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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag
Autoren: Erno Szep
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nicht. Sie weiß auch gar nicht zu sagen, warum sie gekommen ist. Doch sie musste kommen. Ich möchte ihr bitte nicht böse sein.
    »Wissen Sie, gerade jetzt vor der Prüfung. Es ist nämlich ganz schrecklich, wie durcheinander dieses Mädchen ist.«
    Gott sei Dank. Umso schlechter wird sie dann bei der Aufführung sein.
    Bijou machte natürlich große Augen.
    Da habe ich sie aufgeklärt. Sagte ihr, dass ihre kleine Schwester nicht sehr begabt ist. Ja, da hat sich der Professor Tatai einmal geirrt. Und ich erklärte Bijou auch, ich hätte erfahren, dass der junge Mann, dieser Metzgerssohn, ein gewisser Gyula, wieder anfing, Iboly den Hof zu machen. Und dass mir Iboly verraten hat, er wolle sie heiraten.
    »Ich bitte Sie, die Ibi liebt diesen Burschen nicht. Sie wissen doch ganz gut, lieber Herr, wen sie liebt.«
    Liebes Fräulein, hier geht es nicht ums Verliebtsein, sondern ums Glück. Um die Heirat. Und die Ibi wird diesen netten, braven Menschen mit der Zeit schon lieben lernen. Wenn sie erst einmal Kinder hat, vielleicht auch schon früher. Sie wird ihn lieben, ebenso wie das Glück, die Bequemlichkeit, wie die schöne Wohnung, wie das Leben. Und die Frau Mutter, freut sie sich nicht auch darüber, dass ihre Tochter einen gut situierten, gebildeten jungen Mann heiratet, ich bitte Sie, in dieser heutigen Welt!
    »Die Mama, wissen Sie, die redet immer davon, dass Ibi das große Glück machen muss. Vor vier Jahren ist ein Mädchen aus unserer Gasse nach Berlin gegangen, zum Film, die war nicht schöner als Ibi und sie hatte wirklich nicht viel Begabung, weil sie ein ganz einfaches dummes Frauenzimmer war, und doch fand sie sich sofort einen Freund, der Millionär war, und seither hat sie ihrem Vater schon ein schönes Haus gekauft, draußen in Szentlörinc.«
    Für die arme Mama tut es mir sehr leid, dass sie von ihrer geliebten kleinen Tochter so bitter enttäuscht wird.
    Ja, und der Papa? Auch ihn würde es nicht reuen, wenn die Ibi sich verkaufen müsste?
    »Ach, der Papa.« Bijou sah zur Seite. Und in Richtung Fenster sagte sie: »Papa kümmert sich nicht um uns. Er schert sich überhaupt um nichts.«
    Dem Fenster zugewandt stand sie noch eine halbe Minute, als hätte sie vergessen, dass sie mit mir sprach; dann wandte sie sich mir zu.
    Und sie berichtete von dem Papa.
    Der habe keinen Charakter. Als er jung war, blieb er nachts immer weg, bis er eingezogen wurde, wollte sich nur schön anziehen und hatte nichts als den Rennplatz im Kopf. Auch jetzt liege er den ganzen Tag auf dem Sofa, die Bartbinde umgelegt,kämme sich ständig vor seinem Taschenspiegel. Tue den ganzen Tag nichts als Zeitungen lesen; wenn er auf die Beine käme, gehe er ins Kaffeehaus, presse Bijou ein paar Pengő zum Kartenspielen ab. Aus dem Kaffeehaus bringe er sich kiloweise alte Zeitungen mit. Und spätabends, zur Schlafenszeit, beliebe es ihm, Radio zu hören, vor allem die Zigeunermusik habe es ihm angetan, da könne er stundenlang mitsingen, die Mama mache das fast wahnsinnig; ständig sage sie: »Ihr werdet sehen, eines Tages erdrossel ich euren Vater, ihr werdet es noch sehen!« Und ich solle nicht glauben, er wäre auch nur einen Tag in der Klinik geblieben, als ihn der Professorin ein Vierbett-Extrazimmer legen wollte. Nein woher? Einmal sei er zur Untersuchung bei dem Professor gegangen, dann aber nie mehr. Er glaube, mit dem Gesundwerden habe es noch Zeit, bis der nächste Krieg kommt; dann wäre er wieder Oberleutnant, und das ist das richtige Leben! Ja, der Papa habe Angst, dass er, falls man sein Bein reparieren würde, gezwungen wäre, auch etwas zu tun, aber das wolle ja gar keiner, sie wären schon zufrieden, wenn er sie nicht alle ständig quälen würde. Der Papa habe es sich so eingerichtet, dass er faulenzen und sich bedienen lassen kann. So ein Mensch sei der Papa, leider.
    Meine arme kleine Iboly hat mir berichtet, dass der Papa in der Klinik liegt, sein Bein operiert wurde und gut heilt, der Professor habe gesagt, es würde wieder in Ordnung kommen.
    Und dann diese Bijou. Was wird aus Ihnen, meine Liebe?
    »Aus mir? Auch aus mir wird etwas werden, mit Gottes Hilfe.«
    Bijou ist jetzt, bitteschön, dreiundzwanzig, seit zwei Jahren hat auch sie jemand, er ist Geschäftsführer in einem Restaurantbetrieb; lebt getrennt von seiner Frau. Es gibt zwei Kinder, und ihr Jemand zahlt dieser Frau hundertfünfzig Pengő von seinem Gehalt, für Bijou kann er von dem Rest nichts abzweigen. Seine Frau willigt nicht in die Scheidung
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