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Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)

Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken: Das mechanische Mädchen (German Edition)
Autoren: Marissa Meyer
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wie sehr mich seine Techtelmechtel mit anderen Frauen verletzten. Noch furchtbarer fand ich die Vorstellung, dass er es bemerken könnte. Ich überlegte, gleich wieder ins Bett zu gehen, aber dann schluckte ich meine Eifersucht hinunter und setzte mich neben ihn.
    »Ich hoffe, du hast mir etwas Schönes mitgebracht«, sagte ich. »Alinas Geheimtipps zur Verführung von Grischa sind nicht so billig zu haben.«
    Er grinste. »Darf ich anschreiben?«
    »Meinetwegen. Aber nur, weil ich weiß, dass du deine Schulden immer begleichst.«
    Ich spähte ins Dunkel und sah, wie Dubrow einen Schluck aus der Flasche trank und dann ins Taumeln geriet. Michail stützte ihn. Ihr Lachen hallte durch die Nachtluft bis zu uns.
    Maljen schüttelte seufzend den Kopf. »Er versucht immer, mit Michail mitzuhalten. Am Ende wird er wahrscheinlich auf meine Stiefel kotzen.«
    »Geschieht dir recht«, sagte ich. »Und was tust du hier?« Vor einem Jahr, zu Beginn unseres Miltärdienstes, hatte Maljen mich fast jede Nacht besucht, aber jetzt war er schon seit Monaten nicht mehr zu meiner Unterkunft gekommen.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht. Du hast beim Essen so elend ausgesehen.«
    Ich war überrascht, dass ihm das aufgefallen war. »Ich habe nur an die Durchquerung gedacht«, sagte ich zögernd. Das war nicht ganz gelogen. Ich fürchtete mich tatsächlich vor der Schattenflur, aber Maljen durfte nicht erfahren, dass ich mit Alexej über ihn gesprochen hatte. »Wirklich rührend, dass du dir Sorgen um mich machst.«
    »Tja«, sagte er grinsend, »so bin ich nun mal.«
    »Wenn du Glück hast, verspeist mich morgen ein Volkra zum Frühstück, und dann bist du alle Sorgen los.«
    »Ohne dich wäre ich verloren. Das weißt du.«
    Ich verdrehte die Augen. »Du hast dich in deinem ganzen Leben noch nie verloren gefühlt.« Ich zeichnete Karten, aber Maljen wusste selbst dann noch, wo Norden war, wenn er mit verbundenen Augen einen Kopfstand machte.
    Er rempelte mich scherzhaft an. »Du weißt genau, wie ich das meine.«
    »Klar«, sagte ich. Aber ich wusste es nicht. Jedenfalls nicht genau.
    Wir saßen schweigend da und betrachteten unseren Atem, der in der kalten Luft wölkte.
    Maljen sah auf seine Stiefelspitzen und sagte: »Ich bin auch nervös.«
    Ich gab ihm einen Knuff und erwiderte mit gespielter Selbstsicherheit: »Wenn wir es mit Ana Kuja aufnehmen konnten, sind ein paar Volkra sicher keine Herausforderung für uns.«
    »Irre ich mich oder haben wir mehrere Ohrfeigen kassiert und mussten danach die Ställe ausmisten, nachdem wir Ana Kuja zuletzt eins ausgewischt hatten?«
    Ich wand mich. »Ich wollte nur deine Zuversicht stärken. Warum tust du nicht wenigstens so, als würdest du an mich glauben?«
    »Weißt du, was komisch ist?«, fragte er. »Manchmal vermisse ich die alte Kuja.«
    Das erstaunte mich. Wir hatten über zehn Jahre in Keramzin gelebt, aber ich hatte oft den Eindruck, dass Maljen diese Zeit – vielleicht sogar mich – am liebsten vollkommen vergessen hätte. Dort war er nur ein heimatloser Flüchtling gewesen, ein Waisenkind unter vielen, das für jedes Häppchen Essen und jedes ausgelatschte Stiefelpaar dankbar sein musste. In der Armee war er zu Ansehen gelangt und keiner seiner Kameraden brauchte zu wissen, dass er früher ein kleiner, ungeliebter Junge gewesen war.
    »Ich auch«, gestand ich. »Wir könnten ihr schreiben.«
    »Vielleicht«, sagte Maljen.
    Er griff unvermittelt nach meiner Hand. Mich durchfuhr ein leiser Ruck, den ich sofort unterdrückte. »Morgen um diese Zeit sitzen wir am Hafen von Os Kerwo, blicken aufs Meer und trinken Kwass«, sagte er.
    Ich sah zum schwankenden Dubrow und musste lächeln. »Mit Dubrow?«
    »Nein, nur wir beide«, sagte Maljen.
    »Ist das dein Ernst?«
    »Es gibt immer nur uns beide, Alina.«
    Ich wollte ihm gern glauben. Die Welt bestand auf einmal nur noch aus dieser Treppe, dem Lichtkegel der Straßenlaterne und dem Dunkel, in dem wir zu schweben schienen.
    »Komm endlich«, brüllte Michail.
    Maljen schrak auf, als hätte man ihn aus einem Traum gerissen. Er drückte ein letztes Mal meine Hand. »Ich muss los«, sagte er und setzte sein gewohnt freches Grinsen auf. »Ich brauche noch eine Mütze Schlaf.«
    Er sprang leichtfüßig von der Treppe und lief zu seinen Freunden. »Drück mir die Daumen«, rief er über die Schulter.
    »Viel Glück«, sagte ich automatisch, hätte mich danach aber am liebsten selbst in den Hintern getreten. Viel Glück? Wohl
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