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Die Macht der Drei

Titel: Die Macht der Drei
Autoren: Hans Dominik
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der Regierung zu halten. Der allzu Schlaue vergaß, daß es noch eine plutokratische Partei gab, die sich von ihm betrogen fühlte.
    Als Dr. Glossin, von einer Besprechung mit den Führern der Linken kommend, in seinem Wagen über den Broadway fuhr, fesselte seine Aufmerksamkeit das Abendblatt der New-Yorker Konservativen. Er sah auf der ersten Seite ein Porträt – sein Porträt – hörte, wie die Zeitungsboys die Schlagzeilen ausriefen: »Aus dem Vorleben unseres Außenministers!«
    Er ließ den Wagen halten, kaufte ein Blatt und hörte dabei ununterbrochen das Geschrei der Boys:
    »Ausländischer Agent!… Doppelspiel vom ersten Tage!… Englischer Abkunft!… Amerikanischer Staatsbürger!… Er verrät weiter!… Wen verrät er?… Das amerikanische Volk!«
    Die Zeitungsboys hatten ihn nach dem Bilde erkannt und machten sich den Spaß, ihm die einzelnen Überschriften des Artikels zuzuschreien, bis der Kraftwagen ihn außer Hörweite brachte. Auf der Fahrt nach dem Flugplatz hatte er Zeit, den Aufsatz ganz zu lesen. Den kleingedruckten Text zwischen den fetten Überschriften.
    Der Mann, der das geschrieben hatte, mußte ihn und sein ganzes Vorleben unheimlich genau kennen. Da war keiner seiner schlimmen Streiche vergessen, keine seiner Verrätereien und Meinungsänderungen ausgelassen. In schlichter Sprache legte der Verfasser das Treiben Glossins vom ersten Tage seiner politischen Tätigkeit bis zu seinem letzten Doppelspiel mit England dar. Er deckte den Artikel mit seinem vollen Namen. Der konservative Politiker MacClaß genoß auch in den Kreisen seiner Parteigegner allgemeine Achtung.
    Dr. Glossin verließ seinen Wagen auf dem Flugplatz. Was tun? Eine neue Revolution versuchen? Er verwarf den Gedanken so schnell, wie er ihm gekommen war. Jetzt gerade nach Washington und den anderen die eiserne Stirn gezeigt! Hatte er nicht allein die Revolution gemacht? Was waren die anderen ohne ihn? Nie hätten sie zur rechten Zeit losgeschlagen. Nie wäre es ihnen gelungen, zur Macht zu kommen! Ihm verdankten sie alles. Mit ihm mußten sie weiter durch dick und dünn gehen, wenn sie an der Macht bleiben wollten. Was hatte schließlich ein Zeitungsartikel im Wahlkampf zu bedeuten?
    Mit festen Schritten betrat er das Sitzungszimmer im Weißen Hause. Kühle Worte und kühle Mienen. Es war klar, daß der Artikel von MacClaß hier bereits bekannt war. Deshalb zog er das Blatt aus der Tasche und warf es auf den Tisch.
    »Den Wisch kaufte ich vor einer Stunde auf dem Broadway. Schwindel natürlich! Alles Schwindel!«
    Drückendes Schweigen folgte seinen Worten. Bis William Baker die Frage stellte: »Alles…?«
    Das war der kritische Augenblick. Mit eiserner Stirn mußte Glossin sofort ein einziges Wort sagen: »Alles!«
    Als er den geraden durchdringenden Blick William Bakers auf sich ruhen fühlte, verließen ihn für einen Augenblick Entschlossenheit und Mut. Als sie ihm wiederkamen, war es für diese kurze knappe Antwort zu spät. Er mußte viele Worte machen. Den Gekränkten und Entrüsteten spielen.
    »Mr. Baker, ich hoffe, daß Sie diese Unterstellungen nicht für wahr halten. Ich bin bereit, mich von jedem Verdacht zu reinigen.«
    »Es wäre im Interesse des Ansehens der Regierung sehr erwünscht, wenn Sie das könnten!«
    William Baker sprach die Worte langsam, während er eine Mappe ergriff, aufschlug und vor Glossin hinschob.
    Der Doktor warf einen Blick darauf, und der Herzschlag stockte ihm.
    Der Schriftwechsel, den er bis in die letzten Tage drahtlos mit England geführt hatte. Chiffriert natürlich. Ein Dechiffreur von Gottes Gnaden hatte den geheimen Schlüssel gefunden und alles entziffert. Hier standen die Depeschen, wie er sie aufgegeben und empfangen hatte. Daneben der wahre Sinn, der vernichtend für ihn war. Dann weiter seine Verhandlungen mit den Sozialisten von Trinity Church.
    Dr. Glossin blätterte mechanisch weiter. Ein Bericht eben jenes MacClaß an den Beauftragen des amerikanischen Volkes, William Baker.
    Dr. Glossin ließ sich auf dem nächsten Stuhl nieder. Er fühlte, daß sein Spiel verloren war. Wie aus weiter Ferne klangen die Worte William Bakers an sein Ohr:
    »Ihre Haltung bestätigt mir die Richtigkeit der Anklagen. Wir wollen nicht handeln, ohne Sie gehört zu haben. Was haben Sie zu sagen?«
    Dr. Glossin schwieg.
    »Wir haben unsere Maßnahmen getroffen. Sie können aus diesem Zimmer als Untersuchungsgefangener des Staatsgerichtshofs hinausgehen… oder… als freier Mann, um sofort
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