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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2
Autoren: Aufbau
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abgelöst worden, ganz einfach zu bleiben. Oder schlichtweg von der Angst zu gehen.
    Bevor die Meldungen über John Smith in den Nachrichten erschienen und ich Adelina davon erzählte, haben wir zuletzt vor ein paar Monaten über unsere Mission gesprochen. Im September hatte ich ihr meine dritte Narbe gezeigt – das dritte Signal, das uns den Tod eines weiteren Garden verkündete unduns einen Schritt näher an den Punkt brachte, selbst von den Mogadori gejagt und getötet zu werden. Sie hatte so reagiert, als sei nichts geschehen. Als ob wir beide nicht wüssten, was die Zeichen bedeuteten. Und als ich ihr von John erzählte, verdrehte sie nur die Augen und riet mir, nicht länger an Märchen zu glauben.
    »En el nombre del Padre, y del Hijo, y del Espíritu Santo. Amen«, murmeln sie und beim letzten Wort bekreuzigen sich alle in der Kirche, so wie ich es selbst der Wahrung des Scheins halber tue: Stirn, Nabel, linke Schulter, rechte Schulter.
    Ich hatte geschlafen und davon geträumt, mit ausgestreckten Armen einen Berg hinunterzulaufen, so als ob ich jeden Moment losfliegen würde. Dann aber war ich von dem stechenden Schmerz und dem Aufglühen der dritten Narbe erwacht, die sich an meinem Knöchel bildete. Das Licht hatte ein paar der Mädchen geweckt, aber Gott sei Dank nicht die Aufmerksamkeit der Schwestern erregt. Die Mädchen dachten, ich hätte eine Taschenlampe und eine Zeitschrift unter der Bettdecke und würde das Gebot der nächtlichen Ruhe missachten. Vom Bett nebenan hatte Elena – ein stilles sechzehnjähriges Mädchen mit pechschwarzem Haar, das es sich beim Sprechen oft in den Mund steckt – mich mit einem Kissen beworfen. Meine Wunde hatte Blasen geworfen und der Schmerz war so intensiv gewesen, dass ich auf den Zipfel meiner Bettdecke beißen musste, um ruhig zu bleiben. Ich konnte mir nicht helfen und weinte, weil irgendwo da draußen Nummer Drei sein oder ihr Leben verloren hatte. Jetzt waren noch sechs von uns übrig.
    Heute Abend verlasse ich die Kirche in Reih und Glied mit den anderen Mädchen und trotte auf die Schlafräume zu, die mit knarrenden, in gleichmäßigem Abstand voneinander aufgestellten Betten bestückt sind. Doch in meinem Kopf verfolge ich einen Plan.
    Zum Ausgleich für die harten Betten und die eisigen Fußböden in jedem Raum sind die Bettlaken weich und die Bettdecken schwer. Der einzige Luxus, der uns zugestanden wird. Mein Bett steht in der hinteren Ecke, am weitesten von der Tür entfernt. Es ist der am meisten begehrte Platz, dort ist es ruhig. Lange hat es gedauert, ihn mir zu erkämpfen. Mit jedem Mädchen, das das Kloster verließ, konnte ich ein Bett weiter vorrücken.
    Nachdem nun alle im Bett liegen, sind die Lichter ausgeschaltet. Ich liege auf dem Rücken und starre auf die gezackte Verzierung der hohen Decke. Ein gelegentliches Flüstern durchbricht die Stille, doch wer immer es verursacht, wird von der diensthabenden Schwester sogleich zur Ruhe ermahnt. Ich halte meine Augen offen und warte ungeduldig darauf, dass alle einschlafen. Nach einer halben Stunde ist das letzte Flüstern erstorben und von den sanften Geräuschen des Schlafs abgelöst worden. Aber noch wage ich es nicht. Zu früh.
    Weitere fünfzehn Minuten vergehen ohne ein auffälliges Geräusch. Dann kann ich es nicht mehr aushalten.
    Ich halte den Atem an und schiebe meine Beine ein paar Zentimeter über die Bettkante, während ich auf den Rhythmus von Elenas Atemzügen neben mir lausche. Bei der Berührung des eisigen Bodens werden meine Füße sofort kalt. Ich stehe langsam auf, um das Quietschen des Betts zu vermeiden, und schleiche mich dann auf Zehenspitzen quer durch den Raum. Dabei lasse ich mir Zeit und achte sorgfältig darauf, nicht gegen eines der Betten zu stoßen. Ich erreiche die offene Tür, haste in den Flur und laufe hinunter zum Computerraum. Dort nehme ich mir einen Stuhl und schalte den Computer ein.
    Nervös hin- und herzappelnd warte ich darauf, dass der Computer hochfährt. Dabei werfe ich immer wieder einen Blick in Richtung Flur, um mich zu vergewissern, dass mir niemandgefolgt ist. Endlich kann ich die Internet-Adresse eingeben. Der Bildschirm wird weiß. Dann tauchen in der Mitte der Seite zwei Bilder auf, umgeben von Text und einer Überschrift in schwarzen Großbuchstaben, die zu unscharf sind, um sie lesen zu können. Mittlerweile sind es also zwei Bilder. Ich frage mich, was inzwischen geschehen ist, seitdem ich zuletzt versucht habe, die Seite aufzurufen. Und
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