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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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sie es anderen gestatten mußte, die Dinge zu kontrollieren, aber sie mit ihnen spielen und sie dazu bringen konnte, die meisten Dinge zu tun, die sie wollte.
Ich mag Menschen
, waren die Worte, in die sie das kleidete, in einem Dutzend Varianten, von denen alle besagten, daß, sosehr sie technische Dinge haßte, sie alles über die verschiedenen Arten von Persönlichkeiten herausfinden wollte; es hörte sich altruistisch an und gab ihr auch Macht von der Art, die sie wollte. Die meiste Zeit hatte sie sogar an den Altruismus geglaubt... – bis zu diesem Vorfall, diesem schrecklich grausamen Scherz. Diesmal hatte es nicht funktioniert, und nichts davon hätte geschehen sollen.
    Es würde weiterhin funktionieren, wenn sie wieder Richard von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen konnte, Richard, und nicht Richard dem Oberbürgermeister. Sie probierte ein absichtliches, gewinnendes Lächeln vor dem Spiegel, zeigte ihre perfekten Zähne und eine berückende kleine Drehung der Schultern.
    Daunenweiche Wimpern, die blaue Augen umrahmten, ein Mund, der schmollen und zittern und Emotionen reflektieren konnte wie der Atem des Windes auf einer Wasserfläche, so zart, so willig reagierend, daß ein Mann wie Seine Ehren sich mächtig vorkam... das war alles schön und gut; sie wußte, wie man das machte. Er
liebte
sie – in seiner besitzergreifenden Weise; er hatte das nie gesagt, aber sie nährte seine mittelalterliche Eitelkeit, und diese war es, die verletzt worden war. Das mußte es sein; sie hatte ihn wohl stärker verletzt, als sie geglaubt hatte, und darauf hatte er das getan, um ihr zu zeigen, wie mächtig er war.
    Aber er würde kommen müssen und dann sehen, wie sie zur Einsicht gekommen war, und dann würde er bedauern, was er getan hatte, und sie würden sich versöhnen, und Bettine konnte sicher wieder in die Stadt zurückkehren.
    Er würde kommen.
    Sie zog sich um, legte ihr Straßenkleid an, das einen sehr tiefen Ausschnitt hatte, ging zurück ins Bad und kämmte die Fülle ihres dunklen Haares so, daß es vollkommen zu dem Rubinkleid mit dem tiefen Ausschnitt paßte und dem klein bißchen rubinroten Glitzerstaub, blasser als der blutrote Stoff... Ein Geschenk von ihm. Er würde sich an jenen Abend erinnern, wenn er sah, wie sie es trug.
    Sie wartete. Die Stille hier war tief, so furchtbar tief. Irgendwo in diesem großen Gebäude mußte es
irgend jemanden
geben. Draußen vor dem Fenster war es Nacht geworden, und sie blickte hinaus und konnte es nicht ertragen, tat es kein zweites Mal, denn dort war nur Schwärze, die sie daran erinnerte, daß sie allein war. Sie wünschte sich, einen Vorhang davorziehen zu können; sie hätte irgend etwas vor das Fenster hängen können, aber das Zimmer hätte dann schäbig ausgesehen, wo doch die Schönheit ihr Leben war. Ihr Überleben. Sie setzte sich auf den Stuhl und schaltete das Licht ein und las ihre Magazine, Artikel über Schönheit und darüber, wie man begehrenswert wurde, was jetzt, obwohl es sie früher bloß unterhalten hatte, erschlagend
wichtig
geworden war.
    Ihr Horoskop war gut. Es besagte, daß sie Glück in der Liebe haben würde. Sie versuchte, das als hoffnungsvolles Zeichen zu verstehen. Sie war ein Fisch. Richard hatte ihr diesen reizenden Talisman gegeben, den sie um den Hals trug; die Augen des Fisches waren echte Diamanten. Richard lachte über ihre Horoskope, aber sie wußte, daß sie zutrafen.
    Diesmal mußten sie es tun.
Meine kleine Auswärtige
, nannte er sie, denn wie die meisten derer, die an Horoskope glaubten, stammte sie von draußen. Aber sie hatte ihre Herkunft überwunden. Sie war ein schönes Kind gewesen, und weil ihr Vater in der Stadt gearbeitet hatte, hatte sie sich Bildung angeeignet – war absolut gebildet in all den Dingen, die für ein Mädchen angemessen waren, nicht in ernsten oder gelehrsamen Dingen, nichts, was wirklichen Sachverstand erforderte, außer den Umgang mit Menschen, denn sie wußte, daß es einfach überhaupt nicht klug war für ein Mädchen, zu offensichtlich gescheit zu sein... Bescheidenheit brachte ein Mädchen viel weiter... sie und das Glück, schön zu sein, das es ihr ermöglichte, hübsch zu weinen. Ihre kindischen Wutanfälle hatten raschen Trost gefunden, während ihre Brüder jeweils einen Klaps bekommen hatten, und bei jener Gelegenheit hatte sie zum erstenmal von dieser Art Macht erfahren, die sie stets besaß. Es war eben Glück, und das lag in den Sternen. Und ihre Magazine sagten ihr, wie sie
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