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Die Lilie von Florenz

Die Lilie von Florenz

Titel: Die Lilie von Florenz
Autoren: Julie Gordon
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stand, konnte sie ihn sehen. Er hatte helle große Augen und einen sinnlichen Mund. Das schwarze Haar hing ihm verwegen in die Stirn. Er trug keine Perücke – aber das hatte er auch nicht nötig, wie sie fand.
    â€žWorüber willst du mit mir reden?“
    Allegra schaute ihn über die Schulter hinweg an.
    â€žTs-ts-ts! Nicht bewegen!“, rief sogleich Signore Rossi. Mit einer Nadel piekte er Allegra durch den Stoff. „Ihr ruiniert das Kleid, Signora!“
    Damit übertrieb er sicher. Aber Allegra drehte sich gehorsam wieder nach vorne. Sie blickte Luigi im Spiegel an.
    â€žNun?“
    â€žWillst du ihn heiraten?“, platzte Luigi heraus.
    Allegra überraschte die Frage. „Ich verstehe nicht, was du meinst …“
    â€žWie ich es sage. Willst du ihn heiraten?“
    â€žEr ist ein gut aussehender, stattlicher Mann, und ja, jede Frau würde sich wohl glücklich schätzen, wenn er bei ihrem Vater um ihre Hand anhielte.“
    â€žDas meine ich nicht.“ Luigi wurde ungeduldig. „Was ist mit dir? Magst du ihn?“
    â€žAber ich kenne ihn doch gar nicht …“
    â€žNa ja, das will ich wohl meinen. Wusstest du, dass es in Florenz so manches Gerücht über ihn und seine … Vorlieben gibt?“ Luigi senkte den Blick, als Signore Rossi sich missbilligend räusperte. Er glaubte wohl, solche Unterhaltungen schickten sich nicht für eine junge Braut und ihren Bruder.
    Allegra ignorierte Signore Rossi. „Was erzählt man sich denn?“, fragte sie möglichst unbeteiligt. Aber sie atmete tief durch und legte eine Hand auf ihren Bauch. Oh, sie ahnte schon, worauf Luigi anspielte. Schließlich hatte sie es mit eigenen Augen gesehen.
    â€žEr gibt ausschweifende Abendgesellschaften.“ Luigi beugte sich vor. „Ich weiß von einigen meiner Freunde, dass sie dorthin eingeladen wurden und als Lustknaben …“
    â€žNun ist aber mal gut, junger Signore!“ Missbilligend schnalzte Signore Rossi mit der Zunge. „Und Ihr hört auf zu lachen, Signora, sonst setze ich Euer Brüderchen vor die Tür, wie ich’s schon mit Euren Täubchen getan habe!“
    Allegra versuchte, wieder ernst zu werden. Aber das Lachen war wie das Prickeln, das ihr vom Champagner in die Nase stieg, den ihr Vater für die Hochzeit beim angesehenen Champagnerhaus Ruinart bestellt hatte. Vor wenigen Tagen hatten sie eine Flasche des Schaumweins probiert, der so ganz anders schmeckte als die schweren roten Weine, die sie gewohnt war.
    Luigi grinste breit.
    â€žSeid doch mal still!“ Allegra verlor langsam die Geduld mit diesem vorlauten Schneider. Dieser verzog das Gesicht und zerrte stumm an ihrem Mieder herum. An Luigi gewandt sagte sie: „Erzähl!“
    â€žNun, viel gibt es da nicht zu erzählen“, sagte Luigi. „Ich höre ja auch nur die Gerüchte. Er hat eine Mätresse – das dürfte wohl ein offenes Geheimnis sein, denn sie begleitet ihn überall hin. Sie ist auch heute Abend hier …“
    â€žIch weiß. Cristina.“
    â€žDie Contessa Cristina della Visconti, ja. Woher weißt du davon?“
    Allegra lächelte geheimnisvoll.
    â€žJedenfalls ist sie nicht die Einzige, die in Florenz gegen dich Politik macht. Es gibt so manchen Adeligen, der lieber seine Tochter oder Schwester mit Matteo del Pirandelli verlobt hätte. Und das verstehe ich ehrlich gesagt nicht.“
    â€žWas verstehst du nicht? Warum er bei Vater um meine Hand angehalten hat?“
    â€žSieh dich doch um!“ Luigi machte eine weit ausholende Armbewegung. „Wir sind – zumindest mit dem Maßstab eines Conte del Pirandelli gemessen – arm. Wir haben nichts, wenn man von unserem Landgut und ein bisschen Landbesitz absieht. Vater musste sich Geld leihen, um die Verlobungsfeier auszurichten, wusstest du das?“
    Allegra biss sich auf die Unterlippe. Nein, davon hatte sie nichts gewusst. Sie hatte es wohl geahnt, aber den Gedanken an die drängenden Geldsorgen hatte sie immer beiseite geschoben.
    â€žEr hat meinen ersten Auftritt im Herbst verkauft“, sagte Luigi leise. „Meine Premiere in der Oper von Rom hat unser Vater meistbietend versteigert. Für diesen Abend. Für dich.“
    Allegra fuhr gerade in dem Augenblick zu ihm herum, als Signore Rossi eine Nadel in den Stoff stach. Sie bemerkte gar nicht, dass er sie in den Bauch piekte. Kurzerhand hob sie den Rock
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