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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2
Autoren: Aufbau
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konnte. Nachdem man dem Ereignis zunächst keine große Beachtung geschenkt hatte, verursachte das plötzliche Verschwinden des Jungen viel Unruhe in der Region. Der Junge wurde gejagt. So weit ich weiß, wurde er nicht gefunden.
    Dann, vor ein paar Monaten, gab es Berichte über ein Mädchen in Argentinien, das nach einem Erdbeben einen fünf Tonnen schweren Betonblock angehoben hatte, um einen darunter eingepferchten Mann zu retten; als sich die Berichte über diese Heldentat vermehrten, verschwand das Mädchen. Wie der Junge in Indien wird auch es noch immer gesucht.
    Dazu all die Nachrichten über dieses Vater-Sohn-Gespann aus Ohio, das jetzt von der Polizei gesucht wird, nachdem diebeiden angeblich ein ganzes Schulgebäude aus eigener Kraft zerstört und dabei fünf Menschen getötet haben sollen. Auch von ihnen keine Spur, nur ein paar mysteriöse Aschehaufen blieben zurück.
    »Es sieht so aus, als hätte hier eine Schlacht stattgefunden. Anders kann ich mir das nicht erklären«, wurde der leitende Ermittlungsbeamte zitiert. »Aber unterschätzen Sie uns nicht. Wir werden der Sache auf den Grund gehen und Henri Smith und seinen Sohn John finden.«
    Vielleicht ist John Smith, wenn er denn so heißt, auch nur ein Junge mit viel Wut im Bauch, weil man ihn zu sehr herumgestoßen hat. Aber daran glaube ich nicht. Mein Herz pocht, wann immer ich ihn auf dem Bildschirm sehe. Ich werde von tiefer Verzweiflung ergriffen, die ich nicht erklären kann. Ich kann in meinen Knochen spüren, dass er einer von uns ist. Und ich weiß, dass ich ihn irgendwie finden muss.

2
    Ich lege meine Arme auf die kalte Fensterbank und sehe den Schneeflocken zu, die vom dunklen Himmel herabfallen und sich über den Abhang verteilen. Vereinzelte Pinien, Korkeichen und Buchen wachsen dort zwischen schroffen Felsformationen. Der Schnee hat den ganzen Tag nicht nachgelassen, und die Leute sagen, dass es auch die ganze Nacht durchschneien wird. Ich kann im Moment nicht viel weiter sehen als bis zum Rand des Dorfes im Norden – die Welt hat sich in einen weißen Dunstschleier aufgelöst. Wenn der Himmel klar ist, kann man tagsüber den blauen Schein des Golfs von Biskaya sehen. Aber nicht bei diesem Wetter, und ich frage mich, was wohl in all der weißen Unendlichkeit außerhalb meines Blickfelds lauert.
    Ich drehe mich um. In dem zugigen Raum mit den hohen Decken gibt es zwei Computer. Um sie benutzen zu können, müssen wir uns auf einer Liste eintragen und warten, bis wir an der Reihe sind. Am Abend dürfen wir zehn Minuten am Computer sitzen, wenn ihn nach uns noch jemand benutzen will, zwanzig Minuten, wenn keiner wartet. Die beiden Mädchen sitzen nun schon seit einer halben Stunde davor. Mein Geduldsfaden wird dünner. Das letzte Mal habe ich die Nachrichten gecheckt, als ich mich heute vor dem Frühstück kurz hierher geschlichen habe. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Neuigkeiten über John Smith. Und doch zittere ich förmlich vor Aufregung. Was mag in der Zwischenzeit geschehen sein? Nachdem die Geschichteerst einmal aufgetaucht war, gab es bisher jeden Tag eine neue Enthüllung.
    Santa Teresa ist ein Kloster, das auch ein Waisenhaus für Mädchen betreibt. Ich bin jetzt das älteste von siebenunddreißig Mädchen; eine Position, die ich seit sechs Monaten innehabe, nachdem die letzte junge Frau, die achtzehn wurde, aus dem Kloster verschwand. Mit achtzehn müssen wir uns entscheiden, ob wir uns ein selbstständiges Leben aufbauen oder eines unter den Fittichen der Kirche führen wollen. Von all den Mädchen, die volljährig wurden, ist nicht ein einziges geblieben. Ich kann es ihnen nicht verdenken.
    Der Geburtstag, den Adelina und ich uns bei unserer Ankunft für mich ausgedacht haben, wird in weniger als fünf Monaten sein. Dann werde auch ich achtzehn. Wie die anderen beabsichtige ich ebenfalls, dieses Gefängnis hinter mir zu lassen, unabhängig davon, ob Adelina mich begleitet oder nicht. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie mit mir kommt.
    Das Kloster wurde im Jahr 1510 aus Stein erbaut und ist viel zu groß für die wenigen, die hier leben. Die meisten Zimmer stehen leer. Die bewohnten Räume sind durchdrungen von einer feuchten, erdigen Atmosphäre und unsere Stimmen hallen von der Decke wider. Das Kloster ruht auf dem höchsten Berg oberhalb des Dorfes, dessen Namen es trägt und das sich tief unter den Gipfeln der Picos de Europa im nördlichen Spanien an die Felsen schmiegt.
    Wie das Kloster ist auch das Dorf aus
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