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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage
Autoren: DANA KILBORNE
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Vatikanstadt hatten sie sich Caps und Einwegkameras besorgt. Sie liefen mit gesenkten Köpfen, um möglichst den Überwachungskameras zu entgehen.
    „Hier runter“, sagte Zack irgendwann und deutete zu einem Durchgang, hinter dem Treppen in die Tiefe führten.
    Grazia runzelte die Stirn. „Bist du … Aber da sind die Herrentoiletten!“
    Er warf ihr einen ungeduldigen Blick zu. „Was ist jetzt? Kommst du oder hast du es dir doch anders überlegt?“
    „Nein, es ist nur … Ach, was soll’s.“
    Sie musste ein paar Minuten auf einen günstigen Augenblick warten, in dem der Publikumsstrom kurz abriss. Zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte sie die Treppe hinunter. Zack, der ihr gefolgt war, schob sie in Richtung einer Behindertentoilette im hintersten Winkel des Raumes.
    Erst als sich die Tür hinter ihnen schloss und Zack den Riegel vorschob, atmete Grazia auf. Dann blickte sie sich im Inneren der Kabine um. Hier gab es nichts, was darauf hindeutete, dass es einen anderen Ausgang gab, als den, über den sie gerade hineingelangt waren.
    „Und jetzt?“, fragte sie ratlos. „Hat dein schlaues Buch auch darauf eine Antwort?“
    Zack erwiderte nichts und fing stattdessen an, die Längswand der Kabine mit seinen Händen abzutasten. Grazia wollte ihn gerade auf die Sinnlosigkeit seines Unterfangens hinweisen, als sie plötzlich ein leises Geräusch hörte. Im nächsten Moment schwang vor ihren Augen eine schmale Tür auf, die in einen finsteren Schacht führte.
    Erst auf den zweiten Blick erkannte Grazia, dass sich an der Stelle, an der sich der Öffnungsmechanismus verborgen hatte, ein kleiner stilisierter Fisch in die Holzabdeckung geprägt worden war.
    „Bist du jetzt endlich überzeugt?“, wollte Zack wissen und zückte die Taschenlampe, die er unter seiner Jacke versteckt hatte. Er schaltete sie ein und öffnete mit der anderen Hand den Riegel für die Toilettenkabine. Dann schaute er Grazia auffordernd an. „Was ist? Worauf wartest du noch?“
    Zuerst war der Gang so schmal, dass man sich nur seitlich darin bewegen konnte, und nachdem Zack den Zugang sorgfältig verschlossen hatte, vermochte man kaum mehr die Hand vor Augen zu sehen. Doch schon bald wichen die aus dem groben Stein gehauenen Wände zurück, und sie konnten nebeneinander gehen. Der schwache Schein der Taschenlampe riss immer wiederkehrende Felszeichnungen aus der Finsternis.
    „Fische!“, rief Grazia aufgeregt und ließ ihre Finger über die reliefartigen Strukturen gleiten. „Sieh nur, Zack!“
    Er fluchte leise, als die Lampe zu flackern begann. „Komm“, sagte er, ergriff ihre Hand und zog Grazia mit sich. „Ich habe keine Ahnung, wie lange die Batterien noch halten, und ich möchte gern hier raus sein, ehe uns das Licht ausgeht.“
    Sie eilten weiter. Der Gang war jetzt stark abschüssig und führte sie immer tiefer unter die Straßen Roms und der Vatikanstadt. Und jetzt sahen sie auch die ersten loculi – Grabnischen, die in die Wände eingelassen waren und in denen die in Tücher gehüllten Gebeine der Toten lagen.
    Grazia zwang sich, nicht darüber nachzudenken, wie viele Menschen hier wohl ihre letzte Ruhestätte gefunden haben mochten. Sie fröstelte, und das lag nicht allein an der Kälte, die hier unten herrschte.
    „Wie weit ist es wohl noch?“, fragte sie unbehaglich, als die Lampe erneut zu flackern begann.
    Zack blieb so abrupt stehen, dass sie beinahe in ihn hineingelaufen wäre. „Wir sind da“, verkündete er dann. In seiner Stimme schwang etwas fast schon Ehrfürchtiges mit.
    Der Strahl der Taschenlampe leuchtete in eine riesige kreisrunde Höhle, deren glatte, wie poliert wirkende Wände so hoch waren, dass der Lichtkegel die Decke nicht erreichte. In regelmäßigen Abständen steckten Fackeln in eisernen Halterungen. Zack nahm eine davon, entzündete sie mithilfe des Feuerzeugs, das er aus seiner Jackentasche hervorzauberte, und steckte damit auch die anderen an.
    Innerhalb von nicht einmal einer Minute war die Höhle von flackernden Flammen erfüllt, deren Schatten über die nackten Wände tanzten.
    In der Mitte des Raumes befand sich ein aus Stein gehauenes Podest, auf dem eine mit kunstvollen Schnitzereien versehene Truhe stand.
    „Was ist das?“, wisperte Grazia. Mehr als ein Flüstern kam ihr vor lauter Anspannung nicht über die Lippen. „Doch hoffentlich nicht wieder irgendeine böse Überraschung?“
    Er schüttelte den Kopf. „Nein, keine Überraschung“, versicherte er ihr. „Wir haben es
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