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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel
Autoren: Claudie Gallay
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Chien-Fou herrscht Gedränge, eine Menschenansammlung, alle blicken nach oben.
    Eines der Fenster unter dem Dach steht weit offen. Ein Feuerwehrmann beugt sich hinaus, sein Helm glänzt im Licht der Laternen.
    In dieser Festivalstadt könnte man glauben, es handele sich um eine Aufführung.
    Andere Feuerwehrmänner drängen die Schaulustigen zurück. Ein Scheinwerfer taucht die Fassade in helles Licht.
    Die Bewohner des Viertels sind alle aus ihren Häusern gekommen, manche mit besorgten Gesichtern. Andere sind lediglich neugierig.
    Das Blaulicht eines Polizeiwagens. Ein Krankenwagen neben der Tür.
    Damien nähert sich. In der Menge erkennt er den jungen Mann, der jeden Mittag die Bäckerei betritt.
    Er geht zu ihm.
    »Was ist los?«, fragt er.
    »Dort oben ist Feuer ausgebrochen«, antwortet der junge Mann.
    Er deutet auf das Fenster. Beißender gelber Rauch quillt heraus. Keine Flammen mehr. Das Wasser hat sie bereits gelöscht.
    »Sie sind noch rechtzeitig gekommen«, sagt er. »Das Feuer hat nicht auf das Dach übergegriffen.«
    Damien bleibt neben dem jungen Mann stehen. Er holt sein Handy aus der Tasche und ruft Odon an.
    »Ein Nachbar hat die Feuerwehr angerufen«, sagt der junge Mann. »Er hat Lichtschein gesehen, flackernde Lichter hinter den Fenstern, er sagte, es würden blinken.«
    Ein Mädchen vor ihnen dreht sich um.
    »Sie haben dort oben jemanden gefunden«, murmelt sie.
    Damien steckt sein Handy ein. Er sieht das Mädchen an. Es ist die junge Frau, die er nur zehn Minuten nach dem jungen Mann die Bäckerei betreten sieht.
    Er ist sich ganz sicher.
    Der junge Mann steht neben ihm.
    Sie sind beide da.
    Ein Feuerwehrmann kommt aus dem Theater. In schwarzen Stiefeln. Zwei weitere folgen mit einer Trage.
    Alle treten zur Seite. Gemurmel steigt aus der Menge auf.
    Die junge Frau tritt zurück. Sie steht jetzt neben dem jungen Mann.
    Sie stehen nebeneinander, ohne sich zu rühren.
    Die Trage kommt vorbei.
    Odon weckt Julie.
    Er sagt, es gebe ein Problem im Theater. Sie springen in den Wagen, einen alten Scénic. Er fährt schnell.
    Nach wenigen Minuten hält er vor dem Theater, genau in dem Augenblick, als die Trage im Krankenwagen verschwindet.
    Er steigt aus dem Auto.
    Er sieht es.
    Er sieht die Feuerwehrmänner und dann Damien, der auf ihn zukommt.

D ie Feuerwehrleute haben Maries Körper neben dem Kristalllüster gefunden. Sie haben gesagt, dass er von den Flammen verschont worden sei. Sie haben von Rauch und Erstickung gesprochen.
    Ein Mädchen. Ein grünes Polohemd.
    Odon nähert sich, murmelt Worte, die keiner versteht. Ein Gendarm sagt etwas zu ihm.
    Er hört ihn nicht. Sein Kopf ist von einem lauten Summen erfüllt.
    Die Feuerwehrleute schieben Marie in den Krankenwagen. Er fährt geräuschlos weg. Für einen Moment rührt sich niemand auf dem Platz.
    Odon steht mit herabhängenden Armen vor dem Theater.
    Einige der Schaulustigen gehen nach Hause. Andere bleiben. Nachbarn, Leute aus dem Viertel.
    Damien nimmt Julies Hand.
    Sie schmiegt sich an ihn, in seine Arme. Vergräbt den Kopf an seiner Schulter. Er streicht ihr übers Haar.
    Dicke Tränen treten aus ihren Augen und laufen seinen Hals hinab.
    Der junge Mann und die junge Frau stehen noch da. Er mit träumerischem Blick. Sie mit den Händen auf den Falten ihres Rocks.
    Damien beobachtet sie.
    Noch kennen sie sich nicht.
    Sie sprechen zum ersten Mal miteinander.
    Das Gesicht des jungen Mannes ist ein wenig nach vorn geneigt.
    Das Gesicht der jungen Frau.
    Mit den Augen folgen sie dem Krankenwagen, der Marie wegbringt. Als er verschwunden ist, stehen sie noch immer da.

S ie haben die Tür eingetreten, um sich Zutritt zu verschaffen. Im Flur ist Wasser. Spuren von Schritten, Stiefeln.
    Im Büro ist nichts angerührt worden.
    Wasser auch auf dem Fußboden im ersten Stock.
    Odon geht zum Waschbecken. Die Ringe liegen nebeneinander. Auf dem Handtuch ist etwas Blut.
    Marie ist hier gewesen, hat sich versteckt, verkrochen.
    Auf dem Dachboden ist das Fenster offen. Überall Wasser aus den Schläuchen. Auf dem Boden Glassplitter.
    Die Steckdose ist schwarz, das Kabel verbrannt.
    Es riecht nach kaltem Rauch. Ein beißender Plastikgeschmack klebt ihm im Hals.
    Die alte Holztruhe. Darin Kostüme, alte Decken, alles verbrannt. Das Foto des Vogels, der inmitten der Kugeln fliegt, ist verschwunden.
    Der Kristalllüster. Hier haben die Feuerwehrmänner Marie gefunden.
    Ihr Fotoapparat liegt auf dem Bett. Vergessen. Er nimmt ihn, dreht ihn, entfernt die
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