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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung
Autoren: Oliver Pötzsch
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nahm einen tiefen Zug von seinem Zigarillo und lachte dröhnend. »Gott bewahre! Ob wir Wittelsbacher an einem Mord beteiligt waren oder nicht, hat tatsächlich keine rechtlichen Folgen mehr. Ebenso wenig, wie sich aus dieser eidesstattlichen Erklärung irgendwelche Erbschaftsansprüche ableiten ließen. Trotzdem gilt es, das Geheimnis zu wahren.«
    »Das Geheimnis?«, fragte Steven verdutzt. »Welches Geheimnis?«
    Sara seufzte und schmiegte sich an ihn. »Ach Steven, verstehst du denn immer noch nicht? Ludwig ist Deutschlands bekanntestes Aushängeschild. Nicht nur die Wittelsbacher; die Tourismusbranche, die Hotels, das ganze Land verdient mit ihm Millionen! Und warum? Weil er der rätselhafte Märchenkönig ist, weil sich um sein Leben wie um seinen Tod ein Geheimnis rankt. Wenn dieses Geheimnis fehlt, wird Ludwig schnell zu einem x-beliebigen Monarchen.«
    Steven blieb kurz der Mund offen stehen. »Soll das heißen, die Wittelsbacher hätten eine halbe Million Euro bezahlt, nur damit Ludwigs Tod weiterhin ein Rätsel bleibt?«
    Der Mann nickte. »Die Wittelsbacher und vermutlich auch der bayerische Staat. Die Marke ›Ludwig‹ muss geschützt werden, allein schon aus wirtschaftlichen Interessen.«
    »Aber das ist doch absurd!«
    »Ist es das?« Der Mann ohne Namen blickte Steven neugierig an. »Die Leute geben einen Haufen Geld für Souvenirs, Bücher und Schlossbesichtigungen aus, weil Ludwig eben rätselhaft war und noch rätselhafter ums Leben kam.« Er lachte leise und drückte den Zigarillo mit dem Schuhabsatz aus. »Die Menschen sind so, Herr Lukas. Sie brauchen Geheimnisse, und wir sorgen dafür, dass diese Geheimnisse auch geheim bleiben. Auch Geheimnisse, die das Schloss Neuschwanstein betreffen.« Er wandte sich zum Parkplatz hin um. »Und jetzt kommen Sie, ich nehme Sie mit nach München. Es sei denn, Sie ziehen es vor, in einem Einsatzwagen der Polizei heimgebracht zu werden.«
    Als Steven hinterherstolperte, erblickte er auf dem regennassen Platz unterhalb des noch rauchenden Hotels einen glänzenden grünen Bentley. Ein Chauffeur zog seine Dienstmütze und hielt ihm und Sara lächelnd die Tür auf.
    Einen kurzen Augenblick ging dem Antiquar durch den Kopf, wie es wäre, tatsächlich ein anerkannter Erbe der Wittelsbacher zu sein. Mit schmuckem Schloss am Starnberger See, Butler und einem Stammbaum so lang wie bis zum Mond. Doch dann schmiegte sich Sara an ihn, und er roch eine Mischung aus Rauch, Schweiß und Regen.
    Es war Zeit, nach Hause zu kommen.

EPILOG
    S ie fuhren vorbei an Feldern und hügligen Wiesen, und die Bergkette der Alpen hinter ihnen wurde kleiner und kleiner. Im Vergleich mit Saras engem Mini-Cooper – den die Polizei noch nicht freigegeben hatte – glich der Bentley eher einem geräumigen Salonwagen. Das Leder im Innenraum roch wie der polierte Sattel eines Rennpferds, in den Armaturen spiegelte sich das Licht der Sonne, die immer wieder durch die Wolken lugte. Auf den vorderen Sitzen saßen schweigend der Wittelsbacher und sein Chauffeur, neben Steven kuschelte sich Sara in den Rücksitz und sah gedankenverloren aus dem Fenster.
    Steven schloss die Augen und versuchte nach all den Ereignissen der letzten Tage zum ersten Mal wieder zur Ruhe zu kommen. Ehe sie in den Bentley einsteigen durften, hatte die Polizei noch ihre Personalien aufgenommen. Der zuständige Kommissar vor Ort hatte keinen besonders glücklichen Eindruck gemacht, als er sie ziehen ließ, Steven würde morgen in der Münchner Polizeidirektion zur Zeugenaussage erscheinen müssen. Zu viele Fragen waren noch offen, mindestens drei Mordfälle ungeklärt. Doch der Mann mit dem Zwirbelbart und dem braunen Lodenmantel hatte den Polizisten mit fester Stimme zu verstehen gegeben, dass er keinen Widerspruch duldete. Steven vermutete, dass der Kommissar von den geselligen Weinabenden des Wittelsbachers mit dem Polizeipräsidenten wusste.
    »Wie fühlt man sich eigentlich so als Urururenkel von Ludwig II.?«, wollte Sara plötzlich von Steven wissen. Sie fläzte sich in das weiche Leder und genoss den Blick auf die bayerische Voralpenlandschaft.
    »Eigentlich nicht viel anders als vorher«, erwiderte Steven. »Außer dass ich jetzt wenigstens einen guten Grund habe, verschroben zu sein. Du wirst mit meinen Macken wohl leben müssen.«
    Sara musste lachen, als Steven eine schielende Grimasse für sie machte. Es tat gut, sie so gut gelaunt zu sehen. Zunächst stockend, doch dann mit immer festerer Stimme hatte sie ihm in
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