaren Wegweisern oder Signalgebern orientieren können. Irgendwo, so wußte er, mußte sich ein zentrales Aufzugssystem befinden.
    Er folgte allen nach links abbiegenden Korridoren. Er vermied offenkundige Sackgassen und erreichte bald die Basis eines Schachtes. Der Korridor war in changierenden Grün- und Blautönen gefliest, die sich unter seinen Füßen wie ein kryptisches Chronometer vorwärtsbewegten und ineinanderflossen. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute zum Mittelpunkt von Mandala empor. Hoch oben sah er einen bläulichen Kreis, die einsetzende Abenddämmerung. Wind strich pfeifend den Schacht herunter.
    Von oben hörte Jeshua ein schwaches Summen. Ein Fleck blendete einen Teil des Tageslichts aus und wurde zusehends größer, wobei er wie ein herunterfallendes Blatt rotierte. Es war geflügelt, hatte einen dicken Rumpf für Passagiere und einen Insektenkopf in der Art der Libellen-Stützpfeiler, welche für die Belüftung von Mandalas Außenbezirken zuständig waren. Das Gerät verlangsamte die Sinkgeschwindigkeit, richtete die Nase auf und kam vor ihm zum Stillstand, noch immer ein paar Fuß über dem Boden schwebend. Die Unterseiten der starren, transparenten Flügel reflektierten die changierenden Farbtöne des Bodens.
    Dann sah er, daß der Boden ein festes Muster annahm, wie ein fertiggestelltes Puzzle. Er bildete ein mosaikartiges Triskelion aus, ein dreiflügeliges Symbol mit roter Umrandung.
    Der Gleiter wartete auf ihn. Im Heckabschnitt war Platz für mindestens fünf Personen. Er setzte sich auf den Vordersitz. Das Fahrzeug setzte sich ruckend in Bewegung. Der Insektenkopf neigte sich nach hinten, schwenkte zur Seite und inspizierte den Schacht. Metallische Antennen fuhren aus der Vorderseite des Rumpfes aus. Ein leises Klingeln durchdrang die Luft. Und dann erhob er sich in die Luft.
    In einiger Höhe über dem Boden verringerte der Gleiter das Tempo und dockte schließlich an einer Galerie an. Jeshuas Herz raste, als er über das schwarze Geländer nach unten schaute, eine Distanz von annähernd tausend Fuß bis zur Schachtsohle.
    »Hier entlang, bitte.«
    Er wandte sich in der Erwartung um, Thinner wiederzusehen. Statt dessen wurde er von einem Gerät in der Art eines mobilen Kleiderständers erwartet, an dessen dürrem Hals ein primitiver Vibrationslautsprecher montiert war und dessen Körper aus einer Stange bestand, an deren Ende sich drei Beine wie die Vorderläufe eines Mantis anschlossen. Er folgte dem Teil.
    Durch über ihm verlaufende transparente Röhren wurden wie durch Arterien blubbernde Flüssigkeiten gepumpt. Er fragte sich, ob in der Vergangenheit aufsässige Bürger die Lebensadern einer Stadt durch die Zerstörung solcher Röhren hatten kappen können – oder ob es sich hierbei lediglich um Ornamente handelte, die tiefgründigere Aktivitäten symbolisierten. Der Kleiderständer bewegte sich klackernd vor ihm her, verhielt dann vor einer geschlossenen sechseckigen Tür und klopfte mit seinem runden Kopf gegen eine Metallplatte. Die Tür öffnete sich. »Eintreten.«
    Jeshua folgte der Instruktion. Der große Raum wurde von endlosen Gängen durchzogen, in denen Tausende von Konstrukten wie Thinner in Regalen aufgereiht waren. Manche waren unvollständig, wobei ihre maschinellen Innereien und abgeklemmten organischen Anschlüsse schlaff von Rümpfen, handlosen Armen und kopflosen Hälsen herabhingen. Einige wiesen klaffende Risse, gebrochene
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