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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage
Autoren: DANA KILBORNE
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hinunterrieseln. Trotzdem gab sie sich kämpferisch – ganz einfach weil sie hoffte, dass er in seiner Wut kurzen Prozess mit ihr machen würde.
    Es gab für sie ohnehin keine Chance zu entkommen. Aber sie würde ihm nicht den Triumph gönnen, sie um Gnade betteln zu hören.
    „Mach mit mir, was du willst. Aber du wirst nicht verhindern können, dass …“
    Plötzlich gab es einen gewaltigen Knall. Die Stahltür erzitterte, und Silvio wirbelte herum. „Was zum Teufel …?“
    Ein weiterer Schlag hinterließ eine riesige Delle in der Tür, und beim dritten flog sie einfach aus dem Rahmen, so als wäre sie nicht mehr als ein Spielzeug.
    Im nächsten Moment stürmte jemand in den Raum.
    Zack.
    Erleichterung durchströmte Grazia, als sie ihn sah. Er wirkte wie ein altrömischer Feldherr kurz vor dem Beginn der alles entscheidenden Schlacht. Seine hellblauen Augen blitzten und sprühten Funken. So wütend hatte Grazia ihn noch nie erlebt.
    Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, stürzte er sich auf den völlig überrumpelten Silvio. Zwar versuchte der Dämon, sich zu wehren, doch gegen den aufgebrachten Zack hatte er nicht den Hauch einer Chance.
    Einen Schlag nach dem anderen ließ der Engel auf den Werwolf niederhageln, der vor dem Ansturm nur zurückweichen konnte. Schließlich fand sich das Dämonenwesen mit dem Rücken an der Wand wieder, hob schützend die Hände vors Gesicht und stieß einen Laut aus, der an ein verzweifeltes Winseln erinnerte.
    Doch Zack kannte keine Gnade. Er zischte eine Reihe von für Grazia unverständliche Worte, und das Schwert, das sie schon einmal an ihm gesehen hatte, erschien in seiner Hand.
    Er holte aus und ließ die Klinge, die wie helles Silber schimmerte, mit einem machtvollen Stoß niedersausen.
    Das Monster, zu dem Silvio sich verwandelt hatte, heulte auf vor Schmerz. Seine Augen quollen beinahe aus den Höhlen, während sein mit scharfen Zähnen bestücktes Maul versuchte, nach Zack zu schnappen.
    Schließlich erlahmten seine Bewegungen, und der Werwolf sank zu Boden.
    Beinahe auf der Stelle setzte die Rückverwandlung ein.
    Er schien in sich zusammenzuschrumpfen, das Fell bildete sich zurück, und aus den Furcht erregenden Klauen wurden wieder ganz normale Menschenhände.
    Wie gebannt beobachtete Grazia das schreckliche Schauspiel, während Zack ihre Hände von dem Rohr losband. Und dann bemerkte sie zu ihrem namenlosen Entsetzen, dass Silvio noch nicht tot war.
    Unsicher taumelte sie zwei Schritte auf ihn zu und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. In ihrem Inneren herrschte ein heilloses Chaos. Sie wusste nicht, was sie denken sollte, ob sie froh oder traurig sein sollte. Alles, was sie empfinden konnte, war eine unglaubliche Leere.
    „Silvio …“
    Blut lief aus seinen Mundwinkeln und tropfte auf den nackten Betonboden, trotzdem gelang es ihm irgendwie, sich noch einmal halb aufzurichten und sie anzusehen.
    „Weine nicht“, flüsterte er heiser, und erst jetzt merkte Grazia, dass tatsächlich Tränen über ihre Wangen strömten. „Ich danke dir … euch beiden …“ Gequält hustete er. „Ich wollte das alles nicht, aber …“
    Er verstummte, seine leeren Augen starrten sie an.
    Als Zack ihr von hinten eine Hand auf die Schulter legte, stand sie auf, barg das Gesicht an seiner Brust und schluchzte hemmungslos, bis sie glaubte, keine Tränen mehr übrig zu haben.
    Knapp anderthalb Stunden später hatte Grazia das Gefühl, in eine völlig andere Welt versetzt worden zu sein. Die Pincoteca Vaticana , besser bekannt als die Vatikanischen Museen, war zum größten Teil im Vatikanpalast untergebracht und beherbergte einige der bedeutendsten Kunstschätze der ganzen Welt.
    Irgendwo hier sollte sich, den Aufzeichnungen zufolge, die sie von Grazias Vater bekommen hatte, der Zugang zu den geheimen Katakomben der Bruderschaft der letzten Tage befinden.
    Wirklich vorstellen konnte Grazia sich das allerdings nicht. Die Museen gehörten zu den am meisten von Touristen überlaufenen Stätten ganz Roms. Selbst jetzt – es war kurz vor acht, und das Museum würde in ein paar Minuten seine Pforten schließen – war es noch sehr voll. Es erschien ihr beinahe unmöglich, dass an einem solchen Ort, an dem es Tag für Tag von Menschen nur so wimmelte, eine versteckte Nische, eine getarnte Tür oder ein Geheimgang nicht früher oder später entdeckt werden sollte.
    Um nicht aufzufallen, hatten Zack und sie sich als Touristen verkleidet. In dem Souvenirshop vor den Toren der
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