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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht
Autoren: James Barclay
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sie musste sich jetzt sehr anstrengen und rief, so laut sie konnte, damit diejenigen, die sie liebten, sie auch hören konnten.
    »Jetzt, Paul. Jetzt!«
     
    Die Toten kreischten und schrien, bewegten sich aber nicht mehr. Der Lärm machte es schwer, einen vernünftigen Gedanken zu fassen, doch Jhered war nahe genug, und Mirrons Worte leiteten ihn. Das Geflecht der Wurzeln, das die drei zusammenhielt, brach und riss auf. Lose Ranken flatterten in der Luft. Gorian tobte. Jhered konnte jetzt sein Gesicht erkennen, das Mirrons Werk purpurn und schwarz verfärbt hatte. Auch sie konnte er sehen. Mit geschlossenen Augen und kreidebleichem Gesicht stand sie nur noch auf den Beinen, weil einige Wurzeln sie stützten.
    »Halte durch, Mirron. Halte durch, lass jetzt nicht nach.«
    Eine Wurzel schlug nach seinem Gesicht und warf ihn zurück. Aus der tiefen Schnittwunde auf der Wange strömte das Blut. Jhered wischte es mit dem Handrücken ab, sprang auf und stürzte sich auf das Wurzelwerk. Es war glitschig und schwer zu packen, es begann zu verfaulen und zu verwesen.
    Jhered riss die äußeren Ranken weg, bis ein Loch entstanden war, durch das er greifen konnte. Er langte tief in die zuckende Masse hinein, erwischte einen Arm und zog. Er zerrte, so fest er konnte, und setzte sein ganzes Gewicht ein. Die Wurzeln gaben nach. Dann stürzte er zurück und drückte den Jungen an sich, umarmte ihn fest und wollte ihn nie wieder loslassen.
    »Es ist gut, Kessian, es ist vorbei.«
    Schließlich öffnete Jhered die Augen. Die Wurzeln hatten sich von Gorian und Mirron gelöst, sie hatte immer noch die Hand auf seinen Kopf gepresst, und er hatte ihre Kehle gepackt und versuchte, ihr die Lebenskraft zu nehmen. Sein ganzer Körper war von Schimmel überzogen, stellenweise platzte seine Haut auf und entließ stinkenden Eiter. Er schrie, es war ein gequälter, gepeinigter Ausbruch, der mit einem Wimmern endete.
    Jhered wollte Kessian auf den Boden legen, doch der Junge klammerte sich an ihn.
    »Es ist vorbei«, sagte Jhered.
    Gorian ließ die Hände sinken, auch Mirron ließ seinen Kopflos. Die beiden sanken nebeneinander ins Gras. Jhered sah sich zu den Toten um, die immer noch standen. Doch sie waren nicht mehr unter einem Befehl vereint, sondern schwankten hin und her, und Jhered war sogar sicher, dass sie einander verwirrt und ängstlich betrachteten.
    Kessian löste sich von Jhered, und die beiden standen wieder auf. Arducius und Ossacer waren schon bei Mirron und Gorian. Jhered ging zu ihnen. Kessian lief sofort zu seiner reglos am Boden liegenden Mutter. Gorian lebte noch, seine Hände waren gekrümmt wie Krallen, und er hatte die Arme vor die Brust gezogen. Krämpfe schüttelten ihn, seine Haut war voller roter Male, offener Wunden und Risse. Sein Gesicht war aufgedunsen und dunkel, die Lippen eine blutige Masse. Seine Augen starrten jedoch mit der überraschenden Kraft, die er schon immer besessen hatte.
    »Es hätte nicht so enden müssen, Gorian«, sagte Ossacer. »Das war kein Weg, den ein Aufgestiegener hätte einschlagen dürfen.«
    »Uns … immer … gehasst«, gurgelte es aus Gorians zerstörtem Mund. »Nie akzeptiert.«
    »Jetzt nicht mehr«, antwortete Arducius. »Nicht nach dem, was du getan hast.«
    Jhered sah Arducius von der Seite an. Kein Spott war in ihm zu entdecken, nur Bedauern. Ossacer legte die Hand auf Gorians linkes Bein.
    »Du hättest uns erlauben sollen, dir zu helfen«, fuhr Arducius fort. »Bevor es zu spät war. Jetzt können wir dir nur noch ein friedliches Ende anbieten.«
    Gorian entspannte sich und schloss die Augen, sein Kopf sank zur Seite. Aus seinem Mund rann Speichel ins Gras. Ossacer zog die Hand zurück.
    »Was ist mit Mirron?«, fragte Jhered.
    Ossacer richtete die blinden Augen auf ihn, die sich mit Tränen füllten, während ein ganzes Kaleidoskop von Farben flackerte.
    »Oh Paul, du weißt, dass es für sie zu spät ist.«
    Jhered schloss die Augen und sank auf die Knie. Er bemerkte kaum, dass die Toten hinfielen und in die Umarmung Gottes zurückkehrten.
    »Sie kann doch nicht tot sein«, flüsterte er und stieß Gorian fort, um ihre warme Wange mit dem Handrücken zu streicheln. »Nicht jetzt, da wir gesiegt haben. Nicht jetzt, da es wieder eine Zukunft für sie gibt.«
    Die vier drängten sich um Mirron. Kessian lehnte sich an Jhered, der ihn in den Arm nahm und an sich drückte. Arducius hatte seine körperlichen Schmerzen vergessen und weinte, seine Tränen fielen auf Mirron herab. So
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