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Die Liebe verzeiht alles

Die Liebe verzeiht alles

Titel: Die Liebe verzeiht alles
Autoren: WENDY WARREN
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Ladendiebstahls. Sie hatte noch nie eine Straftat begangen, was er dagegen nicht von sich behaupten konnte. Allerdings war sie ihm seit zwölf Jahren eine Erklärung schuldig und musste ihn um Verzeihung bitten. Trotzdem wurde sie ärgerlich.
    „Auch ich dulde keinen Diebstahl“, erwiderte sie so gelassen wie möglich. „Das habe ich noch nie gemacht.“ Ja, er hatte ihre Anspielung verstanden, denn er sah sie finster an. Aber jetzt sollte sie endlich Bree zur Rede stellen. Sie blickte an ihm vorbei zur Glastür, und er drehte sich kurz um und folgte ihrem Blick.
    „Bringen Sie das Mädchen her!“, wandte er sich an die junge Lakota.
    Angst stieg in Lilah auf. „Nein. Wir haben es eilig.“
    Ungerührt bedeutete er seiner Angestellten, nach draußen zu gehen, und Lilah seufzte resigniert. Verflixt, sie war gerade einmal fünf Minuten zurück in der Heimat und forderte schon das Schicksal heraus.
    Schnell besann sie sich auf ihr schauspielerisches Talent und sagte forsch und spöttisch zugleich: „Man könnte meinen, wir würden eine Szene für CSI drehen. ‚Bringen Sie das Mädchen her‘“, äffte sie ihn nach. „Meine Güte, Gus. Was für ein Theater wegen nichts. Mir ist klar, dass die Situation etwas merkwürdig gewirkt hat, aber du solltest doch am besten wissen, wie schnell ein falscher Eindruck entsteht. Bree ist zum Wagen gelaufen, um ihr Geld zu holen, weil ich mich geweigert habe, ihr etwas Süßes zu kaufen.“ Sie bückte sich und hob den Schokoriegel auf. „Das ist alles.“
    Wie auf Kommando kam die junge Frau mit der jungen Diebin zur Tür herein. Die Elfjährige sah kampflustig aus, aber auch beunruhigt und ängstlich, als sie Lilah anblickte. Vermutlich befürchtete Bree, Lilah hätte sie verraten.
    Hoffentlich kann ich uns bald aus dieser blöden Lage befreien, dachte sie. Ihr Schützling tat ihr ehrlich leid. Außerdem wollte sie im Moment bestimmt keine Fragen über die letzten zwölf Jahre ihres Lebens oder Bree beantworten.
    „Ich glaube, ich kaufe den Riegel doch“, erklärte sie Gus. „Es gibt so viele Studien über den Nutzwert von Schokolade. Wer bin ich, dass ich an den wissenschaftlichen Erkenntnissen zweifle?“ Sie sah Bree über seine Schulter hinweg an, die reglos dastand. „Du brauchst dein Sparschwein nicht zu plündern, Schätzchen. Deine Tante Lilah kauft dir etwas zum Knabbern.“
    Zufrieden beobachtete sie aus den Augenwinkeln, dass Gus das Wort „Tante“ registriert hatte, und wandte sich dem nächstbesten Regal zu. Sie holte eine Tüte Kartoffelchips heraus und überflog die Zutatenliste. „Ja, niedriger Fettgehalt und viel Kalium. Wir nehmen auch die noch mit. Komm, Bree.“
    Sobald sie an Gus vorbeigegangen war, warf sie der Elfjährigen einen vielsagenden Blick zu: Fall mir jetzt bloß nicht in den Rücken ! Und Bree zeigte sich endlich einsichtig und nickte.
    Hocherhobenen Hauptes schlenderte Lilah auf die Kasse zu. Tu so, als hättest du in den letzten vier Tagen nicht hinterm Steuer gesessen, sondern Edelboutiquen durchstreift, forderte sie sich auf. Leider sah sie nicht gerade danach aus.
    Seit einer Ewigkeit stärkte sie ihr Selbstvertrauen, indem sie besonders auf ihr Äußeres achtete – das momentan allerdings sehr zu wünschen übrig ließ. Sie war verschwitzt, ihr Make-up war verwischt, und die kakifarbenen Shorts und das weiße Top mussten dringend gebügelt werden. Und ihren Händen hatte sie schon seit Monaten keine Maniküre mehr gegönnt.
    Besonders eindrucksvoll sehe ich nicht gerade aus, dachte sie und erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit Gus. Sie war elf gewesen, fast ein Jahr jünger als er, und hatte gerade angefangen, den modischen Covergirls auf dem Teenagermagazin „Seventeen“ nachzueifern.
    Gus hingegen hatte ausgesehen, als würde er auf einer Farm arbeiten und die Kleidung seit einer Woche nicht gewechselt haben. Sein T-Shirt war fleckig, zu groß und an manchen Stellen verschlissen gewesen, und die Hose war an mehreren Stellen zerrissen gewesen. Er selbst war schmutzverschmiert gewesen und hatte nach Schafen gerochen.
    Bedächtig legte Lilah die Einkäufe auf den Tresen und holte Geld aus der Handtasche, während sie auf die Kassiererin wartete. Aber statt ihrer erschien Gus hinter dem Ladentisch. Ohne sie aus den Augen zu lassen, rechnete er die Sachen ab und reichte sie ihr schließlich in einer Papiertüte.
    Vorsichtig nahm Lilah sie entgegen, denn sie wollte ihn nicht einmal am kleinen Finger berühren. Sie trat
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