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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten!
Autoren: Robert Tibber
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Doktor Faraday...«
    »Nein, da bin ich nicht hingegangen!«
    »Sie hatten aber doch einen Termin für heute nachmittag, nicht wahr?« - »Das stimmt schon.«
    »Warum haben Sie ihn dann nicht eingehalten? Doktor Faraday ist ein sehr beschäftigter Mann, wissen Sie; einer unserer fähigsten Neurologen...«
    »Warum? Warum? Warum?« kreischte Mrs. Rowbottom hysterisch, und ich bezweifelte, daß meine schalldichte Polstertür diesem Ausbruch widerstehen könnte. »Ich werde Ihnen sagen, warum, junger Mann! Ich werde Ihnen sagen, warum.« Sie fummelte, fast blind vor Zorn, in ihrer Handtasche herum. »Das ist der Grund!«
    In ihrer zitternden Hand hielt sie einen Brief. Ich erkannte, daß es einer meiner Umschläge war, und auch die Handschrift war die meine. Es war der Bericht, den ich für Faraday über Mrs. Rowbottom geschrieben hatte. Mein Herz sank ein wenig, aber noch bestand Hoffnung.
    Ich nahm den Umschlag und drehte ihn um - er war durch Dampf geöffnet worden. Jetzt begann ich mich ungemütlich zu fühlen, während mich Mrs. Rowbottom triumphierend anblickte. Da ich im Augenblick nicht wußte, was ich sagen sollte, zog ich den von mir geschriebenen Brief aus dem Umschlag.
     
CherConfrère, hieß es da,
hiermit überreiche ich Dir Mrs. Rowbottom. Diese Dame gibt sich den Anschein, als würde sie unter nicht weniger als zweiunddreißig Symptomen leiden; um nur einige zu nennen: Herzklopfen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Transpirieren, Schwindel, Lähmungserscheinungen der Glieder, Übelkeit, Blähungen, Seitenstechen, Alpträume, Schlaflosigkeit, Flecken vor den Augen, Appetitmangel, Schmerzen im Magen, Kopf, Ohren, Augen, Brust, Knie, Ellbogen und großer Zehe.
Mach draus, was Du kannst. Zum mindesten wird es Dich über einige langweilige Stunden hinwegbringen, und sie kann’s bezahlen.
Meiner Meinung nach ist Mrs. Rowbottom eine außergewöhnlich gesunde Person von einundvierzig Jahren, und es ist meine feste Überzeugung, daß sie unter nichts Weiterem zu leiden hat als zu vielem Geld und einem langweiligen Ehemann.
Sag also nicht, daß ich nicht für Dich sorge.
    Dein Partner im Kampf...
     
    Ich beschloß, es zu versuchen und einen Schreckschuß abzugeben. »Mrs. Rowbottom«, fuhr ich sie streng an, »wissen Sie, daß dieser Brief nicht an Sie adressiert ist?«
    »Natürlich.«
    »Dann hatten Sie kein Recht dazu, ihn...«
    »Recht hin, Recht her!« kreischte sie. »Sprechen Sie mir von Recht! Ich werde Sie dafür zur Verantwortung ziehen! Zur Verantwortung vor der höchsten medizinischen Stelle. Ich werde persönlich dafür sorgen, daß man Sie kaltstellt...« Man würde sie in der nächsten Straße hören.
    Sie schimpfte immer noch, als Robin den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    »Entschuldigen Sie, daß ich störe«, sagte er, »aber könnten Sie einen Anruf von der St.-Hilda-Klinik entgegennehmen?«
    Ich wußte, daß es Sir Arthur Colenutt wegen Miss Chudley war und daß ich bei Mrs. Rowbottoms Geschrei nichts würde verstehen können.
    »Ich spreche draußen«, entgegnete ich. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Mrs. Rowbottom.« In der Diele goß Sylvia die Blumen, und Robin suchte nach irgend etwas in seiner Arzttasche.
    Nachdem ich den Anruf entgegengenommen und den Hörer wieder zurückgelegt hatte, stand ich einen Augenblick nachdenklich da, und Sylvia fragte: »Ist etwas passiert?«
    Ich beobachtete, wie sie ein gelbes Blatt abzupfte.
    »Es war wegen Miss Chudley. Lungenembolie. Sie ist tot.« Robin blickte mich fragend an. »Kann ich irgend etwas tun?«
    »Ja, erlösen Sie mich von Mrs. Rowbottom, seien Sie so gut.«
     

17. KAPITEL
     
    »Meinst du, daß sie uns das Geld sofort geben werden?« fragte Sylvia.
    Sie sprach von unserer Erbschaft, die uns wegen Miss Chudleys Ableben zukommen sollte.
    Noch eine Woche nach Miss Chudleys Tod, der für Sir Arthur genauso wie für mich sehr unerwartet gekommen war, da sich die alte Dame in solch guter Verfassung zu befinden schien, fühlte ich mich sehr niedergeschlagen. Durch den Tod von Reverend Barker, Mrs. MacConnal und Miss Chudley hatte ich innerhalb eines kurzen Zeitraumes drei meiner ältesten Getreuen verloren, an die ich mich gewöhnt hatte und um die herum die Legionen meiner Patientenliste wechselten, ohne einen tieferen Eindruck zu hinterlassen. Ich fühlte mich wie ein Lehrer, der seine Schüler aus der obersten Klasse entlassen hatte und nun gezwungen war, sich neue Vertrauensschüler auszusuchen. Wer würde jetzt mein geistiger Berater
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