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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist
Autoren: ANNE O'BRIEN
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Ich war nicht interessiert und habe das Angebot ausgeschlagen.“
    „Ungehobelt, wie es deine Art ist, was?“
    „Nein, offen und ehrlich! Ich trauerte nämlich um meinen Vater, das weiß ich noch. Ich hatte nicht die Absicht, mich kaufen zu lassen.“ Er unterbrach sich und schnaubte verärgert. „Aber, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Gesittet habe ich mich nicht gerade verhalten. Werfe ich mir seitdem auch dauernd vor.“
    „Dann war die junge Dame also nicht … äh … passabel anzuschauen, fügsam und brav?“
    Gervase lachte gutmütig. „Das kann ich dir nicht beantworten!“
    Mortimer fehlten die Worte. „Es ist zum Verzweifeln mit dir, Ger! Warte lieber nicht allzu lange!“
    „Sobald das mit Clifford erledigt ist, werde ich mich ganz der Brautschau widmen.“
    Sie mussten nun ein mit Pfützen und Schlaglöchern übersätes Straßenstück bewältigen, wobei die Pferdehufe glucksend im lehmigen Morast versanken. Die Sonne verschwand hinter den Wolken, und der Regen setzte aufs Neue ein.
    „Und was machst du, wenn dieses Kind bereits auf Clifford residiert?“, fragte Hugh, dem der Gedanke plötzlich gekommen war.
    „Davon gehe ich nicht aus.“ Gervase legte die Stirn in Falten. Diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht in Erwägung gezogen. „Warum sollte es? Eher erwarte ich, dass die Kleine in Salisbury bleibt, bis sie im heiratsfähigen Alter ist. Clifford taugt nicht als Zuhause für ein Kind. Erst recht nicht für ein Mädchen.“
    „Mag sein. Aber möglich wäre es.“
    „Dann packe ich die Kleine zusammen mit Amme, Kleidung, Spielzeug und Miezekatze oder was sie sonst noch mitgeschleppt hat auf ihren Reisewagen und schicke sie zurück nach Salisbury zu ihren Longspey-Brüdern. Was hast du denn sonst erwartet? Dass ich sie ins Verlies werfe?“
    „Unsinn, Gervase!“ Für einen Augenblick nahm der Mund des Markgrafen einen ernsten, beinahe warnenden Zug an. „Ich erwarte vielmehr, dass du sie höflich und mit allen Ehren behandelst.“
    „Genau das habe ich vor, sei unbesorgt.“
    Mit seinem Hinweis hatte Hugh seinen Freund unabsichtlich ins Grübeln gebracht. Gervase stellte fest, dass seine Gedanken immer wieder zu jenem unglückseligen Gespräch mit Salisbury von damals zurückkehrten. Vor allem war ihm noch gegenwärtig, dass er damals große Mühe gehabt hatte, vor Zorn nicht aus der Haut zu fahren, und eben das machte ihm die Erinnerung unangenehm. In der Rückschau war ihm klar, dass er sich besser hätte beherrschen müssen, zumal sein Vater gerade erst gestorben war. In seiner Trauer hatte Gervase den Versuch gewagt, den ihm rechtmäßig zustehenden Grund und Boden dadurch zurückzugewinnen, dass er an Earl Williams Gerechtigkeitssinn appellierte – vergeblich. Der Earl hatte abgelehnt und dann versucht, Gervase eine Braut aus dem Hause Longspey anzudienen und auf diese Weise gefügig zu machen. Nein, Gervase hatte aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Als ob er ein Weib aus solch einer Familie ehelichen würde! Eine Familie von Verbrechern! Er wusste noch, wie er aufgebracht aus den feudalen Räumlichkeiten des Stadthauses gestürmt war, ohne das arme Mädchen, das man ihm als Braut unterjubeln wollte, eines Blickes zu würdigen. Es war ihm bewusst, dass sein Verhalten nicht sonderlich klug gewesen war. Und das Allerschlimmste: Clifford war dadurch nur noch fester in den Besitz derer zu Salisbury geraten. Aber ein echter Fitz Osbern, der noch einen Funken Ehrgefühl besaß, hätte sich nie und nimmer in die Abhängigkeit eines Salisbury begeben und sich von ihm aushalten lassen. Dass er dem selbstgefälligen Halunken ohne viel Federlesen das Brautangebot an den Kopf geworfen hatte, das war ihm eine Genugtuung sondergleichen gewesen.
    Was das Mädchen anbetraf … Tja, was wusste er noch von ihm? Es fiel ihm schwer, sich ein vollständiges Bild zu machen. Er hatte die Kleine ja kaum zur Kenntnis genommen – eine offenbar wohlerzogene, blässliche junge Dame, soweit er sich entsann. Ihre Wangen hatten sich unter seinem verächtlichen Blick leicht rot überzogen. Energischer Mund, der Blick offen, eher herausfordernd wie der eines gegnerischen Ritters, keineswegs sanftmütig wie bei einem hochwohlgeborenen Fräulein. Das war aber auch schon alles. Sie hatte ihn angeschaut, als käme er auch nicht annähernd an ihre Vorstellung von einem Gemahl heran. Als sei er ein Wegelagerer aus den walisischen Wäldern. Grüne Augen, der Blick zu unverblümt, wie er sich jetzt
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