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Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste
Autoren: John Grisham
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Times auf 1,35 Millionen Dollar.
    »Ganz im Vertrauen, wir haben die Zeitungen in Tyler und Van Buren gekauft«, sagte McGrew gegen Ende eines sehr langen Mittagessens. »Alles läuft wie geplant.«
    Das war beinahe die ganze Wahrheit. Der Eigentümer der Zeitung in Tyler County hatte den Bedingungen grundsätzlich zugestimmt, doch die Verträge waren noch nicht unterschrieben worden.
    »Aber es gibt etwas Neues«, sagte er. »Die Zeitung in Polk County steht eventuell zum Verkauf. Wenn Sie unser Angebot ablehnen, werden wir uns das Blatt einmal ansehen. Es ist erheblich billiger.«
    »Ah, noch mehr Druck«, erwiderte ich.
    Der Polk County Herald hatte viertausend Leser und ein lausiges Management. Ich bekam es jede Woche aufs Neue mit.
    »Ich versuche nicht, Sie unter Druck zu setzen. Ich lege nur alles auf den Tisch.«
    »Ich will anderthalb Millionen Dollar«, sagte ich.
    »Das ist zu viel.«
    453

    »Es ist eine Menge Geld, aber Sie werden es sich zurückholen. Es wird vielleicht etwas länger dauern, aber Sie sollten auch berücksichtigen, wo die Zeitung in zehn Jahren sein kann.«
    Die Sache eilte. McGrew deutete an, dass es einen Stichtag gebe. Schließlich sagte er: »Wir verhandeln jetzt schon seit Monaten, und mein Kunde will endlich zum Abschluss kommen. Er will den Vertrag zum nächsten Ersten unterschreiben. Sonst sucht er sich eine andere Zeitung.«
    Seine Taktik beeindruckte mich nicht im Geringsten.
    Auch ich war die langen Verhandlungen leid. Entweder ich verkaufte, oder ich lehnte ab. Es war Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
    »Das sind noch dreiundzwanzig Tage ab heute«, erwiderte ich.
    »So ist es.«
    »Damit kann ich leben.«

    Die langen Sommertage kamen und mit ihnen die unerträgliche Hitze und Feuchtigkeit, die jedes Jahr drei Monate blieben. Ich machte meine üblichen Runden – in die Kirchen auf meiner Liste, auf die Softballfelder, zu den Golfturnieren im County, zum Anschnitt der Wassermelonen. Aber Clanton wartete, und die Leute sprachen nur noch darüber, dass alle warteten.
    Die Schlingen, die um den Hals der Geschworenen lagen, lockerten sich zwangsläufig. Die Frauen und Männer hatten es verständlicherweise satt, Gefangene in ihren eigenen Häusern zu sein, ihren Alltag zu ändern, ständig ganze Gruppen von Nachbarn auf der Veranda sitzen zu haben, die nachts das Haus bewachten. Sie wagten sich wieder auf die Straße und versuchten, ihr 454

    Leben so normal wie früher zu führen.
    Die Geduld des Killers war zermürbend. Er hatte die Zeit auf seiner Seite und wusste, dass seine Opfer irgendwann der vielen Schutzmaßnahmen überdrüssig werden würden. Er wusste, dass sie unvorsichtig werden, einen Fehler machen würden. Wir wussten es auch.
    Nachdem sie zum ersten Mal in ihrem Leben drei Sonntagsgottesdienste hintereinander verpasst hatte, bestand Miss Callie darauf, zur Kirche zu gehen. In Begleitung von Sam, Esau und Leon marschierte sie am Sonntagmorgen vor den Altar und huldigte dem Herrn so inbrünstig, als wäre sie ein ganzes Jahr weg gewesen. Ihre Brüder und Schwestern im Glauben umarmten sie und beteten für sie. Reverend Small änderte seine Predigt und sprach darüber, dass Gott seine Getreuen schütze. Sam sagte hinterher, dass der Reverend fast drei Stunden so weitergemacht habe.
    Zwei Tage später ließ sich Miss Callie auf den Rücksitz meines Mercedes fallen. Esau saß neben ihr, Sam auf dem Beifahrersitz, als wir mit einem Deputy in einem Streifenwagen hinter uns Clanton verließen. Der Streifenwagen blieb an der Grenze des County stehen, und eine Stunde später waren wir in Memphis. Östlich der Stadt hatte vor kurzem ein neues Einkaufszentrum aufgemacht, und Miss Callie wollte es unbedingt sehen.
    Über hundert Geschäfte unter einem Dach! Zum ersten Mal in ihrem Leben aß sie eine Pizza. Sie sah eine Schlittschuhbahn, zwei Männer, die Händchen hielten, und eine gemischtrassige Familie. Nur die Schlittschuhbahn fand Gnade vor ihren Augen.
    Nach einer Stunde Irrfahrt durch ganz Memphis, für die Sam verantwortlich zeichnete, erreichten wir endlich den Friedhof im Süden der Stadt. Mithilfe einer Karte, die wir uns beim Pförtner besorgt hatten, suchten und fanden wir 455

    das Grab von Nicola Rossetti DeJarnette. Miss Callie legte einen von zu Hause mitgebrachten Blumenstrauß auf das Grab. Als klar wurde, dass sie einige Zeit hier bleiben wollte, gingen wir spazieren und ließen sie allein.
    Zum Andenken an Nicola wollte Miss Callie italienisch essen.
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