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Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Die Liste der vergessenen Wünsche: Roman (German Edition)
Autoren: Robin Gold
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»Gib mir noch zwei Minuten, damit ich mich mental drauf vorbereiten kann, da reinzugehen.«
    »Das hast du schon vor zwei Minuten gesagt.« Leo trommelte mit den Daumen auf dem Lenkrad herum und bemühte sich erst gar nicht, seinen besorgten Gesichtsausdruck zu verbergen. »Du willst doch bloß Zeit schinden.«
    Clara antwortete nicht.
    »Schau …«, er hielt für einen Moment inne, um seine Worte sorgfältig zu wählen, während er seine jüngere Schwester genau betrachtete. »Ich weiß, du bist schon lange nicht mehr zu Hause gewesen, und ich weiß, dass du dich vor diesem Wochenende fürchtest, aber es wird schon nicht so schlimm werden. Ehrlich. Thanksgiving ist schließlich eine Zeit der Freude, nicht der Qual.«
    »Schon klar. Aber du bist ja auch nicht derjenige, der ganz genau unter die Lupe genommen wird«, murmelte Clara kleinlaut und sank noch mehr auf ihrem Sitz zusammen.
    Leo schüttelte den Kopf. »Das wirst du nicht.« Mit einem Lächeln drückte er Clara aufmunternd die Schulter, bevor er den Motor abstellte. Er öffnete die Wagentür und ließ die eisige Novembernachtluft herein. »Und wenn Libby uns erwischt, wie wir hier draußen in der kalten Dunkelheit herumsitzen, dann macht sie sich nur noch mehr Sorgen um dich.«
    Clara verdrehte die Augen. »Als wenn das überhaupt möglich wäre.«
    »Tut mir leid. Du weißt, ich liebe dich.« Und mit diesen Worten drückte er die Hupe und machte ihre sorgenvoll auf sie wartende Mutter darauf aufmerksam, dass sie zu Hause waren.
    »Halleluja! Ihr seid hier!«, kreischte Libby von oben, als sie hörte, wie ihre Kinder zur Tür hereinkamen, an der ein buntes Schild mit der Aufschrift » Willkommen zu Hause, Clara !« hing. Sie hatte eigentlich vorgehabt, Leo zu begleiten, um Clara vom Flughafen abzuholen, aber dann hatte sie nicht weggekonnt, weil Todd, der chronisch verspätete, umwerfend schöne Teilzeit-Klavierstimmer, drei Stunden zu spät aufgetaucht war, da er ganz kurzfristig als Model für einen Männermodekatalog gebucht worden war. Für Libby Black, stolze Gewinnerin von fünf Clio Awards (in der Werbebranche das Äquivalent zum Oscar), war es Tradition, ihre Gäste zu Thanksgiving mit einem Medley ihrer berühmtesten Werbemelodien zu unterhalten. Und natürlich kam es nicht in Frage, dass sie mit ihrem absoluten Gehör ein Konzert auf einem verstimmten Instrument gab.
    »Endlich, ihr Lieben, endlich !« Sie kam in Lichtgeschwindigkeit die Mahagonitreppe heruntergeschossen, und ihr Bademantel flatterte um sie herum wie der Umhang eines Superhelden. Unten angekommen, umarmte sie Clara stürmisch. »Clara-Keks! Ich freue mich ja so, dass du endlich mal wieder zu Hause bist!« Libby drückte ihre Tochter fest an sich, wobei sie die Hand schützend an Claras Hinterkopf legte. »Oh, Gott sei Dank, du bist da«, flüsterte sie. » Gott sei Dank … «
    Das letzte Mal, dass Clara in River Pointe gewesen war, einem Vorort nördlich von Chicago, wo sie aufgewachsen war und wo hauptsächlich erfolgreiche Anwälte, Ärzte und andere »Angebertypen« – wie Leo sie nannte – wohnten, war noch vor dem Unfall gewesen. Dem Unfall im März, bei dem ihr Verlobter ums Leben gekommen war, keine zwei Wochen vor ihrer geplanten Hochzeit. Vor der Tragödie hatte Clara die Angewohnheit gehabt, ihre Mutter und ihren Bruder alle paar Monate, wenn nicht öfter, zu besuchen. Leo und Libby hatten ihr gefehlt, seit sie nach Boston gezogen war. Aber die regelmäßig geplanten Reisen nach Chicago hatten ihr geholfen, das Heimweh etwas zu lindern. Sebastian hatte Clara oft damit aufgezogen und gesagt, dass sie, wenn sie für jedes Mal, das Clara »Ich wünschte, wir würden näher bei meiner Familie leben« sagte, einen Dollar bekämen, schon Millionäre wären. Clara hatte ihm recht geben müssen.
    Dies war die längste Zeitspanne, die sie je am Stück von zu Hause weg gewesen war – ein Punkt, den Libby kürzlich bei einem etwas angespannten Telefonat besonders hervorgehoben hatte, nachdem Clara erklärt hatte, Thanksgiving dieses Jahr in Boston verbringen zu wollen.
    »Auf keinen Fall! Das kommt nicht in Frage, Liebes«, hatte Libby gesagt. »Wenn du auch nur eine Sekunde glaubst, du könntest den Feiertag allein verbringen, dann lass dir lieber gleich von mir gesagt sein, dass du damit falschliegst. Du magst vierunddreißig sein, aber du bist noch immer mein kleines Mädchen, und wenn es sein muss, fahre ich höchstpersönlich nach Boston, schnalle dich auf den verdammten
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