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Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Titel: Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
Autoren: Bas Kast
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im Laufe der Jahrmillionen Menschen wurden. Wir sind ohne Augenzeugen entstanden. Dennoch lässt sich, etwa indem man die Lebensweise von heute noch vorhandenen Jäger-Sammler-Gruppen studiert, sinnvoll über unsere Entstehungsgeschichte spekulieren.
    Eins ist sicher: Auch unsere Ahnen waren schon auf der Suche nach einem Partner, sonst würde es uns heute nicht geben. Wie aber gingen sie vor?
    Es gibt viele bessere Hälften da draußen, und eine Strategie könnte darin bestehen, willkürlich eine zu nehmen. Einfach so. Die Erste, die einem über den Weg läuft.
    Das war vermutlich nicht die Strategie unserer Vorfahren. Sie waren, wie sich übrigens auch bei vielen Arten im Tierreich beobachten lässt, wählerisch. Und das aus einem guten Grund: Unsere Ahnen wollten für sich selbst und ihren Nachwuchs nicht irgendeinen, sondern den besten Partner, den sie bekommen konnten. So nahmen sie, bevor sie sich auf eine Paarung einließen, einen rigorosen Partnercheck vor – das Flirten.
    Wir, die Nachfahren dieser strengen Ahnen, gehen ganz ähnlich vor. Während die Verführung ihren Lauf nimmt, prüfen auch wir unser Gegenüber von Kopf bis Fuß, zum Teil bewusst, zum Teil unbewusst. Mit jeder Flirtstufe finden wir mehr über den Kandidaten heraus. Auf dem Weg zum Werbetanz nähern wir uns mehr und mehr einer Antwort auf die Frage, ob wir es mit einem passenden Partner zu tun haben.
    Dabei gibt es ein Geschlecht, das weitaus strenger und unerbittlicher prüft: die Frau. Auch das versuchen Forscher vor dem Hintergrund
der Fortpflanzung zu verstehen. Natürlich begutachten sich beide gegenseitig, der Mann die Frau, die Frau den Mann. Sie aber prüft genauer. Das hat einen einfachen Grund: Die Konsequenzen einer falschen Wahl wären für sie weitaus verheerender als für ihn. Denn es ist die Frau, die bei der Fortpflanzung die größten Kosten trägt.
    Die ungerechte Verteilung beginnt schon auf der Ebene der Gameten, der Geschlechtszellen. Eine weibliche Eizelle ist groß und somit teuer. Ihr Vorrat ist beschränkt, während ein Mann an einem einzigen Tag bis zu 300 Millionen winziger Spermien produzieren kann. [66] Spermien sind, verglichen mit einer Eizelle, biologische Billigware.
    Der Unterschied verschärft sich im Moment der Befruchtung. Mit ihrer Eizelle hat die Frau bereits mehr in den Nachwuchs eingebracht. Jetzt jedoch wird das Missverhältnis vollends deutlich. Die Frau ist es auch, die den Preis der Schwangerschaft zahlt.
    Rechnet man nun noch die nachfolgende Stillzeit und Erziehung hinzu, beläuft sich das Investment der Frau auf Jahre ihres Lebens. Und der Mann? Wenn er will, kann er sich, nach einem Einsatz, der gerade mal ein paar Minuten und einen Teelöffel Spermien gekostet hat, wieder aus dem Staub machen. Bei unseren nächsten Verwandten, den Affen, ist diese Minimalanstrengung sogar nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
    Unter diesen Umständen versteht es sich sich natürlich von selbst, dass sich für die Frau nichts von selbst versteht. Sie kann ihre Kosten nur dann senken, wenn sie einen Mann findet, der fähig und bereit ist, mehr als nur ein paar Spermien in den Nachwuchs zu investieren.
    Deshalb, vermuten Evolutionspsychologen, ist sie wählerischer. Sie prüft und verwirft, prüft und verwirft. Er wirbt und wird zurückgewiesen, immer wieder. Weil sich seine Kosten bei der Fortpflanzung in Grenzen halten, kann er forsch vorgehen. Sie dagegen sollte möglichst anspruchsvoll sein. Ein Fehler käme sie viel teurer zu stehen. So hält die Frau schon beim Flirten die Zügel in der Hand. [67]

Der Geist entstand bei Mondschein
    Die Folgen dieses Werbe- und Prüfprozesses sind dramatisch. Vielleicht ist sogar unsere gesamte Kultur eine Art Abfallprodukt des Flirtens. Davon zumindest ist der US -Evolutionspsychologe Geoffrey Miller überzeugt. Der Geist, glaubt der Forscher, entstand bei Mondschein. Etwas prosaischer formuliert: Beim Candlelight-Dinner ist Ihr Esprit gefragt. [68]
    Ausgangspunkt von Millers Überlegung ist ein Problem, das schon dem britischen Biologen Charles Darwin Kopfschmerzen bereitet hatte. In der Natur, beobachtete der Vater der Evolutionstheorie, wimmelt es von Erscheinungen, die sich nicht mit dem Prinzip vom »survival of the fittest« erklären lassen.
    Ein Beispiel ist der Pfau. Einmal gestand Darwin seinem Sohn Francis: »Schon vom bloßen Anblick der Schwanzfeder eines Pfauen wird mir übel!« [69] Warum? Was hatte der große Biologe gegen das farbenfrohe
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