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Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei
Autoren: Hans Dominik
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gehörten.
    Ruhelos durchwanderte sie den Park und wußte selbst nicht, zum wievielten Male sie wieder an dem großen Eingangsportal vorüberkam.
    Eine Gestalt fesselte ihre Aufmerksamkeit. Sie sah einen Mann dem Gitter näher kommen. Nun unterschied sie Einzelheiten, erkannte die dunkle bronzefarbene Haut, dachte, das müsse wohl ein Inder sein. Und dann stand die Gestalt an dem Torflügel, der dem Druck seiner Hand nachgab, stand auf dem Parkweg dicht vor Diana Maitland und grüßte sie durch eine tiefe stumme Verbeugung nach indischer Sitte.
    Diana blickte in sein Antlitz, sah in den Glanz eines leuchtenden Augenpaares und fühlte, wie ihre Unrast einer wohltätigen Ruhe wich. Wohl eine Minute stand sie so vor ihm, die vornehme Lady, die Herrin von Maitland Castle, vor einem unbekannten braunen Mann, der ohne Erlaubnis in ihren Park kam… der… War denn das Tor nicht verschlossen? Sollte es nicht immer verschlossen gehalten werden?… Diana raffte sich zur Frage auf:
    »Was suchen Sie hier?«
    »Ich suche Jane Bursfeld.«
    In jähem Schreck zuckte Diana zusammen.
    »Was wollen Sie von Jane Bursfeld?«
    »Ich will ihr sagen, daß Silvester Bursfeld tot ist.«
    »Tot?… Silvester Bursfeld ist tot?«
    Ihre Blicke hingen wie gebannt an den glänzenden Augensternen des Inders. Was verbarg sich hinter dieser hohen Stirn?
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Soma Atma, Silvester Bursfelds Freund.«
    Langsam, schwerfällig wie die Perlen eines Rosenkranzes, fielen die Worte von den Lippen des Inders, und bei jedem Wort wich Diana einen Schritt weiter von dem Sprechenden zurück, hob abwehrend die Hände, als schreckte sie vor jedem neuen Wort, das Atma sprach.
    »Sie sind Soma Atma?… Einer von den dreien?«
    »Der Letzte!«
    »Der Letzte?«
    Schweigend neigte sich Atma, die Arme über der Brust gekreuzt.
    »Die anderen?… Wo sind sie?«
    »Tot!«
    »Tot… beide tot?… Auch Erik Truwor tot?«
    »Er frevelte und starb…«
    Mehr taumelnd als gehend erreichte Diana die nahe Bank. Sie hörte nicht das Signal des Autos, das ihren Mann brachte. Sie sah nicht, wie er den Wagen verließ. Sie sah nicht, wie er verwundert… erstaunt stehenblieb, wie Atma an seine Seite trat und beide auf dem Wege, der zum Schloß führte, hin und her gingen. Sie gewann die Herrschaft über ihre Stimme erst wieder, als der Ruf ihres Gatten ihr Ohr traf.
    »Diana!… Diana!«
    Hatte die Kunde von dem gewaltsamen sündigen Tod Erik Truwors Diana niedergeworfen, oder war es nur die Wucht aller dieser Ereignisse und Nachrichten, die so plötzlich auf sie einstürmten? Lord Horace wußte es nicht, aber er fühlte, daß die nächsten Minuten ihm völlige Klarheit darüber bringen mußten.
    Diana vernahm den Ruf, schrak auf und blickte mit verstörten Augen ihren Gatten an. Wie einen Unbekannten.
    »Horace!… Horace!«
    Das war der Ruf einer Seele aus tiefster Not.
    »Horace… du!… du!«
    Lord Maitland legte die Arme um Dianas Schultern. Er fühlte ihr Herz an seiner Brust in wilden Schlägen toben. Er fühlte, wie ihre Glieder zitterten und bebten.
    »Diana… was…«
    Behutsam und fürsorglich führte Lord Maitland Diana zu der Bank zurück. Er wollte sprechen und kam nicht dazu. Seine Frau hing an seinem Hals, umschlang ihn mit den Armen, als ob sie ihn erdrücken… als ob sie ihn nie wieder lassen wolle.
    Ein frohes Lachen kam in seine Augen.
    »Diana?« Halb Frage, halb Jubel lag in dem einen Wort. Er versuchte es, die Arme, die ihn so fest umschlungen hielten, sanft zu lösen, ihr Gesicht zu sich zu erheben. Sie widerstand ihm. Nur noch fester umschlangen ihre Arme seinen Nacken, nur noch enger Preßte sie ihr Herz an das seine.
    Und da wußte Lord Maitland: sie war sein und immer sein gewesen. Mit frohen Augen blickte er zu der strahlenden Morgensonne empor, Diana fest in den Armen.
    So saßen sie eng umschlungen, vergaßen die Welt um sich, vergaßen die Zeit, die rastlos verstrich. Bis der Sonnenglanz sich trübte, ein Schatten auf ihre leuchtenden Gestalten fiel. Der Schatten Atmas brachte sie in Raum und Zeit zurück.
    »Wo ist Jane Bursfeld?«
    Wie ein kaltes Wehen strich es über ihre glühenden Herzen.
    »Jane?« Diana sprang auf.
    »Arme Jane! Ich will euch zu ihr führen.«
    Langsam und zögernden Schrittes ging sie vor den beiden Männern nach der Blutbuche hin, bei der sie Jane wußte. Bei dem Klang der nahenden Schritte blickte Jane empor. Ihre Augen wanderten von dem einen zum anderen. Dann erkannte sie Atma, sprang auf und lief
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