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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag
Autoren: Erno Szep
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vielleicht wird das von nun an anders, und es regnet.
    Am Nachmittag arbeite ich wieder an dem französischen Stück. Es klingelt.
    Iboly.
    Mit einem tropfenden kleinen Schirm. Nie habe ich sie bislang mit einem Schirm in der Hand gesehen.
    Ich habe Sie erschreckt? Nicht einmal einen Kuss bekomme ich.
    Wie ist dir das jetzt in den Sinn gekommen?
    »Ich weiß es nicht. Ich musste zu Ihnen herkommen.«
    Warum hast du nicht angerufen?
    »Weil Sie mir dann nicht erlaubt hätten, herzukommen.«
    Sie lacht. Sieht mich an, als ob sie getrunken hätte.
    Das tut man nicht, meine Liebe; vielleicht habe ich gerade Damenbesuch.
    »Dann werfen Sie mich raus. Aber es ist niemand da, ichkann ins Zimmer hineinschauen. Ach, ich habe noch nie gesehen, wie Sie wohnen.«
    Sie hüpft bis zur Schwelle:
    »Gott, jetzt bin ich da!«
    Kommt zurück.
    »Wo kann ich diesen scheußlichen Schirm hintun? Soll ich auch den Mantel hier draußen lassen? Ich bin so nass, eklig!«
    Sie zieht unter dem Mantel ihr Textbuch hervor.
    »Ich musste jetzt kommen, Sie sollen mich abhören. Bestimmt bin ich miserabel schlecht, ich glaube niemandem mehr.«
    Sie beugt sich zu mir hin, umfasst mich:
    »Lassen Sie mich nur eine Stunde bei Ihnen sein.«
    Iboly, ich habe zu tun. Ein andermal.
    »Nein, nicht ein andermal. Ich gehe nicht weg. Seien Sie doch nicht so, Mihály.«
    Es drängt sie zu meinem Mund, ihre Worte schwinden.
    Und dann zieht sie mich hinein ins Zimmer.
    Fünf Minuten lang macht sie sich mit der Einrichtung bekannt, springt hierhin und dahin wie eine Wespe, die sich hierher verirrt hat; fasst alles an, streichelt den Tisch, den Diwan, den Schrank, jedes Buch, das sie entdeckt.
    Liebes Kind, du siehst, ich arbeite und dass ich eine eilige Arbeit habe, jetzt setzt du dich hin, bekommst ein Bonbon und eine Zigarette und dann musst du wieder gehen.
    Ich schaue auf meine Uhr.
    Sie setzt sich auf den Diwan.
    Nach drei Minuten sagt sie:
    »Arbeiten Sie ruhig. Mich lassen Sie einfach hier sitzen. Kümmern Sie sich gar nicht um mich.«
    Wie du glaubst.
    Tatsächlich tauche ich die Feder ein und lege die andere Hand an die Stirn.
    Hinter mir nehme ich wahr, wie sie sich auf dem Diwan zurücklehnt. Und dann ganz tief Atem holt.
    Trotzdem, ich versuche, mit dieser Arbeit weiterzumachen.
    Eine Minute später stöhnt Iboly vernehmlich.
    Und dann mit dem gleichen stöhnenden Stimmchen:
    »Hier ist es so heiß.«
    Und wieder:
    »Sooo heiß.«
    Sie steht auf, tritt hinter meinen Stuhl.
    Ich kritzle ein paar Worte aufs Papier, sinnlose, werde sie dann wieder wegstreichen müssen.
    Sie beugt sich zu meinem Ohr hin, berührt mich aber nicht:
    »Können Sie mir meine Bluse hinten aufknöpfen?« Dann atmet sie hörbar tief ein und lacht leise, so als ob ihr Wohlgefühl von sprudelndem Sodawasser prickelt.
    Ich habe nichts gehört.
    Dann streicht sie mit der Hand zwei-, dreimal über meine Schulter und legt ihren Mund auf mein Haar, flüstert:
    »Helfen Sie mir doch, die Bluse aufzuknöpfen.«
    Du erkältest dich.
    »Mihály, Mihály.«
    Ich rühre mich nicht.
    Erst lässt sie den Arm sinken; dann hebt sie den Kopf. Ich höre gar nicht,dass sie zum Diwan geht,nur,wie sie sich darauf fallen lässt. Vielleicht zehn Sekunden später bricht das Weinen aus ihr heraus. Fast in Barintonstimmlage. Als ob ein wilder Bengel heult. Sie fällt mit dem Gesicht hin, drückt den Mund auf das Kissen,dadurch klingt ihr Weinen so kindlich und wild.
    Soll sie doch heulen.
    Meine Uhr liegt hier auf dem Schreibtisch. Siebeneinhalb Minuten hat dieses monotone Weinen gedauert. Dann vier Minuten lang kurze Schluchzer. Danach ruhte sie fünf, sechs Minuten aus und zog immer wieder die Nase hoch.
    Sie setzte sich auf. Holte ihr Retikül. Setzte sich wieder hin. Nach drei Minuten stand sie auf.
    Da habe ich hingesehen.
    Ihre Tränen rannen noch.
    Dann sagte sie müde:
    »Ich gehe jetzt.«

42.   Nacht
    Es wäre so einfach gewesen, diese Bluse aufzuknöpfen.
    Warum habe ich sie nicht aufgeknöpft. Sie hätte trotzdem heiraten können. Heutzutage wissen die Mädchen sich doch zu helfen.
    Die Würfel waren gefallen. Und es war entschieden, dass ich Iboly aufgebe.
    Aber sag, mein Lieber, wenn sie zufällig nicht diese Bluse angehabt hätte, die man hinten aufknöpft; wenn sie sich selbst die Bluse über den Kopf gezogen hätte. Nun? Er schweigt?
    Oder wenn ich in sie ich weiß nicht wie verliebt gewesen wäre. Ich hätte sie nicht weggehen lassen können.
    Auch wenn ich sie nicht geliebt hätte, das
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