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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist
Autoren: ANNE O'BRIEN
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werden?
    „Lass den lieben Gott da heraus, Rosamund!“, mahnte ihre Mutter, allerdings milde im Ton. „So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“ Eine Ratte, größer als manche Katze, huschte vor ihnen über den Hof. „Na, vielleicht doch.“
    Wegen der auffälligen rot-schwarzen Banner an den Lanzenspitzen der Eskorte hatte man ihnen das Burgtor zuvor ohne langes Hin und Her geöffnet. Thomas de Byton, der Hauptmann der Burgwehr, ein bejahrter Kämpe mit mürrischem, faltigem Gesicht, stand mit in die Hüfte gestemmten Armen auf der Treppe zum Palas. Die Miene griesgrämig und abweisend, machte er keinerlei Anstalten, die beiden Damen, die da unangekündigt und ohne Einladung vor seiner Schwelle auftauchten, willkommen zu heißen. Vielmehr musterte er sie mit einem Ausdruck, den Rosamund nur als verbittert deuten konnte, und auch seine Haltung verriet unverhohlenes Missfallen. Als er sich nach einer Weile immer noch nicht rührte, trieb sie ihr Pferd an und ritt so dicht an die Treppe heran, dass sie sich schließlich auf Augenhöhe mit dem Griesgram befand.
    Vom Sattel aus schaute sie ihm direkt ins Gesicht. „Thomas de Byton“, sprach sie ihn mit klarer, weithin hörbarer Stimme an. Zuvor hatte sie sich die Mühe gemacht, sich nach dem Namen des Mannes, der zur Verteidigung der Burg auf Clifford weilte, zu erkundigen. Immerhin war er ja der Hüter ihres Besitzes. „Ich bin Rosamund de Longspey.“
    „Zu Befehl, Mylady. Es ist mir bereits bekannt, dass der Earl die Burg einer Frau überlassen hat.“
    Sie überhörte den Seitenhieb und hielt dem finsteren Blick ungerührt stand. „Seid so gut und besorgt ein Quartier für meine Eskorte sowie für mich und die Witwe des Earl.“
    „Und für wie lange, Mylady?“
    Sie reckte das Kinn und musterte ihn hoheitsvoll. „So lange, wie ich es für richtig halte. Ich gedenke nämlich, mich hier häuslich einzurichten.“
    „Wie Ihr wünscht, Mylady.“ Der Griesgram machte kehrt und stapfte, nicht im Geringsten beeindruckt von diesem Zwiegespräch, die Treppe hinauf.
    „Einen Moment noch, Sir Thomas. Wenn es recht ist.“
    Er blieb stehen und wandte sich halb um, kam aber nicht die Stufen herunter.
    „Kümmert Euch bitte um die Pferde und das Gepäck. Ich möchte zunächst die Privatgemächer begutachten.“
    „Sehr wohl, Mylady.“ Offensichtlich verstimmt marschierte er die Stufen wieder hinunter und ging in Richtung des reetgedeckten Küchengebäudes jenseits des Hofes. Man konnte ihm förmlich anmerken, dass ihm die Entwicklung nicht passte. Rosamund hörte noch sein in den Bart gegrummeltes „Falls Ihr es Euch anders überlegt und doch lieber wieder abreisen wollt, sagt mir Bescheid.“
    Abreisen? Auf gar keinen Fall. Sie würde bleiben. Mochte passieren, was da wollte: Die neue Herrin von Clifford Castle war gewappnet.
    „Na, es hätte uns auch schlimmer treffen können. Einiges ist besser geworden.“ Petronilla begutachtete die steinernen Mauern rund um den Innenhof.
    „Also, ich kann keine Verbesserungen entdecken.“ Rosamund hob einen Fuß; an der weichen Lederstiefelette klebte knöchelhoch der Schlamm. In dem von Steinmauern umfriedeten Innenhof floss das Regenwasser nicht richtig ab. Die hohen Mauern ließen kaum Sonnenlicht herein und schränkten die Bewegungsfreiheit ein. Die Luft war kühl und feucht, vermutlich sogar an heißen Sommertagen. Obwohl sie sich mit Bedacht angekleidet hatte, überlief Rosamund ein Frösteln. „Hier kommt man sich ja vor wie in einem Mausoleum.“
    „Immerhin genießt du die Annehmlichkeiten einer steinernen Halle. Holzbauten sind nämlich so zugig“, fuhr Petronilla fort, bemüht, das Beste aus der Lage zu machen. Beide betrachteten die fünf Türme und den dreigeschossigen Palas, alle untereinander verbunden mittels solider Mauern mit oben angebrachten Wehrgängen. „Unsere Sicherheit ist hier jedenfalls garantiert, selbst wenn der Burghof bei einem Angriff eingenommen werden sollte.“
    „Meinst du?“ Rosamund kratzte losen Mörtel aus den Fugen des Mauerwerks. „Ich finde, wir sollten uns erst einmal hier draußen den Rest anschauen, bevor wir hineingehen.“ Sie folgte der bereits entschwindenden Gestalt des Burgwehrhauptmanns hinunter in die Vorburg.
    Die Besichtigung währte nicht lange. Rosamunds Entsetzen wurde mit jedem Schritt größer. Außer der Torhalle und dem Palas, die beide aus Stein und damit einigermaßen wehrhaft waren, waren die restlichen Befestigungsanlagen aus Holzpalisaden
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