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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist
Autoren: ANNE O'BRIEN
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ausgedacht! Nach einer Weile entdeckte sie Gervase in dem Gewimmel, wo er gerade das Schwert umschnallte und mit seinem Wachtmeister sprach. Wie, so fragte sie sich, sollte sie nun ohne ihn zurechtkommen? Aber es ist doch bestimmt nicht für immer!, beschwichtigte sie sich. Er würde gewiss zurückkehren und sie während einer seiner Patrouillen besuchen. Sie wäre die ideale Burgherrin und würde die ihr zugedachte Rolle voll und ganz ausfüllen. Wieso hatte sie da das Gefühl, als habe man ihr gerade den Boden unter den Füßen weggezogen? Als schwebe sie hilflos zappelnd über einem bodenlosen Abgrund?
    Er hat mir das Herz gestohlen. Wie soll ich es da ertragen, dass er mich im Stich lässt?
    Ob er wohl tatsächlich abrücken würde? Nachdem er sie gerade erst mit Geschenken und Küssen überhäuft hatte? Aber möglicherweise hatte er damit nur seine eigentlichen Absichten verschleiert …? Wäre sie nicht so völlig durcheinander gewesen, hätte sie eigentlich schon oben auf dem Wehrgang merken müssen, dass er abzureisen drohte. Jetzt musste sie es eben hinnehmen und sich mit Haltung von ihm verabschieden, ohne ihre wahren Gefühle zu zeigen.
    Ja, und darin bin ich doch Meisterin, oder?
    So würdevoll es ihr möglich war, schlängelte sie sich zu ihm durch, auch wenn sie sich zu jedem Schritt zwingen musste. Ihr war, als sei ihr das Gesicht zu einer undurchdringlichen Maske erstarrt. Was in ihr vorging, durfte er keinesfalls erfahren.
    „Du brichst wohl bald auf.“ Sie war stolz, dass ihre Stimme so gefasst klang.
    „Richtig, ich muss vor Ablauf des Monats in Monmouth Gericht halten.“ Er überwachte weiter das Beladen eines schweren Packwagens und wies lautstark darauf hin, dass einer der Gäule zu locker angeschirrt war.
    Mit jedem Wort wurde Rosamund verzagter und ihr Herz schwerer.
    Nimm mich mit! Lass mich hier nicht allein!
    Am liebsten hätte sie es laut hinausgeschrien, sich an seinen Ärmel geklammert, ihn angefleht. Ihr Stolz aber ließ dies nicht zu. Dann lieber allein bleiben, als bemitleidet zu werden! Wahre Liebe, so hieß es doch, wirkte über alle Grenzen und Entfernungen hinweg, blieb leidenschaftlich und stark, selbst bei nur wenigen Begegnungen, mochten die auch in großen Abständen erfolgen. Aber stimmte das auch? Allmählich wurde ihr angst und bange. Sicher, sie konnte sich daran gewöhnen, falls er das verlangte, doch ihre Liebe zu ihm, die würde nie vergehen.
    Wann werde ich dich wiedersehen?
    Auch das durfte sie ihn nicht fragen. Unbewegt, jedoch den Tränen nahe, schaute sie Owen zu, der gerade den Braunen sattelte. „Ziehst du … ziehst du im Frühjahr wieder in die Normandie?“, fragte sie Gervase. So erhielt sie immerhin einen Überblick über seine Pläne.
    „Möglicherweise.“ Eine kurze Antwort. Er nahm den Mantel von seinem Knappen entgegen und sah nun endlich Rosamund an. „Willst du den ganzen Tag hier herumstehen und dem Knappen zuschauen?“
    „Du hast es sicher eilig …“
    „Allerdings. Bis Einbruch der Dunkelheit müssen wir in Monmouth sein. Nicht etwa irgendwann in nächster Zeit.“
    „Dann musst du jetzt aufbrechen“, bemerkte sie, heftiger als beabsichtigt.
    „Meinetwegen, Teuerste. Die Stute ist gesattelt und gezäumt.“ Er warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Oder war er verunsichert? „Und du lässt uns alle warten. Hast du es dir etwa anders überlegt? Aus meiner Sicht wäre das äußerst unfein. Was wir vereinbart haben, das gilt.“
    „Anders überlegt?“
    Er stieß einen Laut des Unmuts aus. „Edith hat doch schon deine Sachen gepackt! Alles bereits auf dem Wagen. Es fehlt nur noch eins, und das bist du!“
    „Ich soll mitreisen?“
    „Ja, was hast du denn gedacht?“
    „Dass ich als Burgherrin hier bleiben soll.“
    „Ach Rosamund, mein Schatz!“ Jetzt dämmerte es ihm allmählich. „Möchtest du lieber bleiben? Hast du mich etwa schon über?“
    „Nein … nur, ich glaubte … Ich glaubte, du willst mich gar nicht dabeihaben. Du hast ja nicht gesagt …“
    Weiter kam sie nicht. Mit einem Schwung fasste Gervase sie um die Taille und zog sie an sich, ungeachtet des Getümmels ringsum. „Ich dachte, das versteht sich von selbst! Aber wenn du es unbedingt hören willst, nun gut: Ich nehme dich mit nach Monmouth. Auf der Stelle. Ja, hast du etwa geglaubt, ich ließe dich hier zurück? So kannst du meiner Frau Mutter deine Aufwartung machen. Sie wird begeistert sein, wenn du mich heiratest und ihr Enkel schenkst. Mit meiner
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