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Die letzten Tage

Die letzten Tage

Titel: Die letzten Tage
Autoren: DANA KILBORNE
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nicht getäuscht: Hier stimmte etwas nicht. Grazia befand sich in größter Gefahr!
    Als die Lifttüren hinter ihm zugingen, schloss er die Augen und konzentrierte sich auf das mentale Band, das zwischen ihnen bestand. Er konnte sich seine Existenz zwar noch immer nicht erklären, aber das war jetzt auch nicht wichtig.
    Er musste Grazia finden – das allein zählte.
    Nachdem er vorhin in seinen Unterschlupf am Hafen zurückgekehrt war, hatte er sich sofort das Manuskript vorgenommen. Es gehörte zu seinen besonderen Fähigkeiten, Informationen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit aufzunehmen. Nach nicht einmal einer halben Stunde hatte er den Inhalt des Buches verinnerlicht und gewusst, was er als Nächstes unternehmen musste.
    Das Problem war nur, dass er Grazia nicht aus dem Kopf bekam.
    Irgendwie hatte er gespürt, dass etwas nicht stimmte. Und er konnte es einfach nicht ignorieren und so tun, als ginge es ihn nichts an. Also war er zum Krankenhaus gefahren, um nach ihr zu suchen.
    Es war verrückt. Er hatte alles, was er benötigte, um seine Aufgabe zu erfüllen. Er brauchte Grazia nicht mehr und war, wie sie ganz richtig festgestellt hatte, ohne sie viel besser dran.
    Warum also machte er sich nicht sofort auf den Weg zum Zugang der geheimen Katakombe, sondern verschwendete seine Zeit stattdessen damit, einen völlig nutzlosen Menschen zu retten.
    Weil du sie liebst …
    Die Erkenntnis traf Zack wie ein Schlag in die Magengrube – gleichzeitig wurde ihm klar, dass er es im Grunde schon die ganze Zeit gewusst hatte.
    Das zwischen Grazia und ihm war etwas Besonderes. Noch nie hatte er sich einem Menschen so nah gefühlt wie ihr, abgesehen vielleicht von Merle. Doch das war schon so lange her, dass er sich kaum noch daran zu erinnern vermochte. Hatte es zwischen Merle und ihm auch diese seltsame, nicht mit Worten zu beschreibende Verbindung gegeben?
    Nein, beantwortete er sich die Frage selbst, während der Fahrstuhl sich langsam nach unten in Richtung Tiefgarage bewegte. Wäre es so gewesen, dann hätte es ihn das erste Mal, als Grazia einfach so in seine Gedanken eingedrungen war, nicht so überrascht.
    Ein leiser Gongschlag erklang, als der Lift das unterste Stockwerk erreichte. Die Türen öffneten sich, und Zack fühlte sofort, dass er hier richtig war. Grazia musste irgendwo ganz in der Nähe sein. Er konnte ihre Angst so deutlich spüren, dass es ihm fast das Herz zerriss.
    Aber da war noch etwas anderes.
    Dämonische Aktivität.
    Er trat in die Tiefgarage hinaus, doch das Gefühl von Nähe wurde schwächer, je weiter er sich von den Aufzügen entfernt. Er ging ein paar Schritte zurück, und es verstärkte sich wieder.
    Suchend blickte er sich um. Dabei blieb sein Blick an einer roten Stahltür hängen.
    Er straffte die Schultern und rannte los.
    „Wirst du mir nun endlich verraten, welche Informationen du von deinem Vater bekommen hast?“ Silvio – oder vielmehr das Monster, das früher einmal Silvio gewesen war – bedachte Grazia mit einem wütenden Blick.
    Sie wusste, es würde nicht mehr lange dauern, bis der Werwolf die Geduld mit ihr verlor und sie einfach in der Luft zerriss. Sie fürchtete sich schrecklich vor diesem Moment – umso erleichterter war sie, dass es nichts gab, was sie Silvio sagen konnte.
    Er hatte sie mit beiden Armen an ein Lüftungsrohr gefesselt, das quer durch den ganzen Raum verlief. Es war so hoch, dass sie gerade noch mit den Fußspitzen den Boden berühren konnte. Ihre Zehen schmerzten inzwischen so heftig, dass sie am liebsten schreien wollte. Doch die Alternative, einfach frei in der Luft zu baumeln und die Qual zu ertragen, die Arme bei lebendigem Leib aus den Gelenken gerissen zu bekommen, erschien ihr noch weniger erstrebenswert.
    „Ich weiß nichts“, brachte sie gepresst hervor. „Du kannst dieses Spielchen noch stundenlang mit mir spielen, aber du wirst dabei nicht das Geringste von mir erfahren!“
    Silvio hob den Kopf und stieß ein ohrenbetäubendes Heulen aus, das ihr fast die Trommelfelle zerfetzte. Dann kam er näher. Langsam, ganz langsam. Sein zu einer schrecklichen Fratze – halb Mensch, halb Wolf – verzerrtes Gesicht nahm einen lauernden Ausdruck an.
    „Glaub nicht, dass ich es dir deshalb einfacher machen werde“, knurrte er kehlig. „Wenn ich schon in einer Sackgasse gelandet bin, dann will ich wenigstens ein bisschen Spaß mit dir haben.“
    Allein die Vorstellung, was er damit wohl meinte, ließ Grazia einen eisigen Schauer den Rücken
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