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Die Liebe verzeiht alles

Die Liebe verzeiht alles

Titel: Die Liebe verzeiht alles
Autoren: WENDY WARREN
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könnte.
    Er bog in den Highway ein und gab richtig Gas. Verflixt, er hatte schon lange nicht mehr das Bedürfnis gehabt zu rasen. Sofort drosselte er das Tempo wieder. Offenbar übte Lilah noch immer einen schlechten Einfluss auf ihn aus.
    Eigentlich hatte er inzwischen gelernt, sich zu beherrschen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, keine Zeit zu verschwenden und sich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken zu lassen. Aber das Wiedersehen mit Lilah hatte ihn doch tatsächlich umgehauen.
    Dabei hätte er nicht überrascht sein müssen. Schon bei seiner Rückkehr nach Kalamoose war ihm klar gewesen, dass sich ihre Wege irgendwann kreuzen könnten. Er hatte sich darauf gefreut, ihr zu begegnen und zu zeigen, dass er es geschafft hatte – und zwar allein. Ohne ihre Liebe und Unterstützung, ohne alles, von dem er früher geglaubt hatte, er würde es zum Überleben brauchen. Er konnte auf vieles verzichten, wie er mittlerweile herausgefunden hatte. Unter anderem auch auf Lilah Owens.
    Er ließ den Moment Revue passieren, in dem er aus seinem Büro gekommen war und sie erblickt hatte. Sie war in eine Rangelei mit einem Kind verwickelt gewesen, das offenbar etwas gestohlen hatte. Natürlich hätte er einschreiten können, war aber lieber im Hintergrund geblieben. Er hatte die Gelegenheit genutzt, sich wieder abzuregen und Lilah zu betrachten.
    Selbst ohne perfekt gekleidet und geschminkt zu sein, war sie noch immer attraktiv… Gus fluchte und gab Gas. Ja, sie hatte auch nach zwölf Jahren noch eine Traumfigur. Allerdings hatte sie müde ausgesehen, als hätte sie nur wenig geschlafen. Aber ihre grünen Augen waren so faszinierend gewesen wie früher – und ihre Lippen waren so sinnlich, dass sie den meisten Männern den Verstand raubten.
    Gus drosselte das Tempo, als der Tacho hundertdreißig Stundenkilometer anzeigte, und dachte kurz an das Mädchen. Sie dürfte um die zehn, elf Jahre alt sein und ähnelte Lilahs älterer Schwester Sara, mit der er sich nie verstanden hatte. Möglicherweise war es deren Tochter, oder aber die von Nettie. Wie er gehört hatte, war die jüngste Schwester verheiratet und lebte teils in Kalamoose, teils in New York. Mehr wusste er nicht über die Familie, denn er hatte jeden Tratsch und Klatsch sorgfältig gemieden.
    Dass es Lilahs Kind sein könnte, hatte er bereits verworfen, bevor er ihr in den Weg getreten war. Die Rangelei zwischen den beiden hatte merkwürdig gewirkt, als wären sie keinen Körperkontakt miteinander gewöhnt.
    Verschwende keine Zeit mehr auf das Kind, ermahnte er sich. Und dann dachte er an den schlimmsten Moment in ihrer Beziehung: an Lilahs Verrat. In einem Augenblick, den er nie vergessen würde, hatte sie ihm quasi das Herz herausgerissen, das er erst durch seine Liebe zu ihr entdeckt hatte.
    Eine Ewigkeit hatte er sich gewünscht, sie möge einen ähnlichen Schmerz erleiden. Sie sollte sich verlieben, einem Menschen vertrauen und zulassen, jemanden zu brauchen – und dann von diesem völlig im Regen stehen gelassen werden.
    Lange Zeit hatte der Hass ihn beherrscht und am Leben gehalten. In dieser Phase hatte er miserable Entscheidungen getroffen und idiotische Fehler begangen. Schließlich erkannte er, dass Hass ein schlechter Begleiter war, mit dem man nicht weiterkam, dass gerechter Zorn jedoch eine starke Antriebskraft besaß. Ab da hatte es sich für ihn zum Guten gewendet.
    Gus hatte sich Chancen erkämpft, die er sich nie erträumt hätte. Er hatte seinen Stolz und seine Arroganz ignoriert und jede Arbeit angenommen, wenn sie ihn weiterbrachte. Außerdem hatte er gelernt, sich anzupassen oder sich zumindest diesen Anschein zu geben, wenn es für ihn nützlich war. Er hatte sich Mentoren gesucht und ihren Ratschlägen aufmerksam zugehört.
    Im Lauf der Jahre hatte er es weitergebracht, als jeder – einschließlich er selbst – ihm zugetraut hätte. Irgendwann auf seinem Weg hatte er nicht mehr bei jedem Job, den er annahm, oder jedem Bankkonto, das er eröffnete, an Lilah gedacht. Und als er eines Tages einen tausend Dollar teuren Anzug anprobiert und sich im Spiegel betrachtet hatte, war ihm die eigene – nicht Lilahs – Zustimmung wichtig gewesen. In jenem Moment hatte er gewusst, dass er endlich ein freier Mann war, der nicht nur beruflich, sondern auch privat zu neuen Ufern aufbrechen konnte. Er hatte mit Lilah Owens abgeschlossen, denn es interessierte ihn nicht mehr, was sie fühlte oder meinte, oder ob sie ihr Verhalten jemals bereut
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