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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige
Autoren: Anthony Mark
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ungepflegt, die dunkelblonden Haare struppig, und er machte einen bedrückten Eindruck. Grace hielt ihn für den Diener der anderen, obwohl er dafür ein wenig heruntergekommen aussah.
    Aryn beugte sich zu Grace herüber. »Sieh nur, das ist der Neffe des Königs.«
    »Welcher?« fragte Grace, obwohl sie die Antwort bereits ahnte. Das energische Profil verriet es gleich. Obwohl der Ritter so hell wie Boreas dunkel und nicht so attraktiv war, war er eindeutig mit dem König von Calavan verwandt.
    »Der Blonde«, sagte Aryn. »Er heißt Beltan. Ich erinnere mich an ihn aus meiner Kindheit. Er ist so groß, wie ich erwartet habe.« Die Baronesse zögerte. »Aber er hat weniger Haare, würde ich sagen. Und mehr Narben. Jedenfalls ist Beltan der Bastard von Beldreas, Boreas’ älterem Bruder, der vor ihm König von Calavan war.«
    Grace war von dem sachlichen Ton, mit dem Aryn das Wort Bastard aussprach, unangenehm berührt. Aber schließlich gingen in dieser Welt Herkunft und Erbfolge Hand in Hand mit Stellung und Macht. Es war für die Baronesse kein Schimpfwort, nur eine Feststellung.
    »Was ist aus Beldreas geworden?« fragte Grace.
    Aryns sonst so fröhliches Gesicht wurde auf einmal ernst. »Er wurde vor sieben Jahren in genau diesem Saal hier ermordet. Es war eine furchtbare Zeit für Calavan, denn die Erbfolge war nicht eindeutig. Obwohl er nur ein Bastard ist, hätte Beltan Anspruch auf den Thron erheben können. Aber er schwor bei Vathris, nicht zu ruhen, bis er den Mörder seines Vaters gefunden hat. Also ging der Thron an Boreas, Beldreas’ jüngeren Bruder.«
    Grace musterte den grobschlächtigen Ritter genau. Die Furchen in seiner Stirn waren viel zu tief für jemanden, der sicherlich nicht älter als sie selbst war. »Hat er ihn jemals gefunden? Den Mörder seines Vaters, meine ich.«
    »Ich fürchte nicht. Ich habe gehört, daß seine Suche immer noch nicht beendet ist.«
    Grace schüttelte den Kopf. Warum fiel es den Lebenden nur so schwer, die Toten zu vergessen? Ich möchte wetten, daß die Toten kein Problem damit haben, uns zu vergessen. Aber sie sprach diese Gedanken nicht aus. »Wer sind die anderen?« fragte sie statt dessen.
    »Der dunkelhaarige Mann ist der Barde Falken Schwarzhand«, sagte Aryn. »Und neben ihm steht Lady Melia. Ich bin ihnen noch nie begegnet, aber ich habe Geschichten über sie gehört.«
    Geschichten! wollte Grace fragen, aber bevor sie den Mund aufmachen konnte, spürte sie eine leichte Berührung an der Schulter.
    »Kommt«, sagte Durge leise.
    »Wohin gehen wir?« Grace hatte den Embarraner vollkommen vergessen, so still hatte er hinter ihnen gestanden.
    »Ich möchte Euch dem Barden vorstellen.«
    Aryn blieb der Mund offen stehen. »Ihr kennt Falken Schwarzhand?«
    Durge nickte. »Ich bin einmal an seiner Seite geritten. Aber das ist lange her, als ich noch jung und leichtlebig war.«
    Grace verbiß sich ein Lächeln. Das ist nicht komisch, Grace. Das ist überhaupt nicht komisch.
    »Er wird sich natürlich nicht an mich erinnern«, sagte der Ritter. »Er wird mich vermutlich verständnislos anstarren und wieder wegschicken. Aber es wäre unhöflich, wenn ich es nicht wenigstens versuchen würde.«
    Aryn schien diese Worte gar nicht zu hören und starrte den Ritter nur an. Durge führte sie durch den Saal zu den seltsamen Reisenden. Als sie sich ihnen näherten, machte Lord Alerain gerade eine sorgfältige Verbeugung vor Falken, Melia und Beltan.
    »Ich werde sofort Gemächer für Euch richten lassen, Mylady, Mylord. Und für Euch Euer altes Gemach, Lord Beltan.«
    »Ich danke Euch, Lord Alerain«, sagte Lady Melia.
    Der Seneschall des Königs eilte los, und Grace betrachtete die Reisenden mit wissenschaftlicher Neugier. Beltan war adlig, und Lord Alerains Anrede zeigte eindeutig, daß auch der Barde und Lady Melia bedeutsame Persönlichkeiten waren, auch wenn Grace ihren genauen Rang nicht kannte. Ihr Diener – er trug eine Nickelbrille, was ihr irgendwie komisch vorkam – drückte sich hinter ihnen herum. Er scharrte mit seinen schlammverkrusteten Stiefeln in den Binsen, die den Boden bedeckten, und ließ die Schultern hängen. Hätte er sich nicht eigentlich um die Bedürfnisse seiner Herrn kümmern müssen?
    Durge zögerte, dann räusperte er sich und trat vor. »Lord Falken, Ihr erinnert Euch sicher nicht mehr an mich, aber ich …«
    Der Barde wirbelte herum, und sein wölfisches Gesicht, das eben noch angespannt und müde gewesen war, strahlte nun wieder
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