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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige
Autoren: Anthony Mark
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Können wir nicht auch einfach über die Sache reden?«
    Sul nickte in eifriger Zustimmung.
    Durge griff über die linke Schulter nach dem embarranischen Breitschwert, das in einem Ledergeschirr quer über seinem Rücken hing. »Ihr versteht das nicht, Mylady. Eure Seele ist zu sanftmütig.«
    »Bitte, Mylord. Erlaubt mir, mit dem Berater zu sprechen. Nur einen kleinen Moment.«
    Durge zögerte, dann nickte er. »Nun gut, Mylady. Aber nur ganz kurz. Dann werde ich mich auf meine Art um ihn kümmern.«
    Der Ritter machte ihr den Weg frei, und Grace ging auf den zitternden Sul zu.
    »Ich flehe Euch an, Mylady«, flüsterte der Berater. »Ihr scheint einen gewissen Einfluß auf diesen Wahnsinnigen zu haben. Haltet ihn zurück!«
    Grace schüttelte bedauernd den Kopf. »Es tut mir leid, Mylord. Es ist mir nicht gegeben, den Grafen von Steinspalter zu beeinflussen. Ihr wißt selbst, wie Embarraner sind, wenn man sie verärgert. Es muß an der trübseligen Landschaft ihrer Heimat liegen. Ich fürchte, sie macht sie etwas verrückt.«
    Sul war jetzt vollkommen verzweifelt. »Aber Ihr müßt etwas tun, Mylady! Mein Herr schert sich nicht im mindesten um das Nordufer des Flusses, ich schwöre es Euch.«
    Das war keine große Überraschung, da Durge dieses Gerücht aus dem Stegreif erfunden hatte. Grace tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger auf ihre Wange. »Wenn ich vielleicht wüßte, was Euer Herrscher wirklich bei der Ratssitzung beabsichtigt, dann könnte ich den Grafen womöglich davon überzeugen, daß er sich irrt.«
    Sul leckte sich die Lippen. »Das einzige, was meinen König derzeit beschäftigt, ist Toloria, Mylady. Seit Ivalaine vor drei Jahren den Thron bestiegen hat, macht sich Persard Sorgen wegen seines Nachbarn im Süden. Die Königin hat keinen einzigen der Verträge unterzeichnet, die er ihr angeboten hat. Deshalb will Persard beim Rat der Könige Boreas unterstützen, in der Hoffnung, seine Allianz mit Calavan zu stärken, sollte er jemals Hilfe gegen Toloria benötigen.«
    Grace wußte sofort, daß der kleine Mann die Wahrheit sagte. Sie konnte nicht ganz verhindern, daß die Andeutung eines Lächelns über ihre Lippen huschte.
    »Nun bitte ich Euch, Mylady«, sagte Sul. »Sprecht mit dem Grafen von Steinspalter!«
    »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Wie sich herausstellte, war es der Herzogin von Beckett in der Tat möglich, den Grafen von Steinspalter zu besänftigen, und ein mehr als erleichterter Sul eilte den Gang hinab.
    Durge sah Grace aus ernsten braunen Augen an. »Ihr wißt, daß Ihr Euch einen Verbündeten gemacht habt?«
    Grace schüttelte teils belustigt, teils bedauernd den Kopf. »Armer Sul. Die hiesigen Götter werden mich bestimmt dafür strafen, daß es mir so viel Spaß gemacht hat, ihn zu quälen.«
    Durge zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wie es in Eurer Heimat damit bestellt ist, Mylady, aber meiner Erfahrung nach bestrafen die Götter selten die, die es wirklich verdient haben.«
    Ihr Lächeln erlosch. »Glaubt Ihr nicht an die Götter, Durge?« fragte sie staunend.
    Der Ritter schien darüber nachzudenken. Sein Blick war in die Ferne gerichtet. »Mein Vater hat immer gesagt, daß der Wind in Embarr so rauh ist, daß er die Götter davongeweht hat. Es ist wahr, daß es in meinem Land mehr Steinmetze und Baumeister gibt als Priester der Kulte.« Er sah Grace wieder an. »Aber um Eure Frage zu beantworten, Mylady, ich glaube, daß es die Götter gibt. Aber ich glaube nicht an sie.«
    Grace griff in die Tasche ihres Gewands und berührte den grob geschnitzten Holzstier, den sie im Burghof gefunden hatte – das Symbol des Kriegerkultes von Vathris. Aus einem Grund, den sie selber nicht genau benennen konnte, hatte sie ihn in den letzten Tagen mit sich geführt, obwohl sie die Wissenschaft immer der Religion vorgezogen hatte.
    »Manchmal denke ich, daß der Wind uns alle davonwehen wird, Durge«, murmelte sie.
    Die Falten auf der Stirn des Ritters vertieften sich besorgt. Er hob die Hand, als wollte er sie trösten, aber im letzten Moment änderte er die Bewegung und gestikulierte unbeholfen in eine Richtung des Ganges. »Kommt, Mylady, dieser Teil des Schlosses ist zu dunkel. Laßt uns wieder auf helleren Wegen verkehren.«
    Unterwegs hielt Grace beide Augen offen, wie sie es sich angewöhnt hatte, aber sie bemerkte nichts Ungewöhnliches. So hatte sie auch seit der Nacht des Empfangs keine einzige verdächtige Person mehr durch das Schloß schleichen sehen. Sie
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